Kapitel 4
1. Juli 1999, 15:00 Uhr, auf See vor Meduna
"Ich bin erfreut Sie zu sehen, Commander Morris." begrüßte
Deidranna ihren Gast. Vor wenigen Minuten hatte das Kanonenboot aus Tracona
neben Deidrannas Jacht festgemacht.
"Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Königin." antwortete Morris,
"Doch wir sind ja nicht hier um Höflichkeiten auszutauschen."
"Natürlich nicht. Lassen Sie uns zur Sache kommen!"
"Nun, die Regierung Traconas ist natürlich nicht ohne weiteres bereit,
Ihnen Truppen zu Verfügung zu stellen. Jedenfalls nicht umsonst."
"Ich bin, wie Sie wissen, nicht ganz unvermögend. Allerdings, lieber
Morris, habe ich Sie ja in der Vergangenheit auch unterstützt und es befremdet
mich, für Ihre Soldaten bezahlen zu müssen. Ich habe auf dem internationalen
Markt bereits Söldner verpflichtet und alle zur Zeit flüssigen Mittel
dazu verwandt."
"Ich fürchte, genau das ist der springende Punkt. Die Regierung Traconas
steht ja praktisch auf der Lohnliste von Ricci-Mining. Ricci-Mining möchte,
wie Sie wissen, gern alle Bergwerke im diesem Teil des Kontinents kontrollieren."
"Also auch die in Arulco? Lassen Sie sich gesagt sein, die Minen gehören
nur mir!"
"Aber wenn ich recht informiert bin gehört ein beachtlicher Teil davon
zur Zeit den Rebellen."
"Da haben Sie leider recht. Doch das wird sich bald ändern."
"Mag sein. Wenn es so kommt, gut für Sie. Wenn nicht, sollten Sie
einmal über eine Zusammenarbeit mit Ricci-Mining nachdenken."
"Ich frage mich, ob Sie auf meiner Seite stehen, Morris."
"Ich stehe auf meiner eigenen Seite, wie immer. Meine eigene Seite ist
die, die zahlen kann. Und das bedeutet zur Zeit natürlich: Ricci-Mining."
"Und wie könnte ein solches Abkommen aussehen?"
"Nun, wir wissen daß Sie über genügend andere Einnahmequellen
verfügen, sobald Sie die Ergebnisse ihres Forschungslabors vermarkten können."
"Das wird leider noch eine Weile dauern."
"Mag sein. Dennoch, wenn Sie zu dem Schluß kommen, daß ihre
eigenen Leute ihre Macht nicht mehr erhalten können und Sie alles verfügbare
Geld für Söldner verpulvert haben brauchen Sie mir nur eine Nachricht
zu schicken. Spätestens vierundzwanzig Stunden nachdem Sie die Minen an
Ricci überschrieben haben sind unsere Truppen da. Um Ihnen zu zeigen, daß
wir es ernst meinen habe ich bereits gestern die von den Rebellen gehaltene
Raketenstellung beschießen lassen. Und ich werde es auf der Rückfahrt
wiederholen. Doch für alles andere müssen Sie bezahlen."
"Damit verliere ich meine Einnahmequellen."
"Ricci-Mining ist darüber hinaus bereit, Ihr Forschungslabor als stiller
Teilhaber zu finanzieren. Das dürfte Ihren Lebensstil weiterhin sichern."
"Nun gut, falls der unwahrscheinliche Fall eintritt, daß wir mit
den Rebellen nicht allein fertig werden, komme ich darauf zurück."
"Eine weise Entscheidung, Königin."
"Apropos Labor. Bevor Sie abreisen möchte ich Sie noch zu einem ganz
besonderen Schauspiel einladen. Der Wachhabende des Forschungszentrums hat sich
vor einigen Tagen eine unverzeihliche Unachtsamkeit erlaubt. Heute abend wird
er in der Arena einer Bloodcat gegenüberstehen. Seien Sie mein Gast, ich
denke, das ist auch nach Ihrem Geschmack!"
2. Juli 1999, 17:00 Uhr, San Mona
Bull hatte beide Vorkämpfe bestritten und zwei von Darrens Schlägern
ausgeknockt. Es war Zeit für den Hauptkampf des Abends.
Darren Van Haussen kündigte die Kämpfer an: "Aus China: Dr.
Q. Huaong. Sein Gegner, aus Balime, Arulco: 'Quick' Rick Warren."
Rick Warren landete den ersten Treffer, mit einem weiteren Tritt holte er Dr.
Q von den Füßen. Am Boden liegend trat der Chinese seinem Gegner
in den Magen und gewann so die Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen. Er schlug
Warren die Faust ins Gesicht, doch dieser konterte mit einem Schlag in die Magengrube.
Dr. Q. versuchte noch seinen Gegner mit einem schnellen Kick von den Beinen
zu holen, doch Warren wich aus und verpaßte ihm einen gewaltigen Kinnhaken.
Der Chinese landete auf dem Rücken, sofort sprang ihm Rick Warren mit dem
Knie zuerst auf den Brustkorb. Die Rippen knackten, es war vorbei.
Doch nicht für Rick Warren. Duvalls Prämie gab es nur für tote
Rebellen. Wieder und wieder schlug er auf Kopf und Hals seines Gegners ein,
Darren Van Haussen brach den Kampf nicht ab.
Doch Bulls gewaltige Hände packten ihn und zogen ihn von seinem Opfer.
"Der Sieger, durch Disqualifikation, 'Quick' Rick Warren."
Dr. Q. würde als Kämpfer einige Zeit ausfallen.
2. Juli 1999, 21:15 Uhr, Alma
Endlich war es an der Zeit, weiterzumachen. Deidrannas Soldaten hatten Drassen
und Chitzena beschossen, sie mußten unbedingt anderweitig beschäftigt
werden. Auch wollten die Einwohner Arulcos Taten sehen.
Immerhin war M.E.R.C. wieder erreichbar, Biff und Flo waren bestellt und würden
morgen die Miliz im Westen weiter trainieren. Die kurzen Verträge von Wolf
und Barry waren zu Ende, jetzt konnten solche Aufträge wieder Specks T.
Klines Billigsöldnern übertragen werden.
Die Milizionäre von Alma, es waren inzwischen immerhin zwanzig, würden
die Stadt notfalls alleine verteidigen können, also rückten alle vierzehn
Söldner, Rebellen und Terroristen weiter nach Norden vor.
Einige Minuten beobachteten die Angreifer den Zaun im Süden der beiden
Lagerhäuser. Offenbar patrouillierten keine Wächter im Gelände,
inzwischen schien Deidrannas Personal wirklich knapp zu werden.
In der Bloodcathöhle hatten sie ein Skelett mit einem Nachtsichtgerät
gefunden. Dem Jäger hatte es nichts genutzt, aber hoffentlich nutzte es
Richard 'Slay' Ruttwen. Die drei anderen Nachtsichtgeräte hatten wieder
Jane, Buns und Grunty.
"Gehen wir wieder durchs Tor?" flüsterte Buns.
"Nein, wir schneiden einfach ein Loch in den Zaun."
Gesagt, getan. Jane kroch als erste durch ihr Loch, gefolgt von Steroid.
Als sich nichts rührte folgten alle anderen.
"Ich weiß nicht, was ich gehört habe, aber es kam von oben."
stellte Jane fest. "Slay, ich weiß, du schießt hervorragend
von Dächern herunter, aber kannst du auch auf Dächer herauf schießen?"
"Du meinst, die anderen von den Dächern herunterschießen? Ich
denke schon, allerdings habe ich damit keine Erfahrung. Welches Attentatsziel
steht schon auf einem Dach?"
"Wir sollten den Kerl leise erledigen." schlug Hitman vor, "Wenn
auf diesem Dach einer ist, ist auf dem anderen sicher auch noch ein Scharfschütze."
Für den Soldaten war Dachposten eine ungewohnte Aufgabe. Gegenüber,
auf dem anderen Dach, dieser Paul, das war ein Elitesoldat. Der war ausgebildeter
Scharfschütze und hatte sogar eine Dragunov. Er dagegen hatte nur die Ruger-Mini.
Dafür hatte er dieses UV-Nachtsichtgerät bekommen. Sündhaft teuer
und sicher sehr gut, doch für einen technischen Laien wie ihn schwer zu
bedienen.
War da unten jemand? Nein, da war ja der Zaun, das Tor war auf der anderen Seite.
Dort stand auch noch ein Elitesoldat, an dem kam keiner vorbei.
"Kein Geräusch, oder du sein tot!"
Beinahe wäre der Soldat vor Schreck gestorben. Er war so mit seinem Nachtsichtgerät
beschäftigt gewesen daß er den Mann, der hinter seinem Rücken
aufs Dach gestiegen war, gar nicht bemerkt hatte. Jetzt hatte er das Messer
an der Kehle, widerstandslos ließ er sich fesseln und knebeln.
"Das Ding ist besser als meins." stellte Slay fest und setzte das
UV-Gerät auf. Sein altes Nachtsichtgerät gab er an Dimitri weiter.
Dann krochen die beiden zur Dachkante. Vielleicht reichte ja das UV-Nachtsichtgerät
um den Posten auf dem anderen Dach, falls es ihn gab, zu entdecken.
Als Slay und Dimitri ihre Position eingenommen hatten arbeiteten sich die anderen
weiter vor. Auf der linken Seite befand sich ein kleines Wachhaus.
"Buns, Hitman, aufs Dach!" befahl Jane.
"Hitman hat kein Nachtsichtgerät." gab Buns zu bedenken.
"Aber du hast eins. Die beiden anderen brauchen wir am Boden, wer weiß
wie viele Soldaten in den Lagerhäusern sind und wie lange sie drinbleiben."
Vorsichtig spähte Buns durchs Fenster, es war niemand im Haus. Zuerst
kletterte Hitman aufs Dach, dann reichte ihm Buns sein H&K PSG 1 und ihr
Barett. Danach schwang sie sich selbst hinauf. Sie gingen in Stellung und richteten
die Waffen auf das Dach des zweiten Lagerhauses. Der Scharfschütze sollte
nur kommen.
"Steroid, check mal das Wachhaus!"
Der Pole tat wie ihm befohlen war, doch er geriet unvorsichtigerweise in den
Lichtkegel eines Fensters. Auf dem Dach fiel ein Schuß, der ihn gegen
die Tür warf. Bevor der Gegner einen zweiten Schuß abgeben konnte
sprang Bobby Gontarski in Deckung. Hoffentlich hatte der Soldat kein so gutes
Nachtsichtgerät.
Die vier Angreifer auf den Dächern hielten Ausschau, doch sie konnten
den Schützen nicht entdecken. Es fiel auch kein weiterer Schuß.
"Du hast ein Loch im Rücken, aber es blutet nicht." stellte
Gasket fest. "Die Weste könnte ich dir flicken, die Haut nicht."
"Dann ist es nur eine Prellung, weh genug tut es trotzdem, verdammt in
der Hölle!"
Dann schoß der Mann auf dem Dach erneut, direkt neben MD sackte Haywire
ohne einen Laut zusammen. Sofort griff der junge Arzt zum Verbandskoffer.
"Halt, erst muß der Schütze erledigt sein!" hielt ihn Grunty
zurück. Haywire war kein Verlust für irgendwen, außer vielleicht
für Razor, aber Dr. Michael Dawson schon.
Paul, der Scharfschütze, hatte nur die Angreifer am Boden gesehen und unter
Beschuß genommen. Doch plötzlich schoß man vom Dach des anderen
Lagerhauses auf ihn. Zwei Kugeln trafen nur die Wand dicht unter ihm, eine weitere
pfiff über seinen Kopf hinweg. Die nächste traf ihn im Brustbereich.
'Zum Glück habe diese Keramikplatte, die hält alles ab.' dachte Paul.
Da durchschlug ein Barett-Projektil eben diese Platte und alles was dahinter
lag.
Sofort nachdem der Dachposten ausgeschaltet war kümmerte sich MD um Haywire,
gerade noch rechtzeitig um ihn vor dem Verbluten zu bewahren.
"Kannst du laufen?" fragte der Arzt Haywire, als dieser das Bewußtsein
wiedererlangte.
"Klar, ich werde die Kerle gleich fertigmachen." antwortete er, sprang
auf und sank sofort wieder zu Boden. Der Blutverlust war einfach zu hoch und
die Kugel steckte noch in seinem Körper.
"Ganz langsam. Sonst bekommt dein Gehirn zu wenig Blut."
'Welches Gehirn?' fragte sich Buns, die inzwischen vom Dach heruntergestiegen
war.
"Du gehst durch das Loch im Zaun zurück in die Stadt und wartest dort
auf uns!" entschied Jane. Haywire war jetzt noch unnützer als sonst,
da sollte er nicht auch noch im Wege stehen.
Als er gegangen war stiegen Buns und Hitman auf das Dach des Lagerhauses. Der
Posten lag in seltsam verkrümmter Haltung da, das Geschoß hatte Brustbein
und Rückgrat zerschmettert. Im Arm hielt er noch sein Gewehr.
"Er hat eine schöne Dragunov." rief Buns leise den anderen Söldnern
zu.
"Razor, holst du mal das gute Stück!" sagte die Anführerin.
Hitman reichte ihm die Waffe vom Dach herunter.
"Es is' okay, nehm' ich an." meinte Razor, "Bloß, mir wär'
eine von den neuen, geilen High-Tech-Klingen lieber gewesen."
"Die ist doch auch nicht für dich!" Jane übernahm die Waffe,
sie hatte sogar Zielfernrohr und Laserpointer. Kein Wunder, daß der Soldat
so gut getroffen hatte. Jane montierte noch den Ständer ihrer SKS daran,
der Schalldämpfer von der MP5K paßte auch. Für den Nachteinsatz
war dieses Gewehr perfekt.
"Mit dem Schalter im Wachhaus kann man nur alle Türen zusammen öffnen."
berichtete Steroid, "Dann haben wir es mit allen gleichzeitig zu tun."
"Nachher!" entschied die Anführerin, "Zuerst kommt das Tor.
Slay und Dimitri sowie Hitman und Buns schleichen sich auf den Dächern
an. Wir anderen in der Mitte zwischen den beiden Häusern. Paßt auf,
daß ihr nicht in den Lichtschein der Türen kommt. Alles klar? Dann
vorwärts!"
Der Elitesoldat am Tor hatte die Schüsse gehört. Was hatte das zu
bedeuten? Von beiden Dächern war geschossen worden, aber zuletzt vom Boden.
Weder sein Kumpel Paul noch der reguläre Soldat auf dem südlichen
Dach hatten sich danach noch gerührt.
Vorsichtig spähte er in alle Richtungen. Falls die beiden tot waren würde
ihm so schnell keiner helfen, obwohl noch acht Männer in den Lagerhäusern
warteten. Doch die hatten den Befehl, nicht herauszukommen. Die meisten Wachsoldaten
hatte man in den letzten Wochen verloren wenn sie den Angreifern entgegengingen,
also sollten die mal kommen. So dachten sich das wenigstens Zane und Humphey.
Auf dem nördlichen Dach erschien jemand. Der Mann hatte einen Schnurrbart,
also war es nicht Paul. Sofort schoß der Soldat und traf die linke Schulter.
Rechts von dem Getroffenen tauchte eine Frau auf, das war mit Sicherheit eine
Rebellin. Auch ihr konnte er eine Kugel verpassen.
Dann hörte er etwa einen Meter neben sich etwas zu Boden fallen, gleich
darauf war es hell.
Obwohl er nicht wußte, daß auf dem anderen Dach ein Attentäter
lauerte, der sich aufs Schießen von Dächern aus spezialisiert hatte,
war ihm klar daß er gleich sterben würde.
Er sollte Recht behalten.
"Gut, das Gelände ist sauber. Bleiben die Häuser selbst."
"Soll ich das Barett hier lassen?" fragte Buns. Hitman war nur leicht
verletzt, doch für die Dänin war der heutige Kampftag zu Ende.
"Nein, nimm es ruhig mit! Jetzt brauchen wir vor allem automatische Waffen."
antwortete Jane. Die Munition für das Barett war im Moment zu kostbar für
den Nahkampf. Es lag zwar noch welche in Drassen, Bobby Ray's hatte sie geliefert,
aber die mußte erstmal geholt werden.
Also kehrte nach Haywire auch Buns in die Stadt zurück.
Eine halbe Stunde später folgte der Rest der Truppe. Obwohl beide Lagerhäuser
erobert wurden konnte man die Aktion nur als Mißerfolg werten.
Zunächst hatte Meltdown ein Loch in die Stirnseite des nördlichen
Gebäudes gesprengt. Erwartungsgemäß kam es zu einer Schießerei
mit herauslaufenden Soldaten. Zwar wurden etliche von ihnen getroffen, doch
dann zogen sie sich ins Innere des Gebäudes zurück. Sie verschanzten
sich zwischen Kisten und Ölfässern während die Söldner unter
Lebensgefahr durch das relativ kleine Loch in der Wand eindringen mußten.
Es kam wie es kommen mußte, statt 'ein paar Lämmchen zu schlachten'
wurde Bill 'Razor' Lamont selbst zum Opferlamm. Die Söldner hatten ihren
ersten Toten zu beklagen.
Um nicht noch mehr Kameraden zu verlieren schossen sie nun die Ölfässer
in Brand, die zahlreichen Explosionen waren für die Soldaten verheerend,
für die gelagerten Ausrüstungsgegenstände aber leider auch.
Zu allem Überfluß traf Dimitri dann auch noch einen großen
Tank in direkter Nähe der Söldner, Grizzly und Hitman würden
in den nächsten Tagen wohl sehr viel Brandsalbe benötigen.
Trotzdem konnten sie dieses Lagerhaus zu guter Letzt erobern. Es waren vermutlich
nicht viel mehr als fünf Verteidiger gewesen. Jetzt lagen sie tot, mit
grauenvollen Brandwunden, zwischen den Resten der gelagerten Güter.
Unproblematischer verlief die Operation am südlichen Lagerhaus. Nachdem
die Angreifer die Tore mit dem Schalter im Wachgebäude öffneten gaben
die Soldaten hervorragende Ziele für die Scharfschützen auf dem gegenüberliegenden
Dach ab. Zwei von ihnen starben, der dritte konnte verletzt entkommen.
Die Angreifer erlitten keine weiteren Verletzungen.
Trotz einiger guter Waffen, meist Kaliber 7.62, war die Ausbeute enttäuschend.
4. Juli 1999, 18:00 Uhr, San Mona
Eigentlich hätte Dr. Q. Huoang San Mona schon verlassen haben sollen,
doch während des heutigen Kampfes würde er noch Bulls Rücken
decken. Danach mußte er sich auf den Weg zur westlichen Raketenbasis machen
und darauf hoffen keinen Bloodcats oder Soldaten zu begegnen.
Die Basis war heute morgen erneut von dem Kanonenboot beschossen worden. Für
die Miliz wurde dringend ein Trainer gebraucht, und da zwei Faustkämpfer
unnötig waren und Dr. Q. außerdem verletzt war wurde er geschickt.
Er wußte, daß sein Einsatz in den Extremkämpfen nicht sehr
effektiv gewesen war und rechnete nicht mit einer Verlängerung seines Vertrages.
Da die Soldaten die Städte und Raketenstellungen immer wieder beschossen
mußten immer wieder Söldner vor Ort sein, um die Moral der unerfahrenen
Milizionäre zu stärken.
Gestern morgen waren gleich drei Miliztrainer in Chitzena angekommen, alle
von Specks Billigtruppe. Biff und Flo würden hier neue Rekruten anwerben,
Gumpy dagegen würde sich, zusammen mit einigen jungen Leuten aus Chitzena,
gleich auf den Weg zur Raketenstellung machen. Da er eigentlich ein heller Bursche
war konnte ihm Dr. Q. sicher das eine oder andere beibringen was ihm später
vielleicht einmal das Leben retten konnte.
Inzwischen waren die Kämpfer soweit. "Aus Irland: John 'The Bull'
Peters."
Bull stieg zuerst in den Ring.
"Sein Gegner, aus Balime, Arulco: 'Quick' Rick Warren."
Mit einer Schnelligkeit, die niemand dem bulligen Iren zugetraut hätte,
stürmte John Peters auf seinen Gegner zu und beförderte ihn übers
oberste Ringseil wieder nach draußen. Warren hatte sich noch nicht mal
in Position stellen können. Er landete weich auf Stacy, die etwas übergewichtige
Kamerafrau war die einzige die in diesem Kampf Schmerzen erleiden mußte.
Da Rick Warren den Ring verlassen hatte war Bull der Sieger.
Wenige Minuten später hatte Bull noch zwei weitere Siege über Darrens
Kämpfer errungen und anschließend den Klub verlassen. Wie immer nach
den Kämpfen stattete er der 'Shady Lady' einen Besuch ab.
"Das war wohl nichts, Rick." stellte Darren fest.
"Das war nicht fair." protestierte Warren.
"Fair geht's hier nur selten zu. Aber das mußt du doch schon bei
deiner letzten Niederlage vor ein paar Monaten bemerkt haben."
"Das schon." Damals hatte nicht viel gefehlt und er wäre zum
Eunuchen geworden. "Aber, trotzdem ..."
"Willst du es noch mal versuchen?"
"Natürlich. Und diesmal wir der Kampf erst gestoppt wenn einer tot
ist."
"Einverstanden. War nett, dich gekannt zu haben."
"Wie wär's mit jetzt gleich?"
"Blödsinn! So etwas will vorbereitet sein, zu einem Kampf auf Leben
und Tod werden die Zuschauer in Scharen kommen. Stacy, ist die Kamera noch heil?"
"Die Kamera? Ja. Danke der Nachfrage. Und ich lebe auch noch, gerade so."
4. Juli 1999, 22:00 Uhr, Alma
Lautlos lagen die Angreifer vor dem Zaun des Militärgefängnisses
von Alma auf der Lauer. Sie wußten nicht, ob hier zur Zeit überhaupt
jemand einsaß, doch für die geplante Eroberung des östlichen
Hauptquartiers und Trainingsgeländes von Deidrannas Soldaten war es strategisch
sehr wichtig. So könnte ein Angriff von Osten und von Süden her erfolgen.
Sie waren noch zu zwölft, Haywire hatte das Team, mehr oder weniger freiwillig,
verlassen. Es war besser, er kurierte seine schwere Verletzung zu Hause aus.
"Es scheint nur diesen einen Posten zu geben." stellte Grunty fest.
Der Soldat, ein dürrer Kerl von schätzungsweise dreißig Jahren,
lief ständig im gleichen Rhythmus zwischen der Wand des Gefängnisses
und dem Zaun auf und ab. Besonders aufmerksam war er nicht, sonst hätte
er die Söldner vermutlich durch sein Nachtsichtgerät erspähen
können.
Das Schneiden eines Loches in den Zaun hätte er allerdings mit Sicherheit
bemerkt, also war es nicht möglich, den Mann lebend zu überwältigen.
Grunty führte als Zweitwaffe eine MP5SD mit integriertem Schalldämpfer
mit. Als der Wächter das nächste mal an ihm vorbeilief gab er in kurzer
Folge fünf gezielte Schüsse ab (keine Salve, um nicht mit einer verirrten
Kugel gegen die Wand unnötige Geräusche zu machen). Der Soldat fiel
tot zu Boden, ohne noch irgendein Geräusch zu machen.
Jane schnitt ein Loch in den Zaun, einer nach dem anderen schlüpfte hindurch.
Keiner wagte auch nur zu flüstern, vermutlich stand ein Posten auf dem
Dach des Gebäudes. Sie waren hier an der südwestlichen Ecke, der Eingang
befand sich auf der anderen Seite.
Jane nickte Grunty zu und zeigte auf die Wand. Sofort schlich der Deutsche dort
hin und machte sich bereit, sich aufs Dach zu schwingen. Doch bevor ihm weitere
Söldner folgen konnten fiel plötzlich ein Schuß. Der Soldat
hatte die Eindringlinge erspäht.
Offenbar hatte keiner der Söldner den Dachposten im Visier, jedenfalls
schoß niemand zurück. Ohne auf Verstärkung zu warten erklomm
Grunty das Dach.
Der Soldat war völlig überrascht und Grunty gab sofort eine Salve
seiner MP5SD auf ihn ab. Gleichzeitig sprangen am Boden Hitman und Slay auf
und feuerten dahin wo sie den Posten vermuteten. Sie konnten keinen Zufallstreffer
landen, statt dessen konnte der Gegner noch einmal abdrücken bevor ihm
Gruntys zweite Salve den Garaus machte.
Steroid schwang sich zu Grunty aufs Dach und gab ihm Deckung, es konnte ja sein
daß noch ein zweiter Posten da war. Jetzt konnte der deutsche Söldner
seine Verletzung versorgen, die Kugel hatte ihn nur an der Schulter gestreift.
Steroid übernahm das Nachtsichtgerät des Dachpostens, Hitman das
des anderen Toten. Gasket bekam die Schlüssel der Soldaten, er sollte als
Türöffner fungieren.
Slay, der Experte für Schüsse von Dächern aus, stieg zu Grunty
und Steroid hinauf. Die anderen machten sich auf den Weg zum Eingang.
"Was war das?" fragte der verwundete Minenaufseher besorgt. Das Gefängnis
war zum Lazarett umfunktioniert worden, Soldaten wegen irgendwelcher Kleinigkeiten
in den Bau zu stecken konnte man sich in der derzeitigen Situation nicht leisten.
"Sie greifen schon wieder an." sagte Abbott, der andere Patient des
Lazaretts.
"Glauben Sie wirklich? Was wollen die denn mit dem Gefängnis?"
"Ich fürchte, die wollen jeden Winkel des Landes erobern, und heute
ist dieser hier dran. Wissen wir schon was draußen vor sich geht?"
wandte sich der Zahlmeister der Sanitäterin zu, die gerade den Raum betrat.
"Die Posten antworten nicht, ich fürchte, die haben sie bereits umgebracht.
Macht euch lieber zum Kampf bereit, wahrscheinlich versuchen sie ins Gebäude
zu kommen!"
Das Gebäude war hufeisenförmig, die Öffnung befand sich im Osten.
Diese Öffnung war allerdings durch einen Stacheldrahtzaun gesichert, die
einzige Tür befand sich an der Stirnseite des Nordflügels.
Die Angreifer machten einen weiten Bogen und näherten sich kriechend dem
Zaun.
Buns entdeckte den ersten Posten auf dem Innenhof, doch der Barettschuß
traf ihn nicht voll. Sofort zog sich der Mann zurück. Als er sich in Sicherheit
wähnte erschoß ihn Bobby 'Steroid' Gontarski vom Dach aus.
"Stan, was ist ...?" rief der Sergeant, als er den Wächter leblos
am Boden liegen sah. Die Rebellen lagen also vor dem Zaun und beschossen den
Hof. Geduckt rannte er zu ihm. Daß auch auf dem Dach Rebellen waren fiel
ihm erst auf als eine Salve 7.62 Hohlspitzgeschosse in seinem Körper einschlug.
"Soll ich probieren, ob ein Schlüssel an der Tür paßt?"
fragte Gasket.
"Wenn du lebensmüde bist, gern." antwortete die Anführerin,
"Natürlich nicht! Die Tür ist schmal, dahinter kommt vermutlich
ein langer Gang. Da können sie uns in Ruhe abknallen. Nein, wir versuchen
es erst einmal über den Innenhof. Meltdown, MD und Ira!"
"Ja."
"Ihr sichert die Tür, nur für den Fall daß einer herauskommt.
Wir wollen ja nicht daß uns jemand in den Rücken fällt. Wir
anderen gehen über den Hof, Slay und die anderen können auch vom Dach
herunterkommen."
"Sie sind schon im Haus, was sollen wir nur tun?" jammerte George,
der Minenaufseher.
"Wahrscheinlich wär's besser, wir geben das Gefängnis auf."
erwog Leutnant Nelson, der Kommandant der Anstalt, "Ich habe nur noch drei
Wärter, alle ohne besondere Kampferfahrung. Die Wachsoldaten hatten diese
Erfahrung, trotzdem konnten sie die Typen nicht aufhalten. Andererseits, wenn
wir uns verschanzen ..."
Leutnant Abbott hatte immer noch die Kasse, in der allgemeinen Aufregung hatte
niemand daran gedacht sie im Hauptquartier einzuschließen. 'Wenn ich hier
lebend rauskomme mache ich mich aus dem Staub.' dachte er. Es schien ja immer
so weiter zu gehen, die Rebellen rückten vor und die Soldaten starben.
Mit dem Geld konnte er sich nach Tracona absetzen.
Die Frage war nur: Wie sollte er lebend herauskommen?
Der Nordflügel war sauber, weder auf dem Gang noch in einem der Unterkunftsräume
hatte sich ein Soldat aufgehalten.
Vorsichtig probierte Gasket die verschiedenen Schlüssel, die die Söldner
den getöteten Wachposten abgenommen hatten. Hinter ihm standen Steroid,
Hitman und Meltdown bereit.
"Ich glaub' ich hab's auf." flüsterte Gasket.
"Dann nichts wie rein!" sagte Hitman, "Aber leise."
Die Mac-10 in der Hand öffnete Gasket die Tür und sprang hinein. Der
dahinter kniende Gefängniswärter war völlig überrascht und
hatte bevor er reagieren konnte bereits zehn Kugeln im Leib.
Der Weg zum Südflügel war frei.
Das war die Lösung!
Eine doppelte Reihe von Sauerstoffflaschen stand an der Außenwand, Leutnant
Abbott schoß das ganze Magazin darauf ab. Es gab einen gewaltigen Knall
und der Weg nach draußen war frei.
Neben Abbott, dem verwundeten Bergwerksaufseher George und der Sanitäterin
machten sich auch zwei Gefängniswärter aus dem Staub.
Nelson hatte sich in den Zellentrakt zurückgezogen. Wo blieben die anderen?
Er hatte eine Explosion gehört, möglicherweise hatten die Rebellen
ein Loch in die Wand gesprengt. Waren sie eingedrungen und hatten Abbott und
die anderen überwältigt? Doch es war nicht geschossen worden. Hatten
sich die anderen ergeben?
"Verdammt!" Die Rebellen waren bereits im großen Speisesaal,
direkt vor dem Zellentrakt.
Einer feuerte sofort eine MP-Salve auf ihn ab. Nelson kniete sich hin, gerade
noch rechtzeitig. Eine Kugel pfiff über ihn hinweg und riß ein riesiges
Loch in die Wand hinter ihm.
Nelson wußte, daß die Lage hoffnungslos war. 'Einen erwisch' ich
noch!' dachte er. Bereit zu feuern stand er auf - und war zu langsam. Das nächste
Barett-Geschoß riß ein riesiges Loch in ihn.
"Alles sauber! Jetzt haben wir sogar ein Gefängnis für die Schweine."
Ira war zufrieden. "Vielleicht sollten wir die Gefangenen jetzt endlich
vor Gericht stellen."
"Das hat Zeit. Erstmal muß alles durch Milizen gesichert werden.
Waffen müßten genug da sein." antwortete Jane.
...
Leutnant Abbott hatte die anderen Fliehenden aus den Augen verloren. Statt weiter
in nördliche Richtung zu flüchten wandte er sich gen Westen. Irgendwo
würde er schon auf eine Farm treffen wo er seine Uniform gegen Zivilkleidung
eintauschen konnte. Dann würde er sich bis nach Drassen zum Flugplatz durchschlagen
und in Richtung Tracona verschwinden. In Alma dachte man sicher, die Rebellen
hätten ihn doch noch erwischt.
Nachdem er einen knappen Kilometer von der Stadt entfernt war setzte er sich
um einige Minuten zu verschnaufen.
Gerade als er wieder aufstehen wollte packte ihn jemand von hinten. Er sah das
Messer, das sich seiner Kehle näherte. Bevor er reagieren konnte verspürte
er bereits den Schnitt, er sah sein eigenes Blut spritzen und wußte daß
sein Leben vorbei war.
Zufrieden wischte Enzo sein Messer am Hosenbein des Toten ab. Es war gar nicht
so leicht gewesen, den Zahlmeister in der Dunkelheit nicht aus den Augen zu
verlieren, doch es hatte sich gelohnt.
6. Juli 1999, 19:15 Uhr, Alma
Fast zwei Tage waren seit der Eroberung des Gefängnisses von Alma vergangen,
Tage die zum Aufstellen einer Miliz genutzt worden waren. Heute morgen hatten
sich Jane, Grizzly, Grunty, Dimitri, Steroid und Meltdown auf den Weg nach Drassen
gemacht. Sie wollten die dortige Miliz verstärken und außerdem die
bestellte Munition, besonders für das Barett, abholen.
Biff und Flo hatten das Team wieder verlassen müssen, die Miliz im Westen
des Landes wurde noch von Q. und Gumpy trainiert.
Hier in Alma waren die verbliebenen sechs Teammitglieder mit dem Training der
frisch angeworbenen Milizionäre sowie der Reparatur der Ausrüstung
beschäftigt. Standort waren die Lagerhäuser, wo sich zur Zeit das
Waffendepot der Rebellion befand.
"Eine bessere Chance bekommen wir nicht." sagte Sergeant Pruitt, als
er die Lagerhäuser durch sein Fernglas beobachtete, "Noch ist die
Rebellenmiliz schwach, aber sie trainieren ständig."
"Gut." antwortete Leutnant Underhill. Die fünfzehn Soldaten waren
gerade von der erfolglosen Suche nach dem Wissenschaftler zurückgekehrt.
"Sie nehmen sechs Mann und nähern sich dem Tor. Ich greife mit den
anderen direkt aus nördlicher Richtung an und beschäftige die Rebellen.
Erst wenn die Schießerei richtig begonnen hat greifen Sie an und dringen
durch das Tor ins Gelände ein!"
"Alarm!" schrien alle, eigentlich überflüssig, denn der
Schuß war Laut genug. Ein junger Milizionär sank tödlich getroffen
im nördlichen Lagerhaus zu Boden. Die Kugel kam von außerhalb des
Geländes durch ein großes Loch in der Wand, das die Explosion der
Benzinfässer gerissen hatte.
Sofort rannten Milizionäre herbei, hinter den Bäumen knieten mehrere
Soldaten und nahmen das Gebäude unter Beschuß.
Richard 'Slay' Ruttwen hatte als erster das Dach erklommen, er erblickte einen
Soldaten zwischen den Bäumen und legte sich hin. Vorsichtig kroch er zur
Dachkante um sein M-14 in Stellung zu bringen.
"Puh, das war knapp!" Ira, die sich zusammen mit MD, Gasket und zahlreichen
Milizionären im nördlichen Lagerhaus befand, konnte gerade noch in
Deckung springen. Zwei Milizionäre wurden verwundet. Die Verteidiger schossen
zurück, zunächst erfolglos.
Auch Gasket, der einen Soldaten direkt am Zaun erblickte, versuchte sein Glück.
doch die Salve seiner Mac-10 ging daneben. Statt dessen erschossen die Angreifer
vor seinen Augen zwei weitere Milizionäre.
Ein weiterer Verteidiger verblutete am Zaun. Auch ein anderer, der ihm helfen
wollte, wurde erschossen.
MD nahm mit der SKS den Soldaten unter Beschuß, auf den auch Gasket schoß.
Er traute sich allerdings nicht weit vor und schoß lieber ins Blaue hinein.
Leutnant Underhill war zufrieden, die Rebellen waren offenbar völlig überrascht.
Sie rannten wie aufgescheuchte Hühner umher und ließen sich wie die
Hasen abknallen. Der Plan schien aufzugehen, doch plötzlich sank einer
seiner Männer tot zu Boden. Ein Scharfschütze auf dem Dach hatte ihn
erwischt. Und auch die Milizionäre im Haus schossen nicht nur daneben,
eine verirrte Kugel traf einen Corporal in die Kehle.
Buns warf ihr Barett aufs Dach und kletterte hinterher, auch Hitman kam angerannt.
Er war allerdings nicht der flinkste.
"Duck' dich, hier geht's rund!" begrüßte Slay die Kameradin.
Er hatte zeitweise gleich fünf Angreifer im Blickfeld. Doch bevor er einen
weiteren Gegner erwischen konnte traf ihn eine Kugel in die Schulter. Er ließ
sein Gewehr liegen und kroch einige Meter zurück. Erst hier konnte er sich
etwas aufrichten und sich um seine Verletzung kümmern. Der Knochen schien
heil zu sein, die Blutung war nicht allzu schlimm. Also versuchte er sich an
einem Verband, der es erlaubte weiterzukämpfen. Jetzt wurde jeder Mann
gebraucht.
Inzwischen näherte sich Sergeant Pruitt mit seinen Männern dem Tor.
Drei Milizionäre waren herausgeeilt, doch jetzt waren es nur noch zwei.
Gleich darauf bekam auch schon der zweite eine Kugel in den Kopf. Nur der dritte
kam zum Schuß und konnte einem Soldaten eine Kugel in den Arm jagen. Doch
dann starb auch er, gegen sieben Soldaten konnte er nichts ausrichten.
Doug 'Gasket' Milton schoß was der Lauf seiner Mac-10, für den er
extra eine Verlängerung gebastelt hatte, hergab. Doch genau wie MD, Ira
und die Milizionäre schoß er vor allem auf gut Glück. Wenigstens
brauchten sie nicht mit Munition zu sparen, außer 7.62 NATO und den 50ern
fürs Barett war alles reichlich vorhanden. Gasket lag flach auf dem Bauch
und hoffte, nicht getroffen zu werden. Die Soldaten schossen ja auch nur blindlings
in das Gebäude. Er hatte auch eine Kevlarweste, mittlerweile hatten alle
Söldner welche, soweit sie nicht mit noch besseren ausgerüstet waren.
Doch ein panzerbrechendes Geschoß durchschlug die Weste und seine Wirbelsäule.
'Oh Gott, ich bin gelähmt.' dachte er, dann verlor er das Bewußtsein.
Ira feuerte so schnell sie konnte mit ihrer SPAS-15 während MD versuchte,
den Verwundeten zu erreichen. Doch es war kein herankommen, soeben bekam auch
wieder ein Milizionär eine Kugel in den Arm. Unerreichbar für den
Arzt starb Gasket, doch vermutlich war es das Beste für ihn. Er wäre
mit Sicherheit für immer gelähmt geblieben.
Endlich hatte auch Hitman das Dach erklommen.
"Kriecht zur Stirnseite!" rief Slay ihm und Buns zu, "Sie wollen
durchs Tor."
Inzwischen waren vier weitere Milizionäre todesmutig zum Tor gerannt, und
einer von ihnen bezahlte diesen Mut auch sofort mit dem Leben.
Sergeant Pruitt war mit dem Angriff zufrieden, ein Rebell nach dem anderen
sank getroffen zu Boden, während von seinen Männern nur einer leicht
verletzt war. 'Ohne mein Zureden hätte dieser Underhill doch nie den Angriff
gewagt.' dachte er. In wenigen Minuten würden sie die Rebellen überrannt
haben, dann war ihm eine Beförderung sicher. Er sah sich schon als Offizier,
nur den Söldner auf dem Dach sah er nicht. Es war Hitman, der den ehrgeizigen
Sergeanten ins Jenseits beförderte. Den Tod eines weiteren Milizionärs
konnte allerdings auch er nicht verhindern.
Während sich Hitman auf die Soldaten konzentrierte, die sich dem Tor zu
nähern versuchten, orientierte sich Buns in nördliche Richtung. Hinter
den Bäumen konnte sie den Feind nur erahnen, keine Chance für einen
gezielten Treffer mit dem Barett. Also gab sie mit ihrer MP5K eine lange Salve
dorthin ab, wo sie die Köpfe der Soldaten vermutete und traf tatsächlich
einen davon.
Auch Hitman hatte das Scharfschützengewehr beiseite gelegt und schoß
Sperrfeuer mit der Maschinenpistole. Wenn die Soldaten aufs Gelände kamen
war alles zu spät.
Nach Sergeant Pruitts Tod hatte Corporal Valdes das Kommando über den Angriffstrupp
übernommen. Gerade hatte einer seiner fünf Männer einen weiteren
Rebellen erschossen. Ernsthafte Gefahr ging nur von den Scharfschützen
auf dem Dach aus. Wie zur Bestätigung krachte auf dem Dach ein Barettschuß
und Valdes hatte nur noch vier Soldaten. Ein weiteres Geschoß dieser Waffe
schlug dicht neben einem dunkelhäutigem Soldaten in einen Baum.
Die Soldaten mußten in Deckung gehen und wagten sich nur noch kriechend
vorwärts.
"Wir müssen hier raus und mit aufs Dach, Ira." sagte MD, "Nur
von dort haben wir eine Chance."
Die beiden rannten zur westlichen Tür. Von dort hofften sie gefahrlos aufs
Dach zu kommen. Als sie oben waren hatte die Schießerei aufgehört.
"Es sind noch welche in diesem Gebiet." sagte Slay, der seine Wunde
versorgt hatte und statt der M-14, die unerreichbar am Dachrand lag, jetzt eine
FA-MAS durchlud die er schon vorher auf dem Dach deponiert hatte. Er war auf
alles vorbereitet, darum überlebte er solche Situationen.
Gleich darauf entdeckte Hitman einen Soldaten, der zum Tor schleichen wollte.
Er schoß ihn nieder, konnte ihn allerdings nicht töten.
Zwischen den Bäumen waren noch etliche Angreifer, ohne viel zu sehen schossen
die fünf.
"Verdammt, wir stecken fest." Leutnant Underhill hatte bereits fünf
Tote und mehrere Verletzte zu verzeichnen und trotz einer großen Zahl
getöteter Rebellen war an ein Durchkommen nicht zu denken. Die Soldaten
schossen auf die Rebellen auf dem Dach, einen trafen sie sogar, doch weiter
kamen sie nicht. Wie konnte man die Kerle nur ausschalten. Vorsichtig hob Underhill
den Kopf. Nicht vorsichtig genug für den erfahrenen Attentäter Richard
Ruttwen. Der ehemalige Zahlmeister von Drassen war tot bevor er auf dem Boden
aufschlug.
Ihres Führers beraubt zog sich der Rest seiner Männer zurück.
"Wir haben's geschafft." freute sich MD.
"Dann mach dir um mich mal keine Sorgen." sagte der am Boden liegende
Hitman, "Ich bleib' einfach liegen und verblute 'n bißchen."
"Gar nichts machst du!" MD hatte schon den Arztkoffer bereit, "So
schlimm ist die Wunde gar nicht, blutet halt nur stark. Ich habe allerdings
keine Ahnung wie wir dich vom Dach herunter bekommen, du bist ja nicht gerade
ein Leichtgewicht."
"Werd' nicht frech, komm erst mal in mein Alter!"
"Ich geb' mir Mühe."
Inzwischen waren Buns und Ira heruntergeklettert. Die Bilanz war schrecklich,
Gasket und elf Milizionäre waren tot, etliche andere verwundet. Deidrannas
Armee hatte dagegen gerade halb so viele Männer verloren.
"Wir brauchen unbedingt Verstärkung." drängte Ira, "Ich
weiß, daß Jane das Geld für den Sturm auf Meduna auf die hohe
Kante legt, aber so sehen wir Meduna nie."
"Wir haben doch Zugang zu A.I.M." schlug Buns vor, "Für
den Fall das Jane etwas passiert. Also holen wir uns ein paar zusätzliche
Trainer für die Miliz."
"Wen schlägst du vor?"
"Ice, der war doch schon am ersten Tag dabei." antwortete Buns, "Und
damit die Männer überhandnehmen nehmen wir noch Flo dazu."
7. Juli 1999, 12:00 Uhr, Farm östlich von Cambria
"Ich frage mich, ob das wirklich ein geeigneter Ort für ein illegales
Benzinlager ist, Cesar." stellte Enzo fest.
Die Farm machte einen durchweg heruntergekommenen Eindruck, heruntergekommene
Häuser, heruntergekommene Ställe mit heruntergekommenen Kühen
und heruntergekommene Menschen mit heruntergekommenen Zähnen.
"Hierher kommt nicht mal die Armee." antwortete Cesar, "Keiner
wagt es, sich mit den Leuten anzulegen."
'So wie die aussehen, saufen sie uns das Benzin noch weg.' dachte Enzo.
"Was sind das für Typen, Dad?" fragte Darrel Hick seinen Vater
Daryl.
"Irgendwelche Wichtigtuer aus der Stadt. Der eine war neulich schon mal
da, da hat er Bier und Schnaps spendiert. Ich denke, sie sind in Ordnung, ich
meine, für jemand der nicht zur Familie gehört."
"Hauptsache, sie bleiben von den Kühen weg."
"Ja, das muß mal gesagt werden." bestätigte Danny Hick.
"Genau!" bestätigte sein Zwillingsbruder Denny.
"Hauptsache, alle bleiben von den Kühen weg."
"Ich hab gehört, die wollen ein Spritlager einrichten." wußte
Donovan Hick.
"Da müssen wir nicht mehr nach Cambria in die Kneipe." schlußfolgerte
Danny Hick.
"Genau!" bestätigte sein Zwillingsbruder Denny.
"Doch nicht solchen Sprit." belehrte sie Donovan, "Benzin."
"Da müssen sie aber Geld haben!" mischte sich Dexter Hick ein.
"Viel Geld." vermutete Darrel.
"Sehr viel Geld." steigerte Danny.
"Genau!" bestätigte sein Zwillingsbruder Denny.
"Vielleicht über hundert Dollar." schätzte Dewey Hick. Noch
größere Beträge konnte er sich nicht vorstellen.
"Warum fragen wir sie nicht?" schlug Daisy Hick vor.
"Nein, nein und nochmals nein!" schimpfte Enzo. "Da können
wir das Geld genausogut in die Jauchegrube werfen, falls die eine haben."
"Aber ..."
"Nichts aber! Ich habe das Geld besorgt, ich entscheide. Wir verschwinden
und suchen uns was anderes."
"Hi, ich bin Daisy!"
"Ja, und du stinkst aus dem Maul wie die Kuh aus dem Loch. Na und?"
antwortete Enzo.
"Ich glaub', du solltest etwas netter zu ihr sein." flüsterte
ihm Cesar zu.
"Zu der?" Enzo sah sie verächtlich an. Ein dreckiges Mädchen
in einer dreckigen Latzhose. Ihre Zähne, etwa jeder zweite war noch vorhanden,
waren teils gelb und teils schwarz. Das hinderte sie allerdings nicht daran,
ihm eine Art Lächeln zu schenken.
"Was schert mich die?"
"Aber DIE sollten dich scheren!"
Ein halbes Dutzend Männer näherte sich, genauso dreckig, genauso stinkend,
in genauso dreckigen Latzhosen. Vermutlich mit genauso schlechten Zähnen,
aber mit Sicherheit mit Schrotflinten. In der näheren Umgebung standen
noch mindestens ein halbes Dutzend weitere.
"Das sind ihre Brüder." sagte Cesar.
"Alle?" fragte Enzo zurück.
"Was weiß den ich ob das alle Brüder sind oder ob es noch mehr
davon gibt. Jedenfalls sind es doch genug, oder?"
"Genug wofür? Uns umzulegen?"
"Oder unser Benzin zu bewachen."
"Bestimmt nicht. Komm, Cesar, wir gehen!"
"Nicht so eilig!" Hinter ihnen stand plötzlich Daryl Hick, "Ich
glaube, wir haben einen Deal."
"Nein, haben wir nicht! Was immer Cesar euch gesagt hat gilt nicht mehr."
"Gut, dann gilt sonst auch nichts mehr." antwortete Hick.
Bevor die beiden ehemaligen Fabrikaufseher begriffen was geschah krachte ein
Dutzend Schrotflinten.
7. Juli 1999, 13:45 Uhr, Alma
Weniger als zwei Tage nachdem sie und Biff mal wieder gefeuert worden waren
war Florence Gabriel schon wieder in Arulco. Diesmal hatte sie der Hubschrauber
im Osten des Landes, in Alma, abgesetzt. Und diesmal war ihr Begleiter nicht
Biff Apscott, sondern Ice Williams. Es war kein M.E.R.C.-Mann sondern einer
von A.I.M., der Organisation von der Biff sehr wenig hielt. Doch Flo konnte
nicht wählerisch sein und sie arbeitete auch mit ihm gern zusammen. Hauptsache,
ihr flogen keine Kugeln um die Ohren.
Biff war damit beschäftigt, neue Mitglieder für M.E.R.C. aufzutreiben,
immerhin waren in den letzten Tagen zwei von ihnen, Razor und Gasket, gefallen.
Außerdem war letzte Nacht ein gewisser Richard Ruttwen, den sie nicht
kannte, der aber ein hervorragender Schütze sein sollte, spurlos verschwunden.
Er hatte nur eine Woche zu den Söldnern gehört. Die anderen sprachen
davon, daß sein Kopf zehntausend Dollar bei einem Burschen namens Carmen
Dancio einbringen würde.
Flo erschauderte wenn sie daran dachte daß sie ihn vielleicht heimlich
umgebracht und enthauptet hatten.
'Niedriger man kann nicht sinken, Abschaum der Menschheit!' dachte die Französin,
doch auszusprechen wagte sie es nicht.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht, von der Theorie als Buchhalterin im Waffenhandel
in die Praxis zu wechseln?
Ihr Auftrag war, gemeinsam mit Ice Milizen zu trainieren. Sie hatte Stahlhelm
und Kevlarweste bekommen, dazu eine Mac-10. Sie hoffte allerdings, weiterhin
ums Kämpfen herumzukommen. Ice Williams hatte eine H&K 21 mit Laserpointer
und Zielfernrohr. Damit schoß er notfalls auch für zwei.
Die beiden machten gerade Mittagspause als im Süden der Stadt, einige
hundert Meter entfernt, Schüsse zu hören waren. Das konnte nur eins
bedeuten: "Sie greifen uns an!"
Es waren etwa zwanzig Milizionäre in der Stadt, alle rannten sofort los.
Auch Ice schnappte sein Gewehr und rannte so schnell er konnte. Flo griff sich
ihre Maschinenpistole und rannte so langsam sie konnte hinterher. 'Hoffentlich
erledigt jemand die Feinde bevor ich da bin.' dachte sie.
Kurz bevor Ice den Ort des Kampfes erreicht hatte legte er sich hin und robbte
weiter. Er wußte nicht wieviele Soldaten es waren und ob sie gute Schützen
waren, doch sie hatten anscheinend schon mehrere Milizionäre niedergeschossen.
Doch als er ankam hatten die Verteidiger bereits die Oberhand gewonnen und die
Soldaten waren auf der Flucht. Einem der Fliehenden konnte Ice noch das Lebenslicht
ausblasen, dann war die Schlacht vorbei.
Die frisch ausgebildeten Milizionäre hatten sich gut geschlagen, doch
leider hatten drei von ihnen ihr Leben verloren, zwei Männer und eine Frau.
Fünf waren verwundet, doch keiner schwer.
Die Angreifer hatten fünf Männer verloren, das dürfte etwa die
Hälfte der Einheit gewesen sein. Einer der Toten, ein Sergeant, hatte eine
Steyr AUG, ein anderer einen M79-Granatwerfer. Die Armee tat wieder mal alles
um die Rebellen mit guten Waffen auszurüsten.
7. Juli 1999, 18:00 Uhr, Alma Hauptquartier
'Ob ich meine Familie jemals wiedersehe?' fragte sich Sergeant Krott. Der neunundzwanzigjährige
Berufssoldat war als Experte für die Wartung schwerer Waffen in der Armee.
In letzter Zeit waren ja einige neue Waffentypen angeschafft worden, die zum
Teil hier in Alma waren. Andere wurden bereits von der Eliteeinheit erprobt.
Krott stammte aus Alma, der Stadt des Militärs, und hatte schon zu Enrico
Chivaldoris Zeiten in der Grenztruppe gedient. Er war dann ausgeschieden, doