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Paladin - Zyklus 5: Apokalypse
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Kapitel 7 – Endspiel

„Mein Name ist Ozymandias, König der Könige; erblicket mein Werk, ihr Mächtigen, und verzweifelt!“

Sofort waren sie um Mark und Catariel, kreisten sie ein und versuchten, sie zu schlagen. Der Engel warf ihnen einen seiner stärksten Kampfschreie entgegen und stürzte sich mit gezücktem Schwert in die Menge deformierter, echsenartiger Wesen vor sich. Der Paladin ließ sich ebenfalls keine Erschöpfung anmerken und schaffte sich mit einigen gezielten Hieben schnell wieder Luft. In dem Bruchteil einer Sekunde, in der er einem der Dämonen gerade einen seiner sage und schreibe vier Arme amputierte, sah er die nahenden Armeen des Himmels, die ein kaltes, fast schon schmerzhaftes Licht ausstrahlten.

Unter dem Einfluss der letzten Schlacht und der magischen Verdunklung des Himmels kehrte sich das Dämonische in Cassandra vollends an die Außenseite; ihre Haut bedeckte sich mit lederartigen Panzerschuppen, und ihr Kiefer verformte sich zu einer raubtierartigen Schnauze. Obwohl sie damit den Legionen der Finsternis recht ähnlich wurde, stach sie doch aus dem Bild heraus, denn sie verteilte reichlich Schmerzen unter ihren Artgenossen. Mit einer Pranke zerquetschte sie einem kleinen Höllenhund den Hals, mit der anderen kratzte sie einer humanoiden Gestalt die Augen aus und nutzte den Ellenbogen des selben Armes, einem heranschleichenden Feuerteufel einen Schlag in sein Gesicht zu verpassen, der die filigrane Nase zerschmetterte und den verknöcherten Nasenrücken wie ein Stilett durch den Schädel trieb. Einem herannahenden Balrog versetzet sie einen starken Tritt, der ihn in Richtung des Paladins zurückstolpern ließ.

Dieser unterbrach seinen eigenen Wirbelwind der Zerstörung; ergriff sein Schwert mit beiden Händen und führte es über die Schulter nach hinten, wobei er den stolpernden Dämonen sozusagen rückwärts aufspießte. Während er mit der rechten Hand die Klinge zu befreien sich anschickte, griff sein linkes Manipulationsorgan unter seinen Mantel und zauberte eine P90 hervor, mit der er sofort mehrere Feuerstöße in die grobe Richtung anderer Feinde abgab und so noch ein halbes Dutzend Dämonen mal eben so durchlöcherte, als würde er den ganzen Tag nur mit kleinkalibrigen automatischen Handfeuerwaffen übernatürliche Wesen durchtunneln – was ja nun auch nicht besonders weit von der Wahrheit entfernt war. Als ihm die Munition ausging, ließ er die Waffe fallen, drehte sich zu dem Leichnam des Balrogs um und zog das immer noch darin steckende Schwert beidhändig hinaus; wobei er den Schwung nutzte, um sich mit einem Salto rückwärts einen neuen Standort zu suchen. Mit beeindruckender Präzision landete er auf den Schultern eines animalischen Dämons, trieb sein Schwert in dessen Rücken und ließ sich von diesem sterbenden, biologisch abbaubaren Fahrstuhl wieder zu Boden tragen, wo er sofort mit seinen USPs eine neue Runde Schmerzen ausgab. Das Flimmern der heißen Luft über den Pistolen wurde so stark, dass Mark nur noch nach Augenmaß und Erfahrung zielen konnte, aber auf die kurze Entfernung machte es keinen Unterschied; das Grollen der zündenden Pulverladungen und das Zischen der frisch materialisierenden Munition kombiniert mit Marks schnellem Abzugsfinger lieferte eine Geräuschkulisse, als hätte jemand eine Maschinenpistole genommen und beschlossen, dass der Klang einen unzureichenden Eindruck der Feuerkraft geben würde. So donnerte das Stakkato aus heiligen Vollmantelgeschossen Kaliber .45 auf dem Schlachtfeld und zog eine Schneise der Verwüstung über den bereits überdurchschnittlich blutgesättigten Boden.

Während die einzelnen Streiter jeweils eine Sphäre von Gemetzel um sich herum errichteten, stießen die Armeen des Himmels und die höllischen Horden mit exponentiell größerer Zerstörungskraft aufeinander. Selbst durch ein gebrochenes Siegel, das nur einen Bruchteil des eigentlichen Kampfes in die materielle Welt entließ, wurde eine Schneise der Verwüstung geschlagen. Das Schlachtfeld wurde riesig, dehnte sich mit der Ankunft neuer Krieger immer weiter aus. Es überflutete den amerikanischen Kontinent, vernichtete Buenos Aires, zermalmte Montevideo, überrollte Mexiko-Stadt, vereinte Ecuador und die politisch dazugehörigen Galapagos-Inseln auf die harte Tour und sorgte dafür, das nach einer halben Ewigkeit der malerische Name Feuerland endlich tatsächliche geographische Umstände widerspiegelte. Der entscheidende Teil der Schlacht jedoch spielte sich rund um das Siegel ab, dass sich in der Mitte eines nur noch memetisch vorhandenen Dschungels befand und von dem Blutbad um sich herum nur wenig Kenntnis nahm.

Während die USA auf Anordnung des Präsidenten zu ungeahnten und absurden Stufen der totalen Alarmbereitschaft jedes Soldaten, Marineinfanteristen oder Pfadfinders hochschaukelte, in London sämtliche Telefonverbindungen den Weg allen Elektroschrotts gingen und man sich in Australien ob der deutlichen Rotfärbung des pazifischen Ozeans gleichzeitig erstaunt und verängstigt zeigte, ging die Schlacht weiter.

Catariels momentane Form hatte ein paar Vorteile gegenüber einer menschlicheren Hülle. Zum einen konnte er seine Flügel benutzen, um hartnäckige Angreifer auf Distanz zu halten. Zum anderen kannte er die Bedeutung des Wortes Schwindelgefühl nicht, und nutzte diesen Umstand gewinnbringend für eine durchaus beeindruckende Kampftechnik. Wie ein Gestalt gewordener Wirbelwind tänzelte er durch die Massen an Dämonen, führte seine Klinge durch ihre Panzer, als wären sie aus Fleisch gewordener Butter, und wich den ungezielten Hieben seiner entferntesten Verwandten ohne größere Schwierigkeiten aus. Als er einem strauchelnden Dämonen jedoch den Gnadenstoß verpassen wollte, traf ihn ein höllischer Knüppel an der linken Schulter; der Engel strauchelte, und der Schmerz, dieses Gefühl, das er nicht kannte, ließ ihn die Kontrolle über den Bannzauber verlieren.

Als die flackernde, schwebende Kugel verschwand und Sharon freigab, stieß der Engel ein im wahrsten Sinne des Wortes markerschütterndes „NEIN!“ aus.

Diese ließ sich notgedrungen auf den Boden fallen und landete nicht gerade sanft auf selbigem. Mark erfasste die Situation ohne große Verzögerung; sofort verschwanden die noch rauchenden USPs wieder unter seinem Mantel, und er zog das Schwert aus der langsam erstarrenden Leiche des Biestes, das ihm als Plattform diente. Mit einem schnellen geistigen Befehl brachte er die Klinge zum Schweben, hielt sich am Griff fest, und keine zwei Sekunden später segelte der Schwarzkuttenträger über die verdutzte Menge von Gegnern, die entweder sinnlos nach ihm langten oder beschlossen, sich ein neues Ziel zu suchen. Direkt in seiner Flugbahn baute sich ein anderer Balrog auf; Mark löste die rechte Hand vom Griff, zog die zweite P90 aus ihrem Halfter und fütterte den Dämon mit grob geschätzt 50 panzerbrechenden Projektilen, was ihn trotz des zu vernachlässigenden Massenimpulses wieder zurück kippen ließ, wobei er als unfreiwilliger Handlanger Marks noch einige Höllenhunde zerdrückte, die mit einem leisen Winseln aus der Schlacht ausstiegen. Die nun nutzlose Maschinenpistole ging in den freien Fall über, und der Paladin setzte seinen Weg fort.

Unter den höllischen Kämpfern befand sich ein einzelner Dämon, der selbst in der Menge durch seine Größe auffiel. Er war zwar kein gewaltiges Monster wie ein Balrog, aber mit knappen drei Metern und den dornigen, mit einer Art Stacheldraht überzogenen Flügeln war er eine imposante Erscheinung. Sein Körper war ein einziges Sammelsurium aus Knochen, Muskeln und Schuppen, anscheinend das Produkt der Jahresproduktion an Anabolika einer mittleren Industrienation. Besonders auffallend jedoch war sein Gesicht, oder der völlige Mangel des Selbigen. Er trug nur einen Helm, besetzt mit fürchterlichen Hörner, die jeden Wikinger heulend in die Arme seiner Mutter getrieben hätten, und aus den Augenschlitzen drang ein tiefrotes Leuchten, als würde man einen ausgezeichneten Jahrgang mit einem Schuss Taubenblut mischen und das Gemisch dann in einem abgedunkelten Raum von hinten mit einer extrem leistungsfähigen Taschenlampe anleuchten.

Sein Name war Moloch.

Endlich würde er seine Rache erhalten.

Cassandra hatte zwischenzeitlich ein unerwartetes Problem zu ihrer schwarzen Liste hinzufügen müssen: Engel. Und zwar nicht die freundlichen – wie Azuriel – oder die gerade noch tolerablen – wie Catariel -, sondern eine Horde blutrünstiger Kämpfer mit unheimlich leuchtenden, geweihten Flammenschwertern und blendenden Rüstungen, wobei letztere Eigenschaft bereits nach wenigen Minuten ob der reichlichen Besudlung mit dämonischen Körperflüssigkeiten kaum noch wahrnehmbar war. Offensichtlich hatte sie niemand darüber aufgeklärt, dass dieser Vampir auf ihrer Seite war, oder es interessierte sie nicht. Auf jeden Fall lieferten sie ein veritables Gemetzel, das sich langsam, aber sicher in ihre Richtung bewegte.

Die Schlacht ebbte langsam ab. Das soll nicht bedeuten, dass sich der Zustand des Schlachtfeldes in irgendeiner Weise verbesserte, sondern besagte nur, dass an den Randgebieten von Lateinamerika die Engel und Dämonen langsam Schwierigkeiten bekamen, über die Leichen ihre gefallenen Kameraden zu klettern und ihnen zu folgen. Irgendwo unter den Leichen der Engel lagen die Leichen der wenigen Menschen, die an der Schlacht teilgenommen hatten. Wenigstens hatten sie nicht lange gelitten. Wer allerdings noch lebte, starb qualvoll – erdrückt von der schieren Last anderer Leichen, erstickt an dem allgegenwärtigen Blut. Wäre die Welt nicht gerade damit beschäftigt, sich selbst zu vernichten, hätte man sich fragen können, wie man die gewaltige Sauerei je wieder beseitigen könnte. Himmel, natürliche Verrottung hätte vermutlich die Atmosphäre derart vergiftet, dass jede Lebensform von erwähnenswerter Komplexität eingegangen wäre, mal ganz zu schweigen von der Algenplage in allen bedeutenden Gewässern.

Unter diesem Aspekt war das Ende der Welt vorzuziehen.

Mit dem Mut der Verzweiflung bewegte sich ein menschlicher Wirbelwind in Richtung Sharon; dieser allerdings war ihr freundlich gesinnt. Als er endlich vor ihr stand, war er das einzige Wesen im Umkreis von 50 Metern, dass noch auf seinen eigenen zwei Beinen balancierte und dabei das Kriterium erfüllte, mit einer Körper- größer Umgebungstemperatur gesegnet zu sein. Ohne Schnörkelei ließ er das Schwert in seinen befleckten Händen sinken, half seiner Mitstreiterin auf die Beine.

Sie sah, um es kurz zu fassen, aus, als wäre sie direkt durch die Hölle gegangen und hätte als Bonus noch eine Extrarunde abgestaubt.

