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Kapitel 1

Über dem Atlantik
21. Juli 2002, 02:28 Ortszeit

Ruckartig fuhr Rick Gunther hoch und stieß einen unterdrückten Fluch aus, als er mit dem Kopf gegen etwas stieß. Die Stirn reibend öffnete er langsam die Augen und sah über sich das Gesicht von Sergeant Major Claus Rothman, der seine Hand zur selben Geste wie Rick erhoben hatte.
"Aua", klagte Claus mit gespielter Empörung. "Paß das nächste Mal auf, wenn du aufwachst, sonst wecke ich dich in Zukunft nicht mehr." Dann wurde seine Miene sanfter. "Du hattest den Anschein gemacht, als hättest du einen Alptraum gehabt. Da dachte ich mir, ich hole dich da lieber heraus. Alles in Ordnung?"
Rick schwang seine Beine herum und setzte sich auf, den Kopf in den Händen vergraben. Um ihn herum vernahm er des Rauschen des vorbeiziehenden Windes und das Gemurmel anderer Leute.
"Salvatierra?"
Rick nickte.
"Mensch, hör auf, alles auf dich zu laden und dich in Selbstmitleid zu suhlen. Es gibt zwei Regeln im Krieg. Die erste ist, daß Menschen sterben. Die zweite ist, daß kein Kommandant, so gut er auch sein mag, die erste Regel außer Kraft setzen kann. Sie waren Soldaten, sie kannten das Risiko. Du bist noch neu im Offiziersgeschäft, doch du wirst es noch lernen." Claus seufzte. "Ich weiß, es ist hart, Befehle geben zu müssen, die den Tod mancher Menschen bedeuten könnten. Doch manchmal ist es notwendig, daß ein paar sterben, um anderen das Überleben zu sichern. Und deine Männer vertrauen darauf, daß du weißt, was du tust. Deshalb ist es wichtig, daß du einen klaren Kopf behältst, um Menschenleben abwägen zu können, auch wenn es nicht erfreulich ist. Sieh es doch einmal so: Pazifisten laden den Feind zu sich ein, der ihr Zuhause zerstört. Krieger bauen um ihr Zuhause herum Waffen auf, um sie möglichst nie einsetzen zu müssen. Wer von den beiden will nun wirklich den Frieden? Krieg ist nun mal ein grausames Geschäft, und wenn es einen besseren Weg gäbe, manche Probleme zu lösen, ist dieser immer willkommen. Doch manchmal kommt es eben auch zu so etwas. Dann mußt du dich zusammenreißen und deinen Job erledigen, so gut du kannst, denn es hängen weitere Leben davon ab."
Vor ein paar Monaten war Rick als Teil einer Friedenstruppe in Spanien eingesetzt worden, um gegen baskische Separatisten vorzugehen. Wochenlang hatten sie sich ein Scharmützel nach dem anderen gegen sie geliefert. Bis zu jenem schicksalhaften Tag in Salvatierra. Sein gesamter Kundschafterkorps wurde in einem Hinterhalt aufgerieben. Möglicherweise hatte man ihn übersehen, oder er wurde absichtlich am Leben gelassen, um als Überlebender die Schreckensmeldung zu verbreiten, jedenfalls konnte er wie durch ein Wunder entkommen.
Man hatte ihn später wieder aufgegabelt und zurück ins Lager gebracht, von wo er auch kurze Zeit später weggeflogen wurde. Er war also endlich vom Spanieneinsatz abgezogen worden, doch zu welchem Preis? Noch heute gab er sich die Schuld dafür, daß seine Leute ums Leben gekommen sind. Hätte er besser aufgepaßt, wäre ihm die Situation verdächtig vorgekommen und wäre zumindest gewarnt gewesen, und sie hätten vielleicht überlebt. Es schien ihm irgendwie unfair, daß seine Soldaten durch seinen Fehler gestorben sind, er selber aber überlebt hatte.
Diese Einstellung hatte auch Auswirkungen auf seine Urteilsfähigkeit gehabt. Später im Training und in Gefechtssimulationen hatte er Zweifel an seinen Entscheidungen, neigte dazu, über alles mehr als nötig nachzudenken, was in falsche Handlungen im Gefecht mündete. Psychologen hatten ihm ‚posttraumatisches Streßsyndrom' diagnostiziert, auch besser bekannt als Gefechtstrauma, was schlicht und einfach bedeutete, daß man zuviel gesehen und erlitten hatte und der Geist am liebsten einfach von allem in Ruhe gelassen werden möchte. Daraufhin hatte er seine Kündigung eingereicht und den Dienst quittiert.
Doch seine Vergangenheit hatte ihn eingeholt, als sich herausstellte, daß er sich in anderen Berufen nicht so recht wohl fühlte. Schließlich war er einem alten Freund begegnet, Dennis Sterling, der es zum Captain gebracht hatte und nun eine Söldnertruppe gegründet hatte, angeheuerte Bewaffnete, die für Geld ihre Dienste zur Verfügung stellten. Natürlich hat Sterling ihm gleich angeboten, sich ihnen anzuschließen, und da Rick Gunther anderswo sowieso nicht wirklich zufrieden war, hatte er zugestimmt.
