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Janus
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Kapitel VII - Roter Regen

Zeit, in solchen Situationen wurde sie zum Luxus. Ein Mann konnte alle Schätze dieser Welt haben, doch reich war er erst, wenn er Zeit hatte, wenn er nicht wie jeder normale Mensch Sklave der tickenden Sekunden war, wenn er sich nicht an die beiden Zeiger halten musste, so wie wir an jenem Tag als wir die Zeit schwinden sahen, Korn für Korn rieselte sie durch und nichts konnte sie aufhalten. Wir verschwendeten sie nicht. Fünf Minuten, nachdem Rauls uns die Nachricht überbracht hatte, schlossen sich die Türen des Salons und dahinter hielt das dreckige Dutzend schon wieder eine Teambesprechung ab.

Wir konnten nicht mehr, wir sehnten uns nach einen warmen Bett, nach einer Dusche, die die verkrustete Tarnfarbe vom Gesicht spülte, nach Schlaf für den vollkommen übermüdeten Körper, doch es musste weitergehen, in wenigen Stunden schon stand der nächste Kampf auf Leben und Tod aus und vorher mussten einige Vorbereitungen getroffen werden.

Raul fuhr auf einem Pickup mit einem Megaphon bewaffnet durch die Stadt um neue Rekruten anzuwerben. Es reichte gerade mal um die Verluste aus den eigenen Reihen auszugleichen. Die Hälfte von ihnen hatte noch nie eine Waffe in der Hand, Manuel brachte sie mit einem Crashkurs auf Vordermann, doch es war uns allen klar, dass sie nur Kanonenfutter waren, dass ihre Familien bald nur noch ihre Gräber besuchen konnten. Zybell, Carlos und ich evakuierten das Gebiet, in dem die Kämpfe höchst wahrscheinlich stattfinden würden, nicht aus Menschenliebe, sondern weil sie nur stören würden, weil sie vielleicht auf eine der kostbaren Minen treten würden, die den Feind treffen sollten, weil sie vielleicht eine Kugel abbekamen, die den Feind ausgeschaltet hätte.

Raul stand auf der Mitte der Casa de la Libertas, dem Zentrum von Puerto Cabezas und betrachtete die Häuserschluchten um den großen Platz genau. Viele Deckungsmöglichkeiten in den Häusern, so gut wie keine hier unten. Durch ein Fernglas beobachtete er, wie Will auf dem Dach Stellung bezog. Als er nach Osten blickte, zu dem Gebäude auf dem Isaac lag, wurde er durch die aufgehende Morgensonne geblendet. Wieder blickte er auf die Uhr, es war 7.00 Uhr, die Zeit rannte uns davon, doch Raul war zufrieden, wir kamen gut voran. Das erste Haus war komplett geräumt. Raul wies einige der Rebellen an, wo sie dort Stellung zu beziehen haben. Die meisten hatten inzwischen Sturmgewehre, man konnte viele Waffenbestände der Sandinos retten. "Ja, hier könnte es klappen", dachte sich Raul als er sich noch mal umguckte, das Rattern der Waffen lag schon wieder in seinen Ohren. Vorausgesetzt man könnte die Sandinos hierher locken. Doch er war guter Dinge, als er Bulldog dabei beobachtete, wie er die Straßen verminte, man fuhr über den Casa de la Libertas um zum alten Industriegebiet zu fahren, es gab auch andere Wege, doch man würde sie nicht benutzen, wenn man keinen Verdacht schöpfte.

Futschi verbrachte den halben Tag unter dem Auto, das wir beschlagnahmt hatten um das immer noch brennende Wrack unseres ehemaligen Jeeps zu ersetzen. Es war wie beim A-Team, Futschi schweißte Metallplatten an und unter das Auto um es schuss- und minensicher zu machen. Letztlich brachte er noch das Ersatzmaschinengewehr auf einer drehbaren Vorrichtung an.

Gegen zwölf bezog ich meine Position im dritten Stock des Mietshauses an der Casa de la Libertas 12. Die Wohnung war stilvoll eingerichtet, die Familie, die hier wohnte, war nicht reich, nagte aber auch nicht am Hungertuch. Und während die Eltern und ihre Kinder in den nördlichen Gebieten der Stadt um ihr kleine Existenz fürchteten, machte ich es mir in ihren Betten bequem. Die Vorbereitungen, die in dieser kurzen Zeit getroffen werden konnten, waren erledigt, der Gegner noch nicht gesichtet. Ich stellte mein M-16 neben das Bett und legte mich in voller Montur in das Selbe. Das Funkgerät war auf laut gestellt und während draußen die letzten Schüsse des Milizentrainings verstummten, fiel mein geschundener Körper schon in einen tiefen Schlaf.