Reden wir kurz über technischen Fortschritt. Irgendwann kamen die Vorfahren der heutigen Menschen auf die durchaus logische Idee, dass man Bäume als Baumaterial entfremden könnte. Sicher, Astwerk war als Feuermaterial zu gebrauchen, aber man musste sich doch fragen – totes Holz schien recht stabil zu sein. Könnte da nicht ein dicker Stamm hilfreich sein? Nun war das Fällen eines Baumes eine verdammt mühselige Angelegenheit. Mit einer Axt dauerte es ewig. Mit einer Säge (ein ungleich komplexeres und höher entwickeltes Werkzeug) kam man schon schneller voran. Und mit so neumodischem Gerät wie einer Motorsäge ging es in einer wirklich überschaubaren Zeit. Schließlich erfand man die auf einem Fahrzeug montierte mobile Bandsäge, die scheinbar gar nicht mitkriegte, ob sie nun im Leerlauf Luft teilte oder mal kurz einen Baum flachlegte.

Um den Vergleich abzuschließen: Moloch war die Bandsäge unter den Dämonen.

Er schnetzelte sich durch ein Heer von Seraphim, suchte nach Michael, um seine Klinge mit ihm zu messen. Er wusste nicht, ob er gegen einen Erzengel bestehen würde, aber er musste es probieren. Vor sich sah einen ihm unbekannten Dämon. Sie stand auf seiner Seite. War sie eine von seinen Dienerinnen? Nein, sie kämpfte allein. Moloch ignorierte sie und wandte sich ab.

Hätte er es nicht getan, wäre die Apokalypse etwas anders verlaufen.

Cassandra fing den Hieb des schweren Streitkolbens, der auf ihren Schädel zuraste, mit der Elle ihres rechten Arms auf; der Streich zerschmetterte den Knochen, aber sie war noch glimpflich davongekommen. Mit einem schnellen Tritt und einem lauten Schmerzensschrei schaffte sie sich Luft von diesem schwarzen Engel, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sie zur Strecke zu bringen. Um die Distanz zu vergrößern, rollte sie nach hinten ab, griff nach der achtlos weggeworfenen Waffe eines toten Soldaten zu ihren Füßen, und legte das leichte Maschinengewehr über ihren gebrochenen Arm als Auflage; mit dem ungewohnten linken Arm umfasste sie den Pistolengriff der automatischen Waffe und ließ den Lauf brüllen. Sofort mischte sich das Gezeter Dutzender Projektile Kaliber 5.45mm in ihren Kampfschrei, und die Geschosse trieben den Widersacher zurück. Sie ließ die Waffe über den gesamten Bereich vor sich streifen, verwundete Dämonen und Engel gleichermaßen; mit einem gewaltigen Lachen verspottete sie ihre Wunden, die gefallenen Feinde, und diese sinnlose Schlacht.

Dann traf sie die Lanze eines herannahenden Seraphim in den Rücken. Wortlos sank sie zu Boden; ihr Körper verbrannte langsam an den heiligen Energien der Waffe, und ihre Asche legte sich mit der nächsten Brise über das gesamte Schlachtfeld.

Moloch fluchte. Die Kugeln waren irgendwie verzaubert, nicht so durchschlagskräftig wie heilige Geschosse, aber sie schienen auch Engel zu verwunden. Wer hatte auf ihn geschossen? Egal, er war nicht ernsthaft verletzt. Er schaute sich erneut um, fand dann jedoch etwas viel interessanteres als Michael. Er beschloss, zwei einsamen Kämpfern zu folgen.

Sharon stütze sich auf Marks Schultern, betrachtete den Tod von Cassandra mit leerem Gesichtsausdruck; ohne ihre Sonnenbrille wirkte sie verletzlicher, am Ende ihrer Kräfte. Mark sah das Spektakel mit ebenfalls unbeweglicher Miene; nur seine zitternde Stimme gab Aufschluss auf den Tsunami von Emotionen, der ihn durchflutete.

„Wir gehen.“

Während um sie herum der Wahnsinn weiter tobte, schleppten sich die beiden müden Krieger in Richtung des noch vorhandenen Waldes. Von ihrer Kampfeslust war nichts mehr übrig, der Ausgang der Schlacht egal; nun zählte nur noch, dass sie dem Tod gemeinsam entgegen treten konnten. Sie stützte sich weiter auf ihn; er glaubte, sie leise schluchzen zu hören. Selbst sie hatte die Grenze der Grausamkeit endgültig erreicht, und nur Marks Sturheit trug sie beide, weg von diesem Krieg, weg von dieser Schlacht, die sie beide nicht mehr schlagen wollten. Er hörte ihre Stimme leise an seiner Seite.

„Wieso leben wir noch? Wieso sterben wir nicht einfach wie alle Anderen?“

„Ich weiß es nicht.“

Hinlegen und sterben, endlich Ruhe finden. Mark trieb sie weiter.

„Irgendwie werden wir es schon schaffen. Irgendwie schaffen wir es immer.“

„Wie lange kannst du vor dem Schicksal weglaufen?“

„Nicht mehr lange, Dämon!“

Vor ihnen baute sich Catariel auf. Seine Flügel waren verkrustet von Blut in seinen vielen faszinierenden Färbungen, und seine Rüstung war so durchlöchert, dass ihr Zusammenhalt jeder bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeit zu widersprechen schien. Trotzdem bäumte er sich auf, und das Schwert in seiner Hand flackerte bedrohlich. Mark schien hingegen nicht besonders beeindruckt zu sein.

„Geh mir aus dem Weg, Engel.“

„Aber die Schlange an deinem Busen nährst du, Sterblicher! Geh und lass das reinigende Fegefeuer deine Seele retten. Shariel aber überlass mir...“

„Niemals!“

Das Schwert in Marks Hand leuchtete bedrohlich, reflektierte die Gefühle seines Besitzers.

„Dann seid ihr des Todes!“

Der Engel stürzte sich heulend auf die Beiden; Mark brachte sein Schwert nach oben, um den Schlag zu parieren. In der letzten Sekunde wirbelte der Engel das Schwert aus seiner Angriffshaltung und drehte sich noch im Sprung zur Seite. Mark hatte keine Zeit, zu überlegen, warum der Engel seine Deckung so offen ließ; er führte das Schwert nach vorne.

Zwei Klingen fanden ihr Ziel.

In Catariels Augen spiegelte sich die anscheinend letzte Genugtuung seiner Existenz; er lächelte trotz des Schwertes, dass seinen Panzer gleich zweifach durchbohrt hatte und dessen Spitze nach dem Durchqueren seines rechten Lungenflügels nun aus dem Ansatz seines linken Flügels herausragte. Mark fühlte keinen Schmerz, nur die Wärme des Blutes, dass an seinem Körper entlang rann und auf seine Stiefel tropfte; das Blut, das den Boden mit ehemaligem Leben schwängerte. Er folgte dem Schwert des gefallenen Engels, fand die Einstichstelle.

Das Blut war grün.

Er sank zusammen mit Sharon zu Boden; legte sie sanft auf die verbrannte Erde, und betrachtete sie, während das Leben langsam aus ihr schwand.

„Er hat sich geopfert...nur, um mich zu töten. Er kannte nichts außer dem blinden Hass, der ihn leitete...“

Mark war den Tränen nah.

„Hätte ich dich nicht gekannt, würde man vielleicht einmal das Selbe über mich sagen. Ich kann das nicht, Sharon. Ich kann hier nicht sitzen und dir beim Sterben zusehen.“

Er legte die Hand auf ihre Wunde und versuchte, seine Kräfte zu fokussieren, aber ein Effekt stellte sich nicht ein.

„Lass es sein. Es nützt nichts.“

„Dann will ich etwas tun, was zählt.“

Er legte sich auf sie und küsste sie sanft.

In ihm stiegen Visionen an die Oberfläche, Erinnerungen. Wie er mit zwölf Jahren im Dreck lag und eine Panzermine entschärfte, sein Vater immer an seiner Seite, mit der gnadenlosen Stoppuhr. Er in dem fremden Anzug, die Mutter, die er kaum kannte, an seiner Seite; beide vor dem Grab seines Vaters. Er mit der Pistole in der Hand, sein erster Auftrag erfolgreich. Das strahlende Gesicht seines Dons, der ihm auf den Rücken klopfte. Polizisten...viele Polizisten. Der Unfall. Die Angst. Dann Licht. Azuriel. Der erste Eindruck von Sharon, mit ihrem schwarzen Mantel und der unerschütterlichen Ruhe. Cassandra, damals noch Avenger, befreit aus dem Untergrund. Sharon, ebenfalls befreit, in seinen Armen. Die Polizistin, die er gerettet hatte. Catariel. Zwei Pistolen ohne Munition in diesem Lagerhaus...die letzten Worte von Azuriel.

