Teil 5 - Die Erleuchtung
"Menschen sind wie Glühbirnen: Kurz vorm abrauchen sind sie
am hellsten."
Die Gestalt wurde durch die schiere Wucht des Angriffs zurückgeworfen.
Mark kreuzte seine Arme und stürmte gegen das schwankende Monster.
Mit den Worten "Das klappt doch immer wieder" im Kopf, rollte
er ab, griff nach seinem Schwert und drehte sich um. Das Ungeheuer lag
keuchend vor ihm. Mark mußte lächeln. Das war fast zu...Ein
Schlag von hinten unterbrach seine Gedanken. Er wurde durch die Luft geschleudert
und konnte sich gerade noch mit den Füßen davon abhalten, gegen
einen Baum zu knallen. Das Geräusch von splitternden Knochen hämmerte
sich durch seine Ohren. Keine Frage, sein rechtes Bein war gebrochen.
"Immerhin noch besser als mein Schädel..." Die Kreaturen
waren offenbar nicht besonders schlau; sie folgten ihm nicht in die Dunkelheit.
Er verbrachte den Rest der Nacht damit, sein Bein zu schienen und anschließend
seine Heilkräfte wirken zu lassen. Er überlegte, was er als
nächstes tun würde. Die MPs lagen noch kurz vorm Tempel. Er
hatte nur noch seine Pistolen. Wo könnte er jetzt schwere Waffen
besorgen, wenn nicht...
0.0.0. Kurzwahlspeicher hin oder her, Azuriel meldete sich wie immer
mit einem herzlichen, aufbauenden und verständnisvollen "Was
willst du denn schon wieder von mir ?" "Ich brauche Waffen."
"Und ? Hast du verlernt, wie man Geld erzeugt ? Kauf dir welche."
"Ich brauche schwere Waffen. Und eine Rüstung wäre nicht
schlecht." "Ist dir dein Trenchcoat nicht mehr gut genug, was
? Also, wir sind hier gerade ein bißchen knapp mit heiligen Waffen...Ich
könnte dir höchstens eine OICW anbieten." "Gekauft.
Mehr brauche ich nicht. Hat doch die ´niemals nachladen´ Garantie oder
?" "Klar. Sei bloß mit dem 20mm Granatwerfer vorsichtig,
unsere Ladungen haben mächtig viel Sprengkraft." "Die brauche
ich auch. Was ist mit Rüstung ?" "Kann ich dir nicht weiterhelfen.
Ich dachte, du fändest unsere Rüstungen unmodisch und veraltet."
"Ich glaube auch nicht, das mir so eine Rüstung jetzt helfen
würde. Trotzdem danke. Sonst noch Neuigkeiten ?" "Wollte
ich dich fragen. Kaum ein Paladin und schon angelst du dir eine Freundin
und sagst mir kein Wort." "Ich dachte, du hättest sie geschickt."
"Ich hab keine Ahnung, wer oder was sie ist. Ich kann dir nur raten,
vorsichtig zu sein." Mit diesen Worten schallte wieder Stille durch
die Leitung.
Mark wartete mit der Waffe im Anschlag bis zum Einbruch der Dunkelheit,
dann stürmte er einmal mehr los, diesmal bewußt leise und vorsichtig.
Wieder zeigte sich nach einiger Zeit eine Gestalt am Eingang. Mark folgerte
aus dem, was er sehen konnte, das es die gleiche wie gestern war, denn
sie schien verletzt und keuchte. Mark aktivierte die Visiereinrichtung
seiner Waffe. Das Display zeigte 300 Meter Entfernung. Mark stellte den
Granatwerfer auf Näherungszündung, dann gab er Feuer. Das Geschoß
bohrte sich durch Luft und explodierte circa einen Meter vor dem überraschten
Monster. Als sich der Rauch lüftete, war das Monster durch einen
gewaltigen schwarzen Fleck auf dem Boden ersetzt worden. Schreie kamen
aus dem Inneren des Tempels, unmenschlich, aber deutlich erkennbar von
Angst erfüllt. Mehrere Monster stürmten aus dem Tempel auf Mark
zu. Mark gab nochmals kurz Feuer mit dem Granatwerfer, dann schaltet er
um auf das Sturmgewehr und schwängerte die Luft mit Blei. Die Monster
lösten sich in Feuer auf. Mark nahm seine Augen vom Visier und begab
sich ins Innere des Tempels.