Erstaunlicherweise hatte es ihm nichts ausgemacht, wieder in den Kampf zu ziehen. Er hätte erwartet, bei der Aussicht auf einen Kampf das große Zittern zu bekommen, doch er war seitdem zu beschäftigt, um sich darum zu sorgen. Auch die Alpträume plagten ihn nicht wieder. Zumindest bis eben gerade.
Doch nun war wirklich keine Zeit, um sich darum Gedanken zu machen oder gar zu kneifen. Dennis Sterling hatte vor ein paar Tagen einen Auftrag bekommen, den sie gerade in Angriff nahmen. Ihr Auftraggeber hatte sie bezahlt, um in einem Inselstaat namens Awano, irgendwo im Atlantik, eine Kaserne zu überfallen, die dortigen Panzer und was sich sonst noch an schwerem Kriegsgerät dort befindet zu zerstören und den dortigen Militärgouverneur zu töten. Mehr hatte ihnen Sterling nicht erzählt, außer daß es ein gut bezahlter Einsatz werden würde. Achtzig Riesen für jeden, um genau zu sein. Also hatte niemand weiter nachgefragt und eiligst seine Sachen gepackt.
Rick sah auf und nickte Claus zu, der noch mit einem mitleidigen Gesichtsausdruck auf seine Reaktion wartete. "Danke Claus, ich weiß deine Mühe zu schätzen. Ich werde schon wieder, keine Sorge."
Claus sah zwar mit dieser Antwort nicht besonders zufriedengestellt aus, doch dann zuckte er mit den Achseln. "Nun gut, du mußt es wissen." Damit setzte er sich wieder auf seinen Platz, nahm sich ein Buch zur Hand und las weiter.
Rick Gunther sah sich im Helikopter, in dem sie saßen, etwas um. Er hatte kaum Zeit gehabt, sich mit den anderen Söldnern anzufreunden oder sie näher kennenzulernen. Nur ein paar wenige kannte er von früher: Sein alter Freund aus Schultagen, Captain Dennis Sterling, saß ganz vorne in der Maschine, nahe des Cockpits, und schien gerade über eine mögliche Vorgehensweise zu brüten. Sergeant Kamiru Nakamura, ein aufgeweckter Bursche, der den Anschein erweckte, als könne er mit Maschinen reden, denn anders konnte man sich sein Computerverständnis kaum erklären. Und natürlich Sergeant Major Claus Rothman, alter Saufkumpan und Kamerad, seit er beim Militär war. Eigentlich war er fast wie ein älterer Bruder für ihn gewesen, hatte ihn mit dem Soldatenleben vertraut gemacht. Doch sein fehlender Ehrgeiz ließ ihn beim Übergang zum Offiziersrang steckenbleiben, obwohl er eher das Zeug dazu hatte als er selbst, fand Rick. Den anderen wurde er nur kurz vorgestellt und hatte bisher nur wenig mit ihnen zu tun gehabt. Senior Sergeant Jacqueline DeVries, eine junge Frau Anfang zwanzig, war die Scharfschützin des Teams. Sergeant Thor Björnson, der gerade seine Routineinspektion der Waffen und Ausrüstung durchgeführt hatte, ein Hüne von fast zwei Metern Größe. Lieutenant Manuel Cordona, Überlebenskünstler in allen erdenklichen Situationen. Sergeant Ivan Serenowski, seines Zeichens Sprengmeister der Truppe. Sergeant Charlene Dooley, athletisch gebaut und beweglich wie eine Katze. First Lieutenant Giovanni Torino, ein Allroundtalent. Und Sergeant Caitlin McKyle, unter anderem zuständig für medizinische Versorgung im Feld.
Eine ziemlich gemischte Truppe, wie Rick gerade bemerkte. Doch allesamt waren sie Profis, Könner in ihrer Materie. Noch saßen sie ruhig in ihren Sitzen, manche halb vor sich hin dösend, andere einfach nur ins Leere starrend. Keiner spielte großspurig mit einer Waffe herum oder was man sonst so in Filmen sah. Wenn man sie sich so anschaute, konnte man den Eindruck gewinnen, sie wären ein Haufen ausgelaugter Soldaten, doch in Wirklichkeit sparten sie ihre Kraft für den entscheidenden Moment, wenn sie in Aktion traten, anstatt vorher ihre Energie vergeuden. Das machte wahre Profis aus. Profis, unterwegs zu einem Kommandoeinsatz. Sie würden um 3 Uhr nachts zuschlagen, der Zeit, in der statistisch gesehen der menschliche Körper die geringste Leistung bringt. Als er die Männer und Frauen um sich herum so sah, erfüllte ihn eine gewisse Zuversicht. Sie würden es schaffen.