Das gewaltige Donnern weckte mich noch bevor das Funkgerät sich meldete. Draußen war gerade Apokalypse, Wetterexperten würden es wahrscheinlich nur ein Kollision zweier Wärmeschichten nennen, doch für mich es war mehr als nur ein Gewitter, es war ein Unwetter. Ich zog meine Regenjacke über und trat auf den Balkon. Die schweren Tropfen trommelten im Stakkato auf meinen Kopf, die Sichtweite war auf 200 Meter gesunken. Die Scharfschützen hatten es sich unter grauen Tarnnetzen gemütlich gemacht. Ein Blick auf die Uhr zeigte 15:00, draußen war es für diese Tageszeit viel zu dunkel. Das Funkgerät kreischte auf. "Feindkontakt."

Es waren vier grüne LKW, Tatras, die sich durch die scheinbar normale Stadt quälten. Die Scheibenwischer rasten von einer Seite zur anderen, doch es war ein Sisyphosarbeit, kaum waren sie auf der einen Seite angelangt, war die andere schon wieder von Regentropfen übersät. Die gewaltigen Reifen spritzen das Fahrbahnwasser bis zu drei Meter weit, unermüdlich lief das Wasser von der Motorhaube auf die Straße, wo es mit dem restlichen einen künstlichen Rinnsaal bildete. Im hellen Licht der Scheinwerfer sahen die Millionen von Wassertropfen fast wie Schnee aus. Durch mein Ohr hörte ich wie weit sie gekommen waren. Fast unmerklich setzte sich hinter die Kolonne ein Jeep. Für die Tatras war es bei diesen Sichtverhältnissen unmöglich die Panzerung des Jeeps und damit die Gefahr zu erkennen, die von ihm ausging.

"500 Meter vor Treffpunkt", hörte ich eine Stimme in meinem Ohr. Das M16 wurde entsichert, angelegt, Zielrichtung Casa de la Libertas. Der Hebel stand auf Vollautomatik, drei Magazine standen direkt neben mir. Der Regen kühlte einen aus, die Hände waren in den Handschuhen schon ganz nass, doch das zählte jetzt alles nichts, man vergas es, für eine Weile, im Kampf um Leben und Tot gab es Wichtigeres. Wieder meldeten sich Stimmen in meinem Ohr. "Achtung, sie drehen ab, nehmen die Westroute." Verdammter Mist.

Der Konvoi drehte nach rechts ab, in Richtung Westen. Monoton fuhren sie weiter Richtung Stadtrand, scheinbar ziellos, ehe sie in einer scharfen Rechtskurve in das alte Industrieviertel einbogen. Sie fuhren die selbe Route wie wir gestern Abend. Kurz bevor der Fuhrpark in Sicht kam, verbreiterte sich die Fahrbahn, die Tatras fuhren neben -und nacheinander. Die ersten beiden wurden auseinadergerissen, das Benzin entzündete sich, ließ von den Wagen nur noch Einzelteile nicht größer als zehn Zentimeter übrig. Bulldogs Minen waren äußerst wirksam. Die beiden Hinteren drehten gerade so vor der Feuerwand ab, standen nun quer zur Fahrbahn und versperrten so den Weg für den Jeep, der sich nun ebenfalls mit quietschenden Reifen seitlich positionierte. Zwei Knöpfe wurden gedrückt, die seitlichen Panzerungen des Jeeps wurden nach unten gerissen. Aus der einen Seite zischte eine Rakete, die auch den dritten Tatra zerstörte, aus der anderen ertönte das unermüdliche Rattern eines MGs, das die Plane des letzten übrig gebliebenen Truppentransporters in Fetzten riss. Aber das Feuer des MGs blieb nicht nur auf die Plane ausgerichtet, anschließend konzentrierte es sich auf den Motor und den darunter liegenden Tank. Es dauerte hundert Schuss bis auch der letzte Tatra explodierte. Es war perfekt gelaufen, vier Truppentransporten und ihre Insassen waren in kürzester Zeit und ohne eigene Verlust zerstört worden. Eine gewaltige Rauchsäule, die trotz des Unwetters noch meilenweit zu sehen war, stieg auf, die Panzerungen des Jeeps wurden hochgefahren. Vladimir und Bulldog stiegen aus um eventuellen Überlebenden den goldenen Schuss zu verpassen. Doch sie erlebten ein Überraschung. Es gab keine Überlebenden, es gab bis auf die Fahrer nie Menschen in diesen Transportern. Sie waren leer. In diesem Moment hörte man vom Südrand Kalashnikovs aufbellen.

