Intermezzo – Hallen des Schicksals
Irgendwie
hatte da irgendetwas nicht ganz funktioniert.
Unter den
versammelten Engeln herrschte ein Streitgespräch, von dessen
Lautstärke einem sterblichen Zuhörer die Trommelfelle
geplatzt wären. Eine wilder griechischer Chor von Stimmen
brabbelte übereinander, gegeneinander, miteinander oder ganz
allgemein durcheinander. Niemand wusste so ganz genau, was eigentlich
passiert war, aber jeder hatte seine eigene Theorie, was nicht
funktioniert hatte und warum man selbst dafür nicht im
Geringsten verantwortlich war, ja sogar durch sein gesammtes Handeln
genau dieser Eventualität hatte entgegenwirken wollen. Kurz
gesagt, das Schiff sank, und man konnte sich nicht so recht einigen,
wer es denn nun gegen den Eisberg gesetzt hatte. Schließlich
trat einer der Engel aus dem Haufen und stellte sich vor die
versammelte Menge.
„Brüder!“
sprach er, was eigentlich grammatikalisch inkorrekt war, weil die
Engel in ihrer diesseitigen Form weder männlich noch weiblich
waren; aber selbst im Himmel hatte man sich schon seit Anbeginn der
Zeit nicht so richtig einigen können, wie man geschlechtslose
Wesen nun korrekt anreden sollte, und so blieb man bei der männlichen
Form. Sein Ausruf blieb allerdings unbeantwortet, da der Streit
zwischen den Engel zu dieser Stunde einem Höhepunkt
entgegenstrebte.
„Brüder!“
rief er erneut, etwas lauter. Diesmal drehten sich einige Köpfe
um, aber im Großen und Ganzen hatte auch dies keinen sichtbaren
Effekt.
„Könntet
ihr alle bitte einmal meinen Worten lauschen?“ schrie der
Engel, und jetzt endlich schenkte man ihm Aufmerksamkeit. Er dankte
mit einem leichten Nicken, tat ein paar Atemzüge, um seine
Lungen nach dem sonischen Frontalangriff wieder auszubeulen, und
begann dann mit seiner Ansprache.
„Brüder!
Ich danke euch für euer Erscheinen, und möchte euch im
Namen meines Herren, des Erzengels...“
„Komm
zum Punkt!“ rief man dazwischen. Der Engel knirschte mit den
Zähnen (was einigen Seismologen nahe Tokio Werte lieferte, die
sie auch nach zwei Wochen Auswertung nicht einmal ansatzweise
verstanden) und fuhr dann fort.
„Die
Rekrutierung des Sterblichen konnte nicht durchgeführt werden.
Eine seltsame Verzerrung der himmlischen Symphonie verschleierte sein
Schicksal und brachte den gesamten Plan durcheinander.“
„Aber
wer hat es denn nun verbockt?“
„Woher
soll ich das wissen? Ist ja eigentlich auch egal. Tatsache ist, es
hat nicht geklappt.“
„Und
was machen wir jetzt?“ schallte eine andere Stimme aus dem
versammelten Publikum.
Der Engel,
seines Zeichens Catariel genannt, zuckte die Schultern
„Gute
Frage.“
Von Gatac
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