Sharon war tot.

Die Stimme in seinem Kopf sprach wieder.

„Ich sagte doch, es ist aussichtslos.“

„Vielleicht. Aber ich werde mich nicht hinlegen und sterben.“

Die Stimme lachte.

„Es ist absolut sinnlos. Das ist das Schöne an der Angelegenheit. Bist du bereit?“

„Ja.“

„Dann lass uns noch etwas Sinnloses tun.“

Das Gefecht, das ihn zwischenzeitlich ignoriert hatte, bewegte sich nun in seine Richtung. Ihm sollte es recht sein. Er stand auf, befreite die Maske aus seinem Mantel und setzte sie auf. Mit glühenden Augen griff er nach seinem Schwert, steckte es in die Scheide auf seinem Rücken, und starrte in die sich nähernde Masse. In seinen Händen materialisierte sich die CAWS, die eigentlich einen halben Kilometer weiter im Staub liegen sollte. Ohne das leergeschossene Magazin zu ersetzen, legte Mark an und betätigte den Abzug.

Seine Wut materialisierte sich als übernatürliche Geschossgarben, die den verdreckten Lauf der Waffe entlang donnerten und die Feinde vor ihm regelrecht niedermähten.

Inzwischen war sowohl Engeln als auch Dämonen aufgegangen, dass hier irgendetwas aus dem Ruder lief, und dass dieser komische Sterbliche etwas damit zu tun hatte. Einander ignorierend stürzten sie in seine Richtung, fingen sich jedoch nur Schrot für ihre Mühen ein. Mark führte die Waffe einhändig, als hätte sie weder Gewicht noch Rückstoß – ganz zu schweigen von einem begrenzten Magazin –, und er traf seine Ziele, als würde er statt einer Schrotflinte einen tragbaren Hochpräzisionslaser in den Händen halten. Einige näherten sich soweit, dass er sie im Nahkampf beseitigen musste, und genau das tat er mit atemberaubender Geschwindigkeit. Ein einzelner Dämon stürmte auf ihn zu, aber der Paladin und seine Klinge verfügten über eine erstaunlich hohe Reichweite; mit Entsetzen sah die niedere Kreatur, wie der Mensch sich vom Boden abstieß und sie mit einem gezielten Hieb zweiteilte. Schon beim Landeanflug trat sein Kampfstiefel einer anderen Kreatur den Schädel ein, und seine Klinge verarbeitete drei Engel zu Schaschlik, bevor diese überhaupt wussten, dass er vor ihnen stand.

Er wütete, mit einer Intensität und Schadenswirkung, die diesem Begriff eine ganz neue Dimension gab. Kein körperliches Wesen hatte je solche Macht gespürt, und war gleichzeitig so ignorant ihr gegenüber. Mark hatte vollkommen auf Autopilot geschaltet, formte mächtige Energien um sich herum, ohne sich deren Anwendung überhaupt bewusst zu sein. Nach langen Jahren harter Lektionen und zahlreichen Rückschlägen gab die Physik ihr Findelkind entgültig auf, und aus Mark wurde mehr als ein starker Kämpfer. Er wurde Macht. Er wurde Energie. Sein schieres Dasein blendete die Armeen, die sich ihm entgegenstellten. Sein Blick verbrannte ganze Legionen. Seine Hände brauchten die Waffen, die sie führten, nicht mehr; sie dienten nur noch als Überträger der gewaltigen Kräfte dieses Wesens.

Für diese Zeit war Mark Tod und Verderben. Er war der Erzengel des Lichts. Seine Rache wütete.

Als seine Wut zusammen mit der Zahl seiner Gegner schwand, kondensierte die gewaltige Wolke aus Macht wieder, wandelte sich zurück in den zornigen Sterblichen, der ruhig und flach atmete und mit den glühenden Augen seiner Maske das letzte Wesen fixierte, dass sich ihm noch gegenüberstellte.

Catariel.

Es wäre irgendwo komisch gewesen, wie lächerlich viel der Engel ausgehalten hatte, wenn die Umstände etwas anders wären. So hielt er sich gerade noch auf den Beinen, gestützt auf sein Schwert, und funkelte Mark erbost an.

„Reicht es dir jetzt, Sterblicher? Die Apokalypse, die du verhindern wolltest, hast du begonnen und beendet. Hast du nun genug?“

Mark antwortete mit seltsamer Stimme, als ob sich zwei Frequenzen überlagern würden.

„Nein.“

„Ich habe mich geirrt. Du hast dich vor langer Zeit entschieden. Es gibt nichts mehr zu retten an dir. Du weißt, dass ich es jetzt zu Ende bringen muss.“

„Hatten wir dieses Gespräch nicht schon?“

In Marks Stimme schwang nicht sein üblicher Witz, sondern nur eiskalter Hohn. Ohne Eile ließ er sein Schwert los; es wirbelte sich in die Luft und schwebte neben ihm, die Klinge seinem Blick folgend.

„Eigentlich sollte es mir jetzt egal sein, denn beide werden bald aufhören, zu existieren, egal, was ich tue. Aber ich bin nun mal ein unlogischer Sterblicher, vereint mit einem unlogischen Unsterblichen. Es wird irrelevant sein, aber ich gönne mir die Genugtuung, dich endlich sterben zu sehen. Wir werden dich sterben sehen.“

Und ohne weitere Worte raste das Schwert durch die Luft und traf Catariel in die Schulter; der Engel stolperte kurz rückwärts, zeigte sich aber nicht sonderlich beeindruckt, was im Anbetracht seiner extensiven Verletzungen nur noch dem reinen Hass zugeschrieben werden kann, der seinen eigentlich schon toten Körper antrieb. Der Engel lachte, dreckig und kühl.

„Jetzt bleibt dir nichts mehr.“

Mark starrte auf den Engel. Ja, er spürte es, seine Kraft war geschwunden, die normale Munition seiner Waffen schon lange verschossen. Dann hallte eine Stimme hinter ihm, die er irgendwie, irgendwoher kannte.

„Falsch. Ich bin noch da.“

Neben ihm stand Moloch, übersät mit Wunden und Verletzungen, aber noch stark genug, seine Klinge zu halten. Mit einem hasserfüllten Funkeln fixierte er den Engel. Dieser lachte nur noch höhnisch.

„Die Jahre sind nicht spurlos an dir vorbeigegangen, Moloch. Einst warst auch du ein strahlender Engel. Warum klammerst du dich an deine jämmerliche Existenz?“

„Meinem Meister zu dienen ist alles, was ich je tat. Und es wird das letzte sein, was ich hier tue.“

„Hast du nie darüber nachgedacht, was du mit einem freien Willen tun könntest? Deine Worte sind hohl. Du kannst doch nichts anderes, als ihm zu dienen.“

„Wirf hinfort deinen Hintersinn und sprich, was du mir sagen willst.“

Mark unterbrach ihn, seine Stimme nun geformt, als wären die beiden Frequenzen verschmolzen und hätten etwas Neues geschaffen, eine eigene Stimme, die mehr war als die Summe ihrer beiden Komponenten.

„Es ist also wahr. Auch du besitzt den freien Willen.“

„Und ich bin der Inquisitor, der die Engel mit freiem Willen jagt und zur Strecke bringt. Shariel, zum Beispiel.“

Etwas Bedrohliches schwang in Marks Stimme, als er antwortete.

„Du hast sie getötet, weil du wusstest, dass nur die Engel mit freiem Willen deine Pläne erkennen und durchkreuzen könnten.“

„Du warst zu beliebt, Strahlender. Dich konnte ich nur ins Exil verbannen. Dieser Fehler hat mich seither verfolgt. Nun werde ich es endlich korrigieren.“

„Du irrst dich, Catariel. Ich bin nicht mehr der Strahlende. Dieser starb, als er verbannt wurde. Er wurde Prinz der Dunkelheit, aber in dieser Form wurde ich erneut wiedererweckt. Ich bin weder das eine noch das andere. Nun bin ich der Lichtbringer.“

„Erspar mir dein Melodrama! Du wirst sterben, wie alle anderen.“

Moloch beugte sich zu Mark über.

„Wenn ihr gestattet, Herr.“

„Selbstverständlich.“

Moloch richtete seine Klinge auf Catariel und forderte den Zweikampf. Der Engel reagierte ohne Verzögerung; er breitete seine von trocknendem grünen Blut bedeckten Flügel aus und warf sich in die Luft, bereit zum Sturzflug und Angriff. Dies war, unter normalen Umständen, eine recht effektive Taktik, da es meist im Tageslicht geschah und den Dämonen entweder davon abhielt, nach oben zu schauen oder ihm gleich durch unvorsichtige Kopfbewegung das Augenlicht raubte. Da jedoch zurzeit die Apokalypse ablief, war der Himmel dunkel, und Moloch verfolgte Catariel und dessen mit dem Hintergrund hervorragend kontrastierende Form ohne Probleme. Ohne das Überraschungsmoment fehlte Catariel der Vorteil eines vernichtenden ersten Angriffs, und sein Sturzflug brachte ihm keinen Treffer ein. Weiterhin stellte er fest, dass er von seiner überlegenen Mobilität wenig Gebrauch machen konnte, da er über keinerlei Distanzwaffen verfügte. Alles, was er noch hatte, war seine überlegene Geschwindigkeit, aber Moloch war nicht nur zäher und stärker, er hatte auch sehr viel mehr Zeit mit dem Studium effektiver Schwertkampftechniken verbracht. Während Catariel ihn mit einer verzweifelten Serie von Streichen eindeckte, blockte Moloch die Angriffe ruhig und wartete auf eine Lücke in der Verteidigung seines Gegners.

Leider war Moloch nicht aufgefallen, dass er in Richtung einiger Leichen zurückwich.

Es kam also, wie es kommen musste; Catariel trieb den Dämon mit seinen wilden Attacken soweit zurück, dass dieser auf ein unerwartetes Hindernis – die Leiche eines von Mark perforierten Balrogs – stieß und stolperte. Catariel sah seine Zeit gekommen, wirbelte sein Schwert nach oben und wollte es gerade benutzen, um den Gefallenen dessen Klinge durch den Brustkorb zu treiben, als er auf einmal Schmerz in seinem Rücken verspürte. Sekundenbruchteile später durchbohrte die Spitze eines anderen Schwertes seinen Körper, und der Engel ließ seine Waffe fallen, bevor er zusammensackte.

Hinter ihm kam Mark zum Vorschein, dessen blaue Klinge anscheinend reibungslos aus dem Kadaver hinaus glitt.

Moloch richtete sich wieder auf. Endlich hatte auch er seine Rache erhalten, und er war wieder mit seinem Meister vereint. Natürlich war es jetzt anders, aber der Lichtbringer würde ihn sicher zu schätzen wissen. Aufgrund der Tatsache, dass die Welt um sie herum jedoch langsam zerbröselte, war das neue Arbeitsverhältnis jedoch anscheinend von kurzer Dauer. Sie beide sahen die Welle der Zerstörung auf sie zurasen. Moloch erhob noch ein Mal seine Stimme.

„Seid ihr zufrieden mit dem Ausgang der Schlacht, Herr?“

„Als der Strahlende wäre ich es. Aber als Lichtbringer weiß ich, dass es so nicht enden darf. Darum werde ich nicht zulassen, dass dieses Ergebnis gelten soll. Zu viele starben sinnlos.“

„Ich verstehe nicht, Herr. Wie wollt ihr die Schlacht noch beeinflussen?“

Mark lächelte.

„Du denkst zu vierdimensional.“

Die Welle der Nichtexistenz befand sich nun kurz vor ihnen, schwappte über sie, verschlang sie wie ein Tsunami ein Fischerboot unter sich zermalmen mochte. Jedenfalls war das so geplant, aber kurz vor dem Augenblick seines Verschwindens sprach der Lichtbringer ein Wort.

„Stopp.“


Von Gatac


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