Leise bahnte sich Mark seinen Weg durch die verdunkelten Hallen, die
nach Verwesung und Tod rochen. Die OICW im Anschlag, schaute er um eine
Ecke in die wohl größte Halle des Tempels. Der Anblick beschwor
Übelkeit herauf, der Boden war mit verkrustetem Blut bedeckt, und
von der Decke hingen Leichen, schrecklich verstümmelt. Eine laute
Stimme schallte durch den Tempel. "Sieh sie dir an. Alle diese Menschen
versuchten, mich zu besiegen, und keinem gelang es. Denkst du, daß
du eine Ausnahme bildest ?" Der Boden erzitterte und tat sich auf.
Aus der Spalte kletterte ein riesiges Untier, mit spinnenartigen Beinen
und riesigen Klauen. Sein Kopf trug ein breites, diabolisches Grinsen
wenn sich Mark nicht täuschte, war dieser Dämon eins der 4
niederen Übel. In Cains Buch war erwähnt, das sich ein Paladin
einst mit diesem Untier maß nicht jedoch, ob er dabei erfolgreich
war. Mark konnte sich nicht helfen; er mußte lächeln. "Viecher
wie du schwimmen in meinem Tequila, und dich wird ich auch noch auf den
Boden schütten und zertreten." Mark legt die Waffe an und zielte
mit dem Granatwerfer. Mit einem Druck auf den Abzug bohrte sich ein Geschoß
durch die stinkende Luft und schlug genau vor dem Ungeheuer ein.
Der Dämon erhob sich wieder. Das Lächeln war verschwunden.
Mark warf die schwere Waffe zur Seite und bahnte sich seinen Weg nach
rechts. Wenn ihn dieser Mistkerl im Nahkampf erwischen würde nein,
daran wollte Mark nicht denken. Mit einem Sprung rettete er sich gegen
die Wand, während die sichelartige Klaue unter ihm eine Säule
wegriß. Mark dachte nicht groß darüber nach, was er tat
hätte er es getan, wäre ihm höchstwahrscheinlich aufgefallen,
das er an der Wand zur Decke hochlief. Das wütende Untier hinter
sich, stieß sich Mark von der Wand ab. Der Fall schien Stunden zu
dauern; Zeit genug jedenfalls, um das Kristallschwert aus der Scheide
zu ziehen. Mark landete wie in einem Sattel auf dem Rücken des Untiers,
sein Schwert versenkt in das, was bei einem normalen Tier die Wirbelsäule
ist. Der Dämon kreischte wenn er in der Lage war, Schmerz zu empfinden,
dann tat er das definitiv. Mark stieß sich wieder vom Rücken
ab, dabei das Schwert aus dem Fleisch ziehend, und landete hinter dem
Dämon. Blind vor Pein schlug der Dämon um sich und verfehlte
Mark nur um Haaresbreite. Der ließ sich zurückfallen und warf
das Schwert zur Seite, um das Ungeheuer mit seinen heiligen Pistolen zu
bekämpfen. Die Geschosse schlugen fast wirkungslos in der Brust das
Dämons ein. Erhöhte Feuerkraft war oberstes Gebot der Stunde.
Ein Kreischen näherte sich Mark von rechts. Es war die OICW, die
über den Boden schleifte und dabei Funken sprühte. Mark rollte
nach rechts ab und griff die schwere Waffe, dann zielte er einmal mehr
und gab Feuer. Die Granate, auf Verzögerungszündung eingestellt,
versenkte sich selbst im Fleisch des Dämons und riß in einer
gewaltigen Explosion eine der Klauen ab. Mark verfeinerte seine Peilung
und feuerte eine zweite Granate, die genau den Kopf des Ungeheuers traf.
Der Raum wurde überschwemmt von einer neuen Welle Blut, aber die
Flüssigkeit war grün und entsprang einer sprudelnden Quelle
an dem Stumpf, der wohl früher einmal den Hals dieses Übels
ausgemacht hatte. Mark richtete sich auf. Die Leiche versank im Boden.
Wieder mal die Welt gerettet, dachte sich der Paladin, dann sammelte er
seine Waffen ein und begab sich zum Siegel, das auf einem seltsamerweise
sauberen Altar ruhte. Er ritzte die Schutzrunen ein und drehte sich gerade
noch rechtzeitig, um einen Schatten den Raum im Laufschritt verlassen
zu sehen. Mark lächelte wieder. "Tja, manche kommen halt doch
zweimal zu mir."
Mark versuchte sein bestes, die schwere Waffe zu zerlegen und sie in
seinem Mantel zu verstauen; wer jedoch schon einmal eine OICW betrachten
dürfte, weiß, das solch Unterfangen nur an der hohen Masse
scheitern kann. Mark verwarf den Gedanken, mit diesem Biest von Waffe
weiterzureisen, und zückte das Handy, bei dem sich wohl gegen Ende
des Kreuzzuges hohe Abnutzungserscheinungen zeigen würden. Die selbe
Nummer, die gleiche freundliche Begrüßung wie beim letzten
Mal. "Also, ich hab einen Dämon zerlegt und das Siegel gesichert,
wohin geht der nächste Trip ?" "London." "Ach
ja, das weckt Erinnerungen. Gibt es irgend etwas, das ich besser vorher
wissen sollte ?" "Die Tatsache, das du gerade Duriel begegnet
bist, hat hier oben ein paar Glocken geläutet. Scheint, als wenn
du denen da unten langsam lästig wirst." "Hat eure Versandabteilung
auch eine Rücknahme ? Ich hab keinen Bock, die OICW durch den Zoll
zu schleppen, dafür ist mir das Teil entschieden zu sperrig."
"Wo wir gerade bei Waffen sind: Wie halten sich deine Pistolen ?"
"Ganz gut, so eine USP Tactical kriegt man halt nicht klein."
"Ist das hier ein Telefongespräch oder eine Dauerwerbesendung
? Beweg deinen Hintern zurück zum Flughafen, das Ticket und weitere
Details findest du wie üblich bei deinem Blechesel." Es erschien
Mark unwahrscheinlich, daß der Verbindungsabbruch technische Ursachen
hatte. Stimmt, sagte er sich, genug gelabert, die Chose geht weiter.
Mark verbrachte den Abend am Flughafen und wartete geduldig darauf, einchecken
zu können wenn ihn Flugreisen eins gelehrt hatten, dann war es
Ruhe und Gelassenheit, auch wenn die ganze Reihe schon mit Meckern begann.
Aufregen ist zwecklos; das Mark trotzdem langsam wütend wurde, hing
vielmehr mit ihm selbst zusammen. Warum hatte er auch darauf bestanden,
mit einer amerikanischen Fluglinie zu fliegen ? Patriotismus hin und her,
die staatliche chinesische Fluglinie nebenan hatte keine Verzögerungen
zu verzeichnen und würde bereits in wenigen Minuten starten. Mark
versuchte sich zu entspannen; erfolglos, denn als ob jemand mit dem Taktstock
angesetzt hatte, flogen Feuerstöße über die Köpfe
der Menschenschlange. Während die Masse in Panik auseinander floß,
stürmte er mit gesenktem Kopf zur nächsten Säule und ging
in Deckung. Sonnenbrille zurechtrücken, Waffen entsichern und die
Party kann steigen. Mark stürmte zur nächsten Säule und
eröffnete im Laufen das Feuer auf maskierte und schwer bewaffnete
Personen, die sich wohl gerade mit einem Schuß in die Decke Gehör
verschaffen wollten. Er zählte 9, von denen er beim ersten Durchgang
5 auch traf. Wieder hinter Deckung, überblickte er die Situation
mit seinem geistigen Auge. Die Terroristen standen wieder auf; offensichtlich
trugen sie schwere kugelsichere Westen. Da war mit .45 Standardmunition
beim ersten Durchgang logischerweise nicht viel zu holen anders ließ
sich das kaum erklären. Hatte Mark sie womöglich eher erschreckt
als getroffen ? Marks Ego verdrängte den Gedanken. Bevor er zum zweitem
und hoffentlich letztem Angriff ansetzen konnte, erschallten die Geräusche
abgefeuerter Pistolen wieder, und eine Gestalt mit zwei rauchenden Pistolen
preschte auf die Säule zu, hinter der sich Mark versteckt hatte.
Von Gatac
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