Schnell hasteten die beiden Söldner wieder in den Jeep, der es nun eilig hatte wieder nach Süden zu gekommen. Sie gelangten auf die südliche Hauptstraße, was sie sahen ließ ihnen den Atem stocken. Eine ganzer Zug, ungefähr zweihundert Mann, hastete sich gegenseitig Deckung gebend in Richtung Innenstadt. Doch die Paralyse währte nur kurz. Wieder wurde die Panzerung, die von mehreren Stahlseiten gehalten wurde, nach unten gefahren und Vladimir sah, während er die tödlichen Kugeln auf die Gegner schoss, wie mehrere Körper umfielen. Doch die Gegenwehr ließ nicht lange auf sich warten und kurz darauf erklang überall das hässliche Geräusch, wenn Metall auf Metall trifft. Der Fahrer fuhr mit qualmenden Reifen los, die Panzerung wurde wieder hochgefahren und zurück blieben nur einige heiße Patronenhülsen, die durch den Regen schnell abkühlten und zu dampfen begannen, 180 Soldaten und einige leblose Körper, denen der alles durchdringende Regen nun nichts mehr ausmachte.

"Vladimir, was ist bei euch los?"
"Die LKW waren eine Falle, der gesamte Zug ist im Süden der Stadt."
Stille, unsere schlimmsten Erwatungen wurden erfüllt.
"Wie viel sind es?"
"Schätze noch 170 bis 180."
Wieder Stille in der Leitung. Es war schlimmer als unsere schlimmsten Erwartungen. Wir hatten mit hundert Mann gerechnet.
"Vladimir, hör mir jetzt genau zu, wir haben nur eine Chance, wenn wir die Leute in unsere Falle locken. Ihr seid unser Lockvogel." Es war eine ermunternde Aufgabe.

Wieder setzte sich der Jeep vor die Sandinos und feuerte zischende Salven über die Köpfe der Gegner. Vladimir traf kaum noch jemanden, dafür fuhr der Fahrer zu hektisch, dafür waren die Gegner zu gut vorbereitet, doch das war nicht seine Aufgabe. Bald folgten ihm eine ganze Meute und hielt den Jeep ständig unter Beschuss. Je stärker er beschossen wurde, desto mehr erfüllte dieser Trupp seine Aufgabe. Es dauerte nicht lange bis der Jeep an der Casa de la Libertas gelangt war. Ein letztes Mal öffnete sich der Jeep und spuckte Blei ehe er unter einem Kugelhagel, der dem Regen in nichts nachstand über den verminten Platz fuhr. Der Fahrer fuhr über den Fußgängerweg, hier waren nur Personenminen, die dem Jeep nichts anhaben konnten. Ein leichtes Ruckeln signalisierte den Insassen, dass sie eben gerade über etwas gefahren waren, dass ihnen, wenn sie draufgetreten wären, mindestens die Extremitäten abgerissen hätte.

Eine Minute später erreichten die ersten Soldaten vollkommen außer Atem den Platz. Sofort wurden die Mündungen auf sie gerichtet. Sie waren den Untergang geweiht.
"Noch nicht, Angriff auf meinen Befehl. Wartet noch."
Der Anführer des Zuges deutete seinen Männern sich in der Mitte des Platzes zu sammeln. Nach und nach kamen alle auf diesen zentralen Platz. Es müssen ungefähr hundert gewesen sein, als einer von ihnen auf eine Mine trat und ihm die Extremitäten abgerissen wurden.
Verdutzt schaute der Truppenführer hoch, seine Miene zeugte von der Vorahnung.
"Feuer!"

