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Paladin - Zyklus 4: Allianzen
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Intermezzo - Verdun 1917

"Wo Leichen die Straßen pflastern…"

An diesem Tag regnete es.

Eine einzelne uniformierte Gestalt robbte durch einen behelfsmäßigen Schützengraben, der nicht so tief und breit war wie ein richtiges Exemplar - er bot gerade genug Deckung, damit er hindurch robben konnte, ohne von seinen Feinden gesehen zu werden. Die Brühe um ihn sonderte merkwürdige Gerüche ab, die sich allesamt in seiner Nase vereinigten und ein intensives Gefühl der Übelkeit verursachten. Blut. Schweiß. Urin. Und Reste von Senfgas, die sich beim Sturm seiner Einheit auf diesen Graben hier abgesetzt hatten. Die Stellung hier hielten sie erst seit ein paar Tagen, und so wie es aussah, würden sie sie auch nur ein paar Tage halten können, bis sich der Feind wieder aufraffte sie zurückzuschlagen. Aber er kannte die Leute in seiner Einheit. Sie hatten ihn gesehen, den Reiter, wie er über die Felder streifte und die Länder ausblutete, Frauen und Kinder tödlich verwundete, ohne sie anzurühren, und wie er Familien zerstörte, Fortschritt aufhielt, Moral und Anstand in Raserei und Barbarei wandelte. Sie hatten ihn alle gesehen, und er hatte ihnen die ultimative Grausamkeit angetan, sie leben zu lassen, ihnen vor Augen geführt, wozu Menschen fähig waren. Niemand wollte herausfinden, zu was er wirklich fähig war, aber sie wussten es inzwischen nur zu gut. Sie konnten es niemals mehr vergessen, also sehnten sie das allumfassende Vergessen des Todes herbei.

Sie würden sterben, um diesen Posten zu halten, aber nicht, weil man ihnen es sowieso befohlen hätte. Wer war unmenschlicher? Die Vorgesetzten, die das Opfer verlangten? Oder die Soldaten, die es ausführten? Er wusste es nicht, und er wollte es nicht wissen, aber er hatte das seltsame Gefühl, dass man es ihm beibringen würde - wieder eine Erinnerung mehr, mit der er nicht leben wollte. Plötzlich hörte er über sich das Pfeifen der schwingenden Sense des Reiters, und in einem Moment von Unachtsamkeit sprang er auf und rannte in Richtung des Schützengrabens. Um ihn herum regnete Artillerie, und er fühlte, wie sich ein Splitter durch seine Kleidung an seinem Rücken vorbei bohrte, aber es war ihm egal. Kugeln umfingen ihn, aber trafen ihn nicht; er war losgelöst von dieser Welt, außer Reichweite ihrer dämonischen Waffen, und so wie er kaum den Boden unter seinen zerrissenen Sohlen fühlte, so sah er auch den apokalyptisch-roten Himmel über sich nicht. Der Regen pochte gegen seinen Schädel, als Kontrast zu den schrecklichen Melodien der Sprengköpfe um ihn herum, und kühlte seinen heißen Atem. Mit einem beherzten Satz warf er sich hinter den schützenden Wall, während die Kugeln - so viele, so unendlich viele herzlose Kugeln - in Zeitlupe seine Silhouette in die Luft stanzten. Endlich war er wieder bei seinen Freunden, aber die Angst, die ihn eben noch beflügelt hatte, lies ihn nun kauern, mit dem Rücken zum Wall, immer bereit für die endgültige Freiheit. Langsam verstummte das Feuer um ihn herum, und die quälende Ruhe eines erneuten Patts umfing ihn. Mit schlotternden Knien drehte er sich zum nächsten Soldaten neben ihn und stotterte ihn an.

"Wir…wir sind tot. Neuer Sturmangriff. Verstärkung ?"
"Erst in einer Stunde."
"Zu spät. So lange können wir sie nicht aufhalten."
"Was denn ?"

Er dachte nach.

"Wenn wir…wenn wir stürmen. Dann denken sie, die Verstärkung ist schon da. Wir ordern einen Mörserangriff auf ihren Graben, dann stürmen wir. Egal ob wir es schaffen oder nicht, der Feind kann erstmal nicht vorrücken. Das reicht, bis unsere Verstärkung eintrifft. Wir müssten sowieso abgelöst werden."
"Aber die werden uns umnieten!"

Er sah seinen Kamerad mit versteinerten Gesichtszügen an.

"Wir sind bereits tot. Ich sterbe lieber auf meinen Füßen, als dass ich auf meinen Knien lebe. Ich will nicht mehr. Wir alle wollen nicht mehr, das wissen wir. Der Feind will uns töten. Gut, das können wir nicht verhindern. Aber lassen wir ihn dafür bezahlen. Unter meinem Befehl wir dieser Graben nicht fallen!"

Die anderen nickten ihm zu. Der Funker brabbelte neue Codewörter und Koordinaten in seinen schweren Apparat. Dann warteten sie.

Schließlich kam das Pfeifen wieder. Aber aus der anderen Richtung. Ihre Artillerie hatte sie gehört. Die Mannschaften wussten, was er vorhatte, und sie salutierten ihm mit allem, was sie hatten. Er sah seine Männer ein letztes Mal an, dann gab er den Befehl. Schreiend stürmten sie über den Wall, feuerten mit ihren Gewehren auf alles, was sich vom Gelände abhob. Die Kugeln sausten durch die Luft, erwischten Einen nach dem Anderen, aber ihn konnten sie nicht mehr erreichen. Im Laufen repetierte er eine verbrauchte Hülse aus der Kammer, zielte kurz, und schoss dann. Ein feindlicher Grenadier fiel rückwärts in seinen Graben, die entsicherte Granate noch in seiner Hand. Eine Explosion erschütterte ihr Ziel, und er sprintete weiter. Er sah Bewegung beim feindlichen MG, aber er war schon zu nahe dran und warf sich gegen den Wall, außerhalb des Feuerwinkels. Aber die Salve galt nicht ihm, und mit Schrecken sah er, wie die Kugeln jene zerfetzten, die er im Sprint abgehängt hatte - und das waren, wie er entsetzt feststellte, alle anderen. Sein Magen krampfte sich vor Wut zusammen, und mit Hast schleuderte er eine Granate über den Wall.

Die Explosion überhallte alle Schreie.

Nach einer ungewissen Minute voller Ruhe raffte er sich auf. Seine Ohren klingelten. Seine Augen waren verschwommen vom Schweiß, das Gewehr rutschte in den nassen Händen seines Besitzers, und er kämpfte sich unerträglich langsam über den Wall. Er sah Zerstörung, Tod und Verderben. Aber er freute sich. Er konnte nicht anders. Er lachte, lachte lauter als jemals zuvor, denn er musste die Stille füllen. Er hatte den Feind besiegt. Er war ein Held, und er fühlte sich wie der Achilles des 20. Jahrhunderts. Dann hörte er ein Wimmern neben sich, und mit einem starken Ruck an einer Leiche legte er ein blutiges Bündel Mensch frei. Eine Frau. Er schauderte. Sie war schön, wunderschön, aber er konnte es nicht sehen, denn er sah nur die Uniform des Feindes. Mit seinem von Wahn gezeichneten Lächeln richtete er seine Waffe auf sie, aber dann warf sie sich zur Seite. Er sah die Wunden an ihrem Körper, die Splitter in ihrem Hemd, und das seltsam verfärbte Blut in ihren Mundwinkeln. Seine Hände zitterten, und er kniete sich nieder, um sie genauer zu betrachten. Er sah ihre rechte Hand, immer noch den Abzug des MGs umklammernd, aber nur noch mit einem schrecklich verdrehten Handgelenk an ihren Arm gebunden. Er sah sie, verletzt und verletzlich, sterbend und doch wie ein Engel mit dem dreckigen Haar über ihren geschlossenen Augen. Er beugte sich näher an sie heran, hörte ein Geflüster in einer ihm fremden Sprache, und fühlte, wie ihm eine einzelne Träne über die Wange lief.
Er weinte.

Er weinte um sie, um sich selbst, um seine Freunde, um seine Heimat, um seinen Feind und dessen Heimat, um die Unschuldigen und die Schuldigen, um die Toten und die Lebenden. Er weinte, weil es das letzte war, was er noch tun konnte. Unter Tränen sah er, wie die Frau unter ihm die Augen öffnete und ihn mit einem eisigen Blick fokussierte. Er weinte weiter, erwiderte ihren Blick mit aller Wärme, die er geben konnte, und er phantasierte, wie er ihre Wunden verbinden könnte, wie sie weglaufen könnten, zusammen, weg von diesem Krieg, von diesem Kontinent, von dieser Welt, die sie beide gegeneinander gehetzt hatte. Dann fühlte er ihre Hand an seiner Brust, wie sie nach seinem Hemd griff, die Augen gefüllt mit all den Schmerzen und Schrecken ihrer Reise, und er erkannte, dass ihre Augen seine spiegelten. Ihre Hand wanderte weiter nach oben, strich über seine Wange, und er sah sie lächeln, trotz ihrer Wunden. Um sie herum regnete Feuer vom Himmel, aber es interessierte ihn nicht mehr. Er liebte sie, so wie er sich selbst liebte, nein - mehr noch als sich selbst. Er wollte sie retten. Er wollte sie alle retten. Er dachte, er hätte die Kraft dazu, als er diesem Krieg beitrat. Er lächelte sie an, während sie weiter die Konturen seines Gesichts umfuhr. Schließlich zog sie ihn näher an sich heran, und er küsste sie, fühlte, wie sich sein Blut mit ihrem vermischte. Ihre Hand streichelte sein verklebtes, gebräuntes Haar, wanderte wieder nach unten und umschmiegte seinen Hals, bevor sie ihre Hand wieder wegführte.

Der Schmerz stieß ihre Lippen auseinander. Er stützte sich über sie, unbeweglich wie eine Statue, und fühlte sein Blut, wie es sein Hemd verunstaltete, wie es aus seiner neuen Wunde floss. Er fühlte die Kälte des Stahls, der nun zwischen seinen Rippen steckte. Er sah wieder in ihre Augen, und der Schrecken war wieder dort, aber - anders. Dieses Feuer - er hatte es gesehen, in den Augen von denen, die starben und nichts bereuten, weil sie nichts gelernt hatten. Er weinte für sie beide, für seinen Körper und ihre Seele, dann ließ er sich auf sie sinken und küsste sie weiter, während sein Leben an dem Messer in seinem Rücken vorbei floss.

In das Blut seines ehrlichen Todes mischte sich der süße Geschmack ihres stillen Verrates, und sie umarmte ihn innig, erwiderte seine Liebkosungen und verschlang ihm im Kuss, als wolle sie ihn stehlen, ihn korrumpieren und unterwerfen. Sie fühlte die Aufrichtigkeit seiner Zuwendung, und mit Ekel trennte sie sich nun von ihm, im Ärger darum, dass er sie in seiner Treue um ihren Sieg betrogen hatte. Mit schierer Willenskraft schob sie den Soldaten von sich, dann richtete sie sich auf und beäugte die Umgebung. Sie sorgte sich nicht um ihre Wunden. Sie würden heilen. Das taten sie immer. Sie würde weiterkämpfen, irgendwo anders. Sie musste den Krieg nicht suchen, er fand sie, und wie eine jahrelange heiße Affäre umschmiegten sie sich bei jedem Treffen, versuchten zu sehen, wer von ihnen beiden die größere Gräueltat begehen konnte - eine der wenigen Passionen, die in ihren grausam kalkulierenden Gedanken noch Gehalt besaß. Mit einem geschickten Handgriff befreite sie ihr letztes Opfer von einer Schachtel Zigaretten, dann griff sie nach einem Feuerzeug in ihrer Hemdtasche und zündete das kleine Bündel an. Mit einem Zug und einem Lächeln schweifte ihr Blick über die Leichen.

Wieso endete es immer so?


Von Gatac


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[ Druckerfreundliche Version ] Letze Änderung: 16.03.2003