Weniger als eine halbe Stunde noch, bis sie in Awano eintreffen würden. Manuel Cordona war sich sicher, daß sie ohne weiteres die Aufgabe bewältigen konnten. Schließlich waren sie alle durchtrainierte Veteranen. Es würde interessant werden, gegen sie anzutreten und sie gegenseitig auszuspielen, dachte Manuel verschmitzt. Und es gäbe keinen Zweifel, daß er sie überwinden kann. Er war der beste von ihnen.
Aus diesem Grunde hatte Walter Rutherford ja auch ihn damit beauftragt, die Söldner nach Abschluß der Mission der Staatsarmee zu übergeben. Und weil er keine Skrupel hatte, seine Kameraden auszuliefern, sofern das Geld stimmte.
Und die Bezahlung stimmte in der Tat. Eine halbe Million auf ein Nummernkonto in der Schweiz war nicht zu verachten. Und das einzige, was er dafür zu tun hatte, war im richtigen Moment der Regierung einen kleinen Tip zu geben und hin und wieder Meldung zu erstatten. Wie er nur so lange ohne vernünftige Unterkunft und gutes Essen auskommen sollte, war das einzige, worüber er sich Sorgen machen mußte.

"T minus drei Minuten, Captain" rief der Pilot nach hinten.
"Verstanden, Major. Danke."
In die Männer und Frauen im Helikopter kam Bewegung. Jeder holte sich seine Ausrüstung und legte sie an. Sie wechselten kein Wort, weil es nichts zu sagen gab. Sie wußten, was sie zu tun hatten.
Rick Gunther holsterte die H&K USP und hing sich seine FN M16A2 um die Schultern. Von der Funktionstüchtigkeit hatte er sich schon vor ein paar Stunden überzeugt, passende Magazine trug er in den Taschen seiner Gefechtsweste. Kehlkopfmikro und der Empfänger im Ohr saßen richtig, das Kampfmesser aus rostfreien Stahl steckte rutschsicher in der Scheide, war aber dennoch leicht herauszuziehen. Die beiden Splittergranaten waren einsatzbereit. Zuletzt zog er sich das Nachtsichtgerät über den Kopf, setzte seinen Helm auf und streifte sich seine Handschuhe zum Abseilen über.
Als er um sich schaute, sah er an den anderen eine ähnliche Ausrüstung, je nach Aufgabenbereich variierend. Sie alle trugen Tarnkleidung über ihren schwarzen Kampfanzügen. Dunkle Linien und dunkelgrüne Flecken auf hellgrünen Hintergrund waren nachts schlechter auszumachen als komplett schwarze Kleidung, mit der man in der Regel dunkler war als die Nacht selbst. Dieses Tarnmuster hingegen erzeugte einen verschwommenen Eindruck im Zwielicht. Nicht, daß sie wirklich erwarteten, daß jemand auf sie aufmerksam werden könnte, bevor es zu spät ist, doch es gehörte nun mal zur Standardprozedur.
Das Licht in der Kabine ging aus und wurde kurz darauf durch ein schwächeres, ultraviolettes Licht ersetzt. Mehrstimmiges, höher werdendes Summen füllte die Kabine und kündete vom Einschalten der Nachtsichtgeräte. Der Pilot schaltete von Lautsprecher auf Interkom.
"Positionslichter löschen", hörten sie die professionell klingende Stimme von Major Oliver van den Haag, ihrem Piloten.
"Roger, sind aus", bestätigte der Kopilot First Lieutenant Al Noonan. "Höhe dreißig Meter konstant, Entfernung acht Klicks."
"Bestätigt. T minus 40 Sekunden, Captain. Halten Sie sich bereit."
Dennis Sterling schob die Türen an den Seiten des Helikopters auf und rollte die Seile aus. Knapp unter ihnen zogen die Baumkronen vorbei, die Kufen streiften schon manch einen Wipfel. Mit gespenstischer Stille gleitete der Bell TH-1S Night Stalker durch die warme Nachtluft. Sterling und Torino nahmen an beiden Seiten Stellung, mit dem Rücken nach außen an der Kante stehend, das Seil in den Händen. Allmählich wurde der Helikopter langsamer und sank weiter hinab. Endlich standen sie, gute zehn Meter über dem Boden.
"Okay, wir sind am Ziel. In drei Stunden holen wir euch wieder ab. Viel Glück!"
Dennis und Giovanni sprangen gemeinsam rückwärts aus der Kabine. Als nächstes waren Manuel und Rick an der Reihe. Vergeblich tastete Rick nach seinem Medaillon, das unter seiner Weste war und an das er im Moment nicht drankommen konnte. Grummelnd stellte er sich an die Kante und nahm das Seil in seine Hände. Er hatte das Abseilen nie sehr gemocht. Er konnte sich nicht daran gewöhnen, sich quasi ins Leere fallen zu lassen. Vergeblich versuchte er, nicht nach unten zu schauen, doch da übernahm das Training seine Bewegungen, und zeitgleich stieß er sich ab. Schnell kam der Boden näher, das Abbremsen per Hand schien kaum etwas zu nützen. Doch bevor er wirklich Angst bekommen konnte, hatte er schon wieder den Boden unter den Füßen und er ging zur Seite, um den nächsten Platz zu machen.
Dennis und Giovanni waren bereits die Anhöhe hinauf gelaufen, hinter der sich die Kaserne befand. Er gesellte sich zu ihnen. Einen elektronischen Feldstecher vor den Augen überschaute Dennis die Szenerie. Noch schienen sie nicht bemerkt worden zu sein, die Wachen an den Toren und in den Wachtürmen standen so bequem wie immer. Sie selbst waren nur wenige Meter vom Night Stalker entfernt und hörten ihn kaum, da war es unwahrscheinlich, daß die anderen ihn gehört haben konnten. Als auch Ivan Serenowski neben ihnen lag, merkten sie nur am schwächer werdenden Wind, daß der TH-1S abgehoben hatte.
Jacqueline DeVries holte ihr Scharfschützengewehr aus der Tasche, eine Barrett M82A1 mit geschwärztem Lauf, um verräterische Spiegelungen zu verhindern, und machte sich bereit. Dennis gab das Zeichen, und der Rest schwärmte aus.
Leicht geduckt rannte Rick durch das Wäldchen den Hügel hinunter, Thor Björnson, Claus Rothman, Giovanni Torino und Charlene Dooley an seiner Seite. Die Äste peitschen ihm ins Gesicht und gegen die Brust, doch mit dem Nachtsichtgerät sah er die Nacht wie am Tag mit einem Grünstich, so daß er leicht Wurzeln und andere Unebenheiten ausmachen und rechtzeitig ausweichen konnte.
Schwer atmend kamen sie am Füße des Hügels zum Stehen. Zum Tor der Kaserne waren es noch gute zweihundert Meter über freies Feld, ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Falls sie bemerkt würden, ginge der Alarm los, und die bösen Jungs kämen aus ihren Schlafstätten. Und dann wären ihre Überlebenschancen gleich null.
"Hier Blau eins", meldete Giovanni. "Team Blau ist in Position."
"Verstanden, Blau eins. Wartet auf das Signal", gab Dennis durch. "Rot eins, wie ist ihre TakSit?"
"Keine verdächtige Bewegung im OG. Ziele sind an ihrer Position. In den Türmen links und rechts sind jeweils einer, ebenso am Tor", berichtete Jacqueline.
Gut, noch hat keiner im Operationsgebiet Verdacht geschöpft. Rick blickte auf seine Uhr: 02:58:47. Gleich müßte es losgehen. Umständlich pfriemelte aus seiner Weste sein Medaillon heraus und hielt es fest in seiner Hand.

Jacqueline DeVries klemmte sich hinter ihr Gewehr und blickte durch die Zieloptik. Als erstes würde sie die beiden im Turm aufs Korn nehmen, sie waren am gefährlichsten, weil sie einen guten Ausblick auf die Ebene vor ihnen hatten.
Die Entfernung betrug etwa zweihundert Meter, schätzte sie, ein Kinderspiel. Dies und den Wind einkalkuliert, hatte sie das Zielrohr entsprechend kalibriert und legte auf den rechten der beiden an. Aus dieser kurzen Entfernung nahm der Kopf des Zieles fast das gesamte Sichtfeld ein. Sie brachte das Fadenkreuz knapp über sein linkes Ohr. Noch einmal atmete sie tief durch und legte ihren Arm so auf den Boden, daß nur der Knochen Kontakt damit hatte und nichts den Blutfluß in ihren Arm behindern konnte. Sanft drückte sie den Abzug durch.
Mit einem unterdrückten Knall ging die Kaliber .50 Kugel auf die Reise und durchschlug den Kopf des Opfers. Lautlos sackte er zusammen, und Jacqueline schwenkte weiter links, um sich den anderen vorzunehmen. Eine weitere Kugel, und auch der zweite sank darnieder. Weiter unter ihr sah sie dunkle Schemen aus den Bäumen vorstürmen.
Die Spiele hatten begonnen.

"Es geht los! Los! Los!"
Die Gestalten in tarnfarbenen Anzügen um ihn herum erhoben sich auf Giovannis Ruf und spurteten los. Schnell kamen die Mauern vor ihnen näher. Ein Wachposten am Tor bemerkte sie erst, als sie auf wenige Dutzend Meter heran waren. Bevor er sich auch nur umdrehen konnte, traf ihn eine Kugel aus Jacquelines Gewehr, und er kippte um. Der andere konnte seine Waffe noch hochbringen, bevor ihn die Kugeln aus Giovannis schallgedämpfter H&K MP5SD gegen die Wand schleuderten. Während sich Claus an den Torkontrollen zu schaffen machte, schleiften Rick und Charlene die Leichen aus dem Sichtfeld.
Mittlerweile hatte auch Team Gelb zu ihnen aufgeschlossen. Sie hatten die Patrouille erledigt, die um die Mauern ihre Runden gezogen hatten. Mit leisem Quietschen glitt das Tor auf, und sie huschten hindurch.
Jetzt galt es vor allem, schnell zu sein. Jeden Moment konnte man das Fehlen der ausgeschalteten Wachen bemerken. Mit schnellen, aber leisen Schritten liefen sie zum Fuhrpark, wo Panzer, Truppentransporter, mobile Flaks und Artilleriegeschütze geparkt waren. Mit geübten Bewegungen plazierte Ivan die Sprengladungen so, daß sie den größtmögliche Zerstörungskraft entfalteten, auch wenn sie für einen Laien wie Rick wie zufällig plaziert aussahen.
Mit zugekniffenen Augen überblickte Rick die Umgebung. Die Lichter hier im Innenhof waren gelöscht worden, aber durch das helle Licht am Eingang war seine Nachtsicht dahin. Er hoffte, daß die anderen mehr sahen als er, denn sonst hatten sie ein großes Problem, falls jetzt Soldaten ankämen. Nervös umklammerte er sein Gewehr fester und schaute ungeduldig zu Ivan hinüber, der schon fast am anderen Ende der aufgereihten Fahrzeuge war. Das muß doch auch schneller gehen, dachte er.
Endlich kam Ivan wieder zu ihnen herüber, einen Fernzünder in der Hand. Er winkte ihnen zu, und sie machten sich auf.
Genauso lautlos, wie sie hereingekommen waren, schlüpften sie wieder hinaus. Der Vorhof lag noch genauso friedlich da, wie sie ihn verlassen hatten. Es war an der Zeit, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und der Kaserne zu bringen. Sobald sie wieder in der Sicherheit des Waldes waren, betätigte Ivan den Zünder. Hinter ihnen blühte ein riesiger Feuerball auf, der den Nachthimmel über sich in ein feuerrotes orange tauchte, als das C4 explodierte und dabei die Treibstofftanks entzündete. Kaum eine Sekunde später drang das Geräusch der Detonationen zu ihnen. Mauern barsten unter der gewaltigen Druckwelle, Splitter und Bruchstücke wurden hoch in die Luft geschleudert und landeten mit lauten Getöse wieder auf dem Boden. Wenige Sekunden später war die Kaserne nur noch ein rauchendes, loderndes Trümmerfeld.

Der erste Teil der Aufgabe wäre geschafft, dachte Manuel bei sich, als der Night Stalker zur verabredeten Uhrzeit wiederkam, um sie abzuholen. Sie hatten sich auf dem freien Feld versammelt, damit der Pilot es leichter hatte zu landen. Jetzt bestand keine Notwendigkeit, unbemerkt zu bleiben. Die einzigen möglichen Zeugen waren gewiß tot, und wenn nicht, hatten sie sicher größere Sorgen, als über den Helikopter zu grübeln, der viele hundert Meter von ihnen entfernt zu Boden ging.
Manuel kletterte als letzter in den Helikopter, knallte die Schiebetür zu, und sie hoben ab. Sie waren jetzt unterwegs nach Chitzena, einem kleinem Dorf im Norden der Insel, wo der Militärgouverneur in seiner protzigen Villa wohnte.
In der Kabine war es weiterhin still, der Auftrag noch nicht beendet, der Erfolg zu leicht errungen, um darüber groß zu reden. Sie frischten nur ihre Magazine und restliche Ausrüstung auf.
Keiner beachtete Manuel, der ein Handy herausholte und eine schon im voraus geschriebene Botschaft abschickte.

Langsam kroch die Sonne über den Hügeln empor und warf lange Schatten auf die Häuser vor ihm. Vereinzelt waren schon ein paar Menschen aufgestanden und wuselten unter ihm zwischen den Häusern herum.
Gouverneur Mark Kalmar stand auf der Terrasse vor seinem Schlafzimmer und genoß die kühle Morgenluft. Selten war er schon so früh wach, um den Sonnenaufgang zu betrachten, doch letzten Abend hatte es nicht viel zu erledigen gegeben, weshalb er früher zu Bett gehen konnte.
Gerade als er wieder ins Zimmer schritt, klopfte es an der Tür.
"Willkommen, solange du nicht der Tod bist", rief er gutgelaunt. Ein Leutnant in Ausgehuniform trat herein und salutierte zackig. "Stehen Sie bequem, Leutnant. Was gibt es denn am frühen Morgen? Hat das nicht Zeit bis nach dem Frühstück?"
Entschieden schüttelte der Leutnant den Kopf. "Tut mir leid, Gouverneur Kalmar. Aber es handelt sich um eine wirklich wichtige Angelegenheit, der Sie sich besser schnellstens annehmen sollten."
"Soso, was ist denn so wichtig, daß es nicht einmal bis zum Frühstück warten kann?" fragte er spöttisch.
"Sir, ich muß Sie davon in Kenntnis setzen, daß die Kaserne bei Meduna vollständig zerstört wurde."
Die Kinnlade des Gouverneurs klappte herunter, als er die Meldung hörte. "Wa... was? Bitte wiederholen Sie das nochmal."
"Wie ich schon sagte, Sir: Die Kaserne bei Meduna ist vollständig zerstört worden. Keine Überlebenden, alle Fahrzeuge und Waffen vernichtet."
"Und Sie sind sich sicher?" hakte Mark Kalmar mißtrauisch nach, noch immer ungläubig. "Kann es sich nicht um eine Fehlmeldung halten?"
"Tut mir leid, Gouverneur Kalmar, ich fürchte nein. Oberst Carlyle hatte sich routinemäßig um Mitternacht gemeldet. Doch der nächste Report heute Morgen um 0600 ist ausgeblieben, also haben wir eine Streife hingeschickt. Sie kamen zurück mit der Meldung, daß die gesamte Anlage dem Erdboden gleichgemacht wurde."
Fassungslos griff sich Kalmar an den Kopf. "Unfaßbar. Wie konnte das geschehen, Leutnant?"
"Nun, Sir, es sah ganz nach Einsatz von Sprengstoff aus. An zentralen Punkten des Camps wurden Sprengsätze gelegt, was man an den Trümmern erkennen konnte. Wenn Sie mich fragen, Sir, sieht das ganz nach einem Anschlag aus. Ich würde auf die Rebellen tippen."
Kalmar nickte bedächtig. Das wäre gut möglich. Er dachte, er hätte die verfluchten Rebellen unter Kontrolle gebracht, nachdem sie seit Wochen nicht mehr aktiv gewesen waren. Anscheinend schienen die Panzer sie im Zaun gehalten zu haben, so daß sie sich nicht trauten, etwas zu unternehmen. Verdammtes Rebellenpack, sie haben es auch nicht anders verdient. Wer sich gegen den Präsidenten stellt, muß zur Räson gebracht werden. Sie brechen die Gesetze und stellen sich damit außerhalb ihrer, also haben sie ihren Anspruch, auf menschliche Art behandelt zu werden, verwirkt. Es war sein Recht, nein, seine Pflicht, sie dafür zu bestrafen. Na wartet, diesen Anschlag würden sie noch bereuen!
Der Leutnant stand immer noch abwartend in der Tür. "Sie können jetzt wegtreten. Ich werde mir was ausdenken."
"Jawohl, Sir." Er salutierte noch einmal, dann drehte er auf dem Absatz herum und schloß die Tür hinter sich.