Es war ein Gemetzel. Wir waren auf allen Seiten des Platzes, sie waren in der Mitte, ohne Deckung. Vielleicht konnten sie sich von drei Seiten schützen, die Vierte erwischte sie. Viele hatten in ihrer Flucht vor dem Unausweichlichen nicht die Zeit auf den Boden zu gucken und übersahen die Minen die sie in hohen Bogen in den Tod beförderte. In diesem Kessel überlebte nicht einer, nach zwei Minuten stellten wir das Feuer ein. Der Platz der Freiheit war überfüllt mit Leichen, das Regenwasser hatte sich mit dem Blut von knapp hundert Mann vermischt und hinterließ eine hellrote milchige Flüssigkeit. Es herrschte so was wie die Ruhe nach dem Sturm, doch das Unwetter war noch nicht verzogen und genauso wenig die restlichen Gegner die nun wild in die Häuser schossen. Es war ihr Glück gewesen, dass einer von ihnen zu früh auf eine Mine getreten war, sonst wären auch sie zum Sammelpunkt gegangen wie Rinder bei ihrer Schlachtung. Das wilde Feuern war Symbol ihrer Führerlosigkeit, wir mussten diese Situation nutzen, doch konnten es nicht, da wir von dem Feuer unten gehalten wurden. Nur die beiden Scharfschützen hatten freie Sicht und konnten einige erwischen. Es dauerte nicht lange bis sich ihr neuer Anführer gefunden hatte.

Wir nutzten die Feuerpause um aus unseren Positionen herunter auf den Platz zu gelangen. Nun kam auch der Jeep wieder und verschaffte uns mit dem MG die Rückendeckung, die wir brauchten um uns zu sammeln.
"Wir gehen zentral auf die restlichen Leute rauf, wenn die noch zehn Leute verlieren, sind sie demoralisiert."
Raul schickte die Contrarebellen in den offenen Kampf, wir, die Söldner, die viel Geld kosteten, blieben zurück. Wir waren zu wertvoll, die anderen nicht mehr als Kanonenfutter.
Doch die Sache ging gut, die restlichen Truppen hatten sich schon zuvor aufgeteilt, es blieben zwanzig zurück, ihrerseits nur Kanonenfutter um den Rückzug der letzten Sandinisten in diesem Gebiet zu sichern. Die zwanzig dem Tod geweihten fielen schnell. Aber in ihrem Tot hatten sie ihre Aufgabe erfüllt. Die letzten sechzig waren verschwunden. Wieder herrschte Stille, eine unerträgliche. Wir waren vor fünf Tagen aufgebrochen, waren so knapp vor unserem Ziel, fast zweihundert Leichen pflasterten unseren Weg und nun hatten wir die Initiative verloren. Raul teilte die Leute ein und ließ alle vier Seiten des Casa de la Libertas sichern. Wir standen um den Jeep im sintflutartigen Regen und taten das, was mit das Schlimmste für einen Soldaten war: Warten.

Die Regierungstruppen hatten Einsicht mit uns, schon kurz danach war aus Westen wieder Feuer zu vernehmen. Es vergangen keine zehn Sekunden ehe der Jeep sich um die eigene Achse gedreht hatte, zum westlichen Eingang gefahren war und die ersten Kugeln auf die Aggressoren feuerte. Wir folgten ihm so schnell wir konnten, erreichten unsere Verteidigungslinie kurze Zeit später, doch eine Front gab es nicht mehr. Das MG hatte aufgehört zu Feuern, nur noch einzelne Schüsse durchbrachen den monotonen Regen. Der Feind war noch lange nicht geschlagen.

"Sie kamen plötzlich, 30, 40 Mann, vielleicht auch 50. Die Hilfe kam gerade rechtzeitig, lange hätten wir die Stellung nicht mehr halten können. Wir haben ein paar erwischt, der Jeep auch noch einige, insgesamt sind es ungefähr 15 Mann, die wir ausschalten konnten. Unsere eigenen Verluste sind ungefähr gleich groß. Der Feind hat sich in die Häuser geflüchtet."
Der Offizier des Trupps leistete seinen Bericht ab. Die Nachricht war schlecht, es ging in den Häuserkampf. Unter gewaltigen Sperrfeuer preschten wir vor, zu zweit stürmten wir die Häuser. Man hörte kurze Salven von amerikanischen Waffen. Die Sandinisten hatten durchgängig russische Fabrikate.

Zybell und ich bildeten ein Paar und ehe wir unseren Abschnitt, den wir säubern mussten, erreicht hatten, mussten wir Nikita und Manuel beim Einstieg sichern. Es war bitternötig, ein Soldat aus unserem Abschnitt hatte sich auf den Balkon gestellt und begonnen auf die beiden zu feuern. Kimme und Korn richteten sich schnell auf die schwarze Silhouette eines Menschen und der Abzug feuerte drei Kugeln auf ihn. Er sackte zusammen hinterließ einen letzten Feuerstoß in den schwarzen Himmel. Nun waren Manuel und Nikita in ihrem Gebäude, um ihre Aufgabe zu erfüllen.

Das Wohnhaus, dass wir von Ungeziefer befreien mussten, war fünfgeschossig. Wir sahen von unten, dass im obersten Stock der Soldat noch immer, sich windend, auf dem Balkon lag. Langsam schlichen wir nach oben. Die Wohnung war leicht auszumachen, sie war die einzige mit offener Tür. Kurz sah man einen Schatten in der Wohnung huschen, man hört rennende Schritte. Lautlos verschafften wir uns Eintritt, folgten den Schatten. Er führte uns zu dem Balkon. Er hatte ein Schubfach aus dem Badschrank herausgerissen in dem Medikamente lagen. Hektisch suchte er nach Verbandsmaterial für seinen verletzten Soldaten auf dem Balkon. Alles andere interessierte ihn nicht. Er bemerkte nicht wie wir beide hinter der Wand standen und das grausame Szenario betrachteten. Er fand nichts, nichts was seinem Freund das Leben retten konnte. Mit letzter Kraft zog der Mann, die schwarze Silhouette auf dem Balkons, einen Brief aus seiner Tasche und übergab ihn seinem Freund. Sein Freund war nun mit dem Rücken zu uns gerichtet. Es war der richtige Moment.
"Zugriff."

Seine Benommenheit und der Regen dämpften das Knallen der Gewehre, er bekam gerade noch mit, wie sein Freund, dem er gerade seinen Abschiedsbrief übergeben hatte, mit Blut im Mund umkippte. Dann sah er mich, wie ich die Mündung auf ihn richtete und das Letzte was er sah war das Mündungsfeuer des M-16, das ihn tötete.

"Du hast diesen Brief noch, nicht wahr, Ethan?"
"Ja."
"Zeig ihn mir."
Ich überreichte ihr das verlaufene, blutige Manuskript. Es fiel ihr schwer es zu lesen, doch es gelang ihr die letzten Worte eines meiner Opfer an seine Frau zu verlesen.


Liebe Juanita,

wenn du diesen Brief liest, hat mich Gott von dieser Erde genommen. Es tut mir so unendlich Leid, was ich dir und unserer Tochter angetan habe. Du hattest mich gewarnt, geh nicht zur Armee, doch du weißt, dass ich nicht anders konnte. Wir wissen beide, dass es keine andere Möglichkeit gab, das Geld für Lindas Studium zu besorgen. Sie ist ein sehr intelligentes Mädchen, eines Tages wird sie studieren können, wird sie die Möglichkeiten bekommen, die wir nicht hatten, wird sie ein Leben führen können, frei von Armut. Ich habe ihr alles geopfert und ich hoffe es war nicht zu viel. Mein Herz blutet, dass ich ihr nicht mehr der Vater sein kann, der ich so gern gewesen wäre, mein Herz blutet, dass ich dir nicht mehr der Mann sein kann, der dich so abgöttisch liebt. Ich hoffe, nein ich weiß, dass ihr auch ohne mich zurechtkommen werdet. Auch wenn ich jetzt von dieser Welt geschieden bin, so bin ich doch immer bei euch. Ich werde dich beobachten, von einem besseren Ort, werde Linda aufwachsen sehen und es wird meinem schwerem Herzen die größte Freude bereiten. Gib Linda einen Kuss von mir.

In Liebe

Pedro


Eine Silhouette, mehr nichts. Mehr war es nicht, als ich abdrückte. Ein schwarzer Körper an einem schwarzen Tag. Doch er war weit mehr als eine Silhouette. Ein Mann, der seine Frau liebte, ein Vater, der für das Wohl seiner Tochter sein Leben riskierte. Wer war ich? Ein Mann, dessen Leben aus Mord und Totschlag bestand, ein Mensch......hatte ein Mensch nicht Mitgefühl? Hatte ein Mensch nicht eine Moral? Hatte ich als das nicht vermissen lassen in meinem Leben? War ich überhaupt ein Mensch? Oder eher eine Bestie?
"Du bist ein Mensch", sagte sie.
"Deine Reaktion zeigt es, dass du einer bist, heute."
"Doch damals?"
Sie wusste keine Antwort auf diese Frage, oder sie verschwieg sie. Ich fuhr fort.

Die Beiden waren die Letzten der westlichen Front. Raul zählte durch, es waren dreißig Gegner gewesen. Dann rechnete er. Es fehlten dreißig. Sie waren im Osten, wie wir durch die Granatexplosionen erfuhren. Die rechte Seite des Casa de la Libertas stand in Flammen unsere Verteidigung dort fast schon durchbrochen. Es waren die letzten und die besten Kämpfer, ein letztes Aufbäumen des schon geschlagen geglaubten Feindes.

Carlos war als Einziger auf dieser Seite zur Sicherung stationiert. Die Rebellen neben ihm waren keine guten Kämpfer, er war auf sich allein gestellt. Die Front drohte durchbrochen zu werden. Wir beeilten uns, doch der Platz war groß.

Carlos wusste genau, dass die Front nicht brechen durfte. Er musste sie halten, nur ein paar Minuten noch, dann wären die anderen da, dann wäre der Jeep da. Er war es, der den Hühnerhaufen der Rebellen führte, der sie organisierte, der zurückschoss. Er hatte einen guten Wurfarm und verteilte die Granaten weitläufig. Doch es half alles nichts, auf der linken Seite waren sie trotz seines Einsatzes durchgebrochen.

Er rannte auf sie zu, wich den Kugeln aus, wie nur er es konnte. Es waren fünf Feinde, die im Nahkampf keine Chance gegen ihn hatten. Er hielt die Front. Doch der Sechste erwischte ihn. Das heiße Blei erwischte ihn an seinem Unterschenkel, im Becken und in der Wirbelsäule. Er stürzte. Keine drei Sekunden später wurde sein Oberkörper zerfetzt. Als wir ankamen sahen wir nur noch in die leeren Augen von Carlos. Eine Blutlache hatte sich um ihn ausgebreitet, sein zerstörter Körper lag regungslos im Regen, die Glieder steif. Regentropfen sammelten sich auf seine Lippe, fielen zu Boden und vermischten sich mit seinem Blut. Er war ein begnadeter Söldner mit blitzschnellen Reflexen, doch sie konnten ihn nicht gegen die Übermacht schützen. Carlos war im Felde gefallen.

Die restlichen Feinde hatten sich nun einen Durchbruch erarbeitet und waren dabei diesen zu passieren als wir in Sichtweite kamen. Sofort wurde das Feuer eröffnet. Sekunden später war auch der Jeep soweit und feuerte auf den Durchgang. Es waren nicht viele, die jetzt noch übrig waren. Sie hatten uns nicht mehr viel entgegenzusetzen. Die letzten Zehn wurden in fünf Minuten von uns aufgerieben, zwei ergaben sich. Sie wurden sofort erschossen. Und dann herrschte nur noch der Regen. Keine Schüsse, keine Explosionen, keine Schreie. Nur Regen, Donner und Blitz. Wir hatten gewonnen, Puerto Cabezas war nun endgültig in den Händen der Rebellen, wir hatten unseren Auftrag erfüllt, dabei mehrere Hundert Feinde eliminiert. Wir hatten mit Cabezas die goldenen Stadt Nicaraguas eingenommen, hatten uns so Zugang zu den Goldminen und damit neuem Kapital für die Revolution erlangt. Militärisch gesehen, war der Auftrag, den wir von Ortega bekommen hatten, perfekt erfüllt worden. Und es war in gewisser Weise ein Himmelfahrtskommando, doch wir hatten es geschafft. Den größten Erfolg der Revolution. Ich hatte mir vorher ausgemalt, wie es wohl sein würde, wenn man einen erfolgreichen Einsatz feiert. Der Alkohol, die Freundschaften, die Nutten, jubelnde Bürger auf den Straßen, die einen verehrten, junge Mädchen, die ihren Befreiern über alle Maßen dankbar waren, Paraden, Lobpreisungen. Wir standen im Regen um Carlos und schwiegen.


Von Mattscho


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