Ursprünglich hatten sie vorgesehen, mit dem Night Stalker direkt in die Villa einzufallen und das ganze Gebäude mit der 20mm M197 Vulcan Bordkanone und den Hellfire-Raketen zu bombardieren, doch auf Manuels Einwand hin, ließen sie von diesem Plan ab. Erstens wäre damit nicht gewährleistet, daß der Militärgouverneur dabei tatsächlich zu Tode käme, zweitens bestehe die Gefahr, von den Bodentruppen abgeschossen zu werden, sollten sie sich so lange über der Villa aufhalten.
Und vor allem, fügte Manuel in Gedanken dazu, könnte er nichts mit dem schönen vielen Geld anfangen, das er bekommen würde. Also mußte er sicherstellen, daß er auch entkommen konnte. Und da er ja wußte, was ihn erwartete...
Manuel mußte unwillkürlich grinsen. Wenn sie wüßten, wie sehr sie ihm alle am Arsch vorbei gingen... Noch mußte er den braven Kameraden spielen, aber sobald er sie nicht mehr brauchte, konnte er sich mit ihnen prächtig amüsieren.

Leutnant Fraser konnte nur verwundert den Kopf schütteln. Vor wenigen Minuten hatte jemand an der Tür geklingelt. Als er aufgemacht hatte, stand eine Gruppe von schwarzuniformierten Menschen vor ihm. Ihr Anführer, ein Kommandanthauptmann irgendwas-oder-so, hat ihm einen Zettel unter die Nase gehalten, daß sie auf Anordnung des Präsidenten hier wären. Es galt, Gouverneur Kalmar zu beschützen, so der Kommandanthauptmann. Der Wisch sah offiziell aus, direkt aus der Kanzlei des Präsidenten mit dem Siegel des Präsidentsberaters Elliot Sanchez. Also hatte er die Achseln gezuckt und sie hereingelassen. Professionell sahen sie aus, wie sie die Villa auskundschafteten und sich verschanzten.
Ihn verwunderte nur, warum sie das so weit entfernt vom Militärgouverneur taten, den sie doch beschützen sollten.

Sie hatten sich jetzt darauf geeinigt, vor Chitzena am Strand niederzugehen. Dort hatten sie ein Gummiboot aufgeblasen und sich hinein verfrachtet. Damit waren sie bis an die Klippen unterhalb der Gouverneursvilla herangefahren. Der Helikopter sollte die Leibwache ablenken, während sie das Ziel ausschalteten. Nach erledigter Mission würden sie wieder denselben Weg hinaus nehmen, wie sie herein gekommen sind oder von van den Haag aufgesammelt werden, je nach gegebenen Möglichkeiten.
Rick nahm die frische Meeresluft tief in seine Lungen auf. Die Wellen trieben das Boot immer wieder gegen die Klippen, vor denen sie nun lagerten. Einige Möwen waren schon wach und kreisten kreischend über ihren Köpfen. Die Klippen ragten steil vor ihnen empor und machten keinen sonderlich einladenden Eindruck. Da die Sonne aus genau der anderen Richtung kam, nämlich aus Osten, war die Wand vor ihnen in Schatten getaucht und machte das Erkennen von Konturen nicht gerade leicht. Damit stieg das Risiko, falsch aufzutreten und hinabzustürzen. Immerhin waren diese Klippen nicht allzu hoch, knapp dreißig Meter vielleicht - er mußte schon mal höhere besteigen -, doch deswegen war der Aufstieg nicht unbedingt angenehmer, gerade durch diesen Schattenbereich.
Er schluckte nochmal und umklammerte sein Medaillon fest mit der rechten Hand. Dann nahm er das Seil in beide Hände und zog sich daran hoch. Erst schien es so, als ob der Felsen, hinter dem sich der Enterhaken verklemmt hatte, nachgeben würde, doch es geschah nichts weiter. Also setzte er den Aufstieg weiter fort.
Mehrere Meter über ihm war Caitlin McKyle schon auf einem Felsenvorsprung angelangt und schoß den nächsten Enterhaken hoch. Caitlin war eine Hobbybergsteigerin, die in den Hügeln Schottlands kaum ihrem Hobby nachgehen konnte. Es war ein kleines Rätsel für sich, woher dieses Interesse kam. Woher auch immer war im Moment aber nicht weiter wichtig, es kam jetzt nur darauf an, daß sie reichlich Erfahrung hatte und eine fast reibungslose Klettertour garantierte.
Mit jedem Klimmzug rückte die weißgetünchte Terrasse über ihnen näher.

"Ja, ich weiß, was ich von Ihnen verlange, und ich weiß auch, das Sie das bewältigen können, also kommen Sie mir nicht mit solchen Ausflüchten", brüllte Mark Kalmar ins Telefon. "Ich will, verdammt noch mal, nichts weiter, als daß Sie..." Ein ohrenbetäubendes Dröhnen erklang vor dem Haus und wurde immer lauter. "Einen Moment mal", sagte er noch ins Telefon, dann legte er den Hörer beiseite und marschierte zur Terrasse an der Vorderseite des Hauses, wo er vor einigen Minuten die Schreckensnachricht vernommen hatte.
Er riß die Tür auf und brüllte: "Was zum Teufel ist das hier für ein Krach? Kann man hier nicht mal..." Die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er das Gebilde wenige Meter vor sich sah. Ein schwerbewaffneter Hubschrauber mit militärischer Tarnbemalung schwebte über der Terrasse, die Waffen auf ihn gerichtet. Ein paar Augenblicke hatte er Blickkontakt mit dem Piloten, dann schwenkte dieser ab und flog über ihn am Haus vorbei nach Norden. Ein paar Männer seiner Leibwache strömten auf das Feld vor dem Haus und eröffneten das Feuer auf den davonfliegenden Helikopter.
Mit klopfenden Herzen warf Mark Kalmar die Tür zu und wartete, daß das Gewehrfeuer draußen verstummte.

"Die Lads sin's alle auf derr annerrn Seit'. Ihrr kennt komm'n" meldete Caitlin von oben. Sie kletterten ein Stückchen weiter und streckten die Köpfe über den Rand. Die Soldaten in ihrer prächtigen Ausgehuniform der Leibwache eilten nach hinten von ihnen weg, ihnen den Rücken zugewandt. Ihre Aufmerksamkeit galt dem Night Stalker, der auf der anderen Seite der Villa seine Kreise drehte und die Soldaten nervös machte. Die Gelegenheit war günstig, niemand achtete mehr auf die Villa. Sie kletterten über das Geländer der Terrasse. Geschwind befreiten sie sich von ihrer Kletterausrüstung und warfen sie auf den weißgefliesten Boden.
Die Terrasse führte zu einem geräumigen Schlafzimmer, durch ein Panoramafenster getrennt. Ohne zu zögern hoben sie ihre Waffen und durchlöcherten das Glas, das klirrend zersprang. Die Glassplitter unter ihren Füßen knirschend rückten Charlene Dooley vor, Thor Björnson und Dennis Sterling direkt hinter sich. Die anderen folgten unmittelbar dahinter, Manuel Cordona am Schluß den Rücken sichernd.
Die drei umzingelten die einzige Tür nach innen, Dennis links, Thor rechts. Charlene kniete sich direkt davor und nickte Thor zu. Dieser langte mit der Hand aus und zog am Türgriff - und er bewegte sich nicht. Schon im Sprint befindlich, knallte Charlene gegen die Tür und stöhnte auf. Doch fast augenblicklich hatte sie sich wieder im Griff und stieß die Tür nach außen auf, nach rechts sichernd. Dennis kam hinter ihr herein und behielt den Bereich direkt vor sich im Blickfeld.
Ein hochgewachsener Mann mit ergrautem Haar und ebenso grauem Schnurrbart starrte sie völlig verwirrt an, bevor er versuchte zu flüchten.
Thor, der gerade hereinkam, stutzte noch etwas, ob das nun wirklich derjenige war, den sie suchten, als Charlene ihm sofort nachstürmte, als er aus der Tür verschwunden war. Es blieb ihnen nicht anderes übrig als ihr zu folgen.
Gouverneur Kalmar stolperte mehr die Treppe herunter und wollte schon gerade aus dem Haus rennen, als ihn ein Feuerstoß von hinten erwischte und zu Boden stürzen ließ. Er versuchte noch aufzustehen, doch Charlene jagte ihm eine weitere Salve in den Rücken, und er blieb leblos auf dem blankgescheuerten Marmorboden liegen.
Geschafft, dachte sich Rick, als er den Gouverneur in seiner Blutlache liegen sah. Jetzt mußten sie nur noch hier herauskommen.
Den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, vernahm er eine Explosion von draußen. Er warf einen kurzen Blick durch eines der unzähligen Fenster nach draußen und sah, wie der TH-1S Night Stalker in Flammen stand. Eine Seite der Maschine war komplett rußgeschwärzt, und aus dem Innerem loderte das Feuer. Die Flammenzungen leckten nach dem Rotor und zerschmolzen das Metall langsam. Ein paar Sekunden hielt sich der Hubschrauber noch in der Luft, bevor er eine weitere Detonation seinen Heckrotor abriß und er unkontrolliert trudelnd abstürzte.
Gebannt beobachtete Rick das Schauspiel, bis ihn die Erkenntnis aus seiner Starre riß. Ihre Fluchtmöglichkeit hatte sich gerade in Luft aufgelöst, und zu Fuß hier wegzukommen war ziemlich unwahrscheinlich, jetzt wo die ganze Armee hinter ihnen her sein würde. Sie waren ausgeliefert.
Das Splittern von Holz holte ihn aus seinen Gedanken. Er nahm gerade noch wahr, wie eine schwarzvermummte Gestalt durch die Tür brach und das Feuer auf Charlene eröffnete. Die Kugeln durchschlugen ihre Kevlarweste, drangen in ihren Körper und traten hinter ihr wieder aus. Verzweifelt versuchte sie, ihre Waffe zu erheben, doch die MP5 entglitt ihren kraftlosen Fingern.
In einer Reflexbewegung streckte er seine Hand in einer zwecklosen Geste nach ihr aus, als er realisierte, daß überall um ihn herum weitere Gestalten auftauchten, ihre Waffen im Anschlag. Ein Geräusch direkt hinter ihm ließ ihn herumfahren... Und er blickte direkt in eine Gewehrmündung.

Manuel hatte sich im Hintergrund zurückgehalten. Als die ersten Schüsse durchs Haus krachten, hatte er sich unauffällig in Richtung Terrasse zurückgezogen. Schnell legte er die Kletterausrüstung wieder an und überprüfte die Sicherungsringe. Als er sich gerade abseilen wollte, kam Giovanni aus dem Haus herausgestolpert. Verdammt, wenn er ihn fragte, wieso er nicht drinnen war...
"Komm schnell", rief Manuel ihm zu, "die Mission ist fehlgeschlagen. Rückzug!"
Giovanni nickte knapp und schnallte sich seine Sachen an. Manuel ließ sich schon fallen und ließ sich an der Felsenwand ab. Nach dem eiligen Abstieg landete er im Gummiboot, das immer noch mit dem Wellengang herumschwankte. Als er den Motor anließ, landete auch Giovanni neben ihm.
"Jetzt nichts wie weg hier, collega."
Der Motor heulte auf, und sie fuhren südwärts zurück zum Strand, weg von Chitzena. Während sie über die Wellen jagten, zog Giovanni seine Weste aus. Beim hastigen Abseilen war er hart gegen einen spitzen Felsen gestoßen, und er begutachtete die Stelle an der Brust. Ein übler Bluterguß hatte sich dort gebildet, der sich violett unter seiner Haut ausbreitete. Er bleckte die Zähne und entschied, daß es schlimmeres gab.
"Sag mal, collega", begann er. Manuel verdrehte die Augen. Mußte er es ihm immer so kompliziert machen? Dann drehte er sich zu Giovanni um, einen unwissenden Gesichtsausdruck aufgesetzt. "Was hattest du eigentlich auf der Terrasse zu suchen? Solltest du nicht drinnen sein, bei den anderen?"
"Dasselbe könnte ich dich auch fragen, hombré. Warum warst du nicht drinnen?"
Giovanni schwieg schuldbewußt und blickte zurück zur Villa, die sich trutzig über den Klippen erhob. Er wandte dabei Manuel den Rücken zu, und er brachte seine M4A1 hoch und eine Salve aus 5,56mm Geschossen hämmerte in Giovannis Unterleib. Giovanni stürzte vornüber auf das Boot. Manuel trat zu ihn heran, hob die Waffe etwas höher, zielte auf Giovannis schockierte Augen. Er sah in ihnen die Einsicht kommen, die Erkenntnis, daß er einen fatalen Fehler gemacht hatte, als er ihm den Rücken zugekehrt hatte, und drückte ab.
In weniger als einer Sekunde war es vorbei, und Manuel war allein auf dem Boot. Er starrte mit einem leeren Blick auf den ausblutenden Körper, und wunderte sich - nicht zum ersten Mal - warum er keine Schuld verspürte, wenn er tötete. Er hatte mal den Begriff Soziopath gehört und dachte, daß es möglicherweise zutraf. Obwohl er nicht verstand, warum die Leute das als etwas schlechtes sahen. Es war wohl eine Sache des Einfühlungsvermögens, überlegte er, und die Masse der Bevölkerung verhielt sich so, als ob die Unfähigkeit, sich mit irgendetwas verbunden zu fühlen, etwas falsches wäre.
Aber das störte ihn alles nicht, er zögerte nie, etwas zu tun, was getan werden mußte, egal was andere davon hielten. Was war daran so schrecklich? Er war eben ein Mensch, der wußte, wie er sich beherrschte. Disziplin, das war alles. Als er sich entschieden hatte, ein Söldner zu werden, hatte er Tag und Nacht mit allen erdenklichen Waffen trainiert und seine Fähigkeiten gegen die besten im Feld erprobt. Er hatte immer gewonnen, egal wie gewitzt, gefährlich, ausdauernd oder überragend seine Gegner waren, denn Manuel hatte kein Gewissen, das seine Gegenspieler behindert hatte.
Er blickte auf Giovannis Leiche. Er hatte genug Zeit mit philosophischen Fragen vertrödelt, die Arbeit wartete auf ihn.


Von Zhizhou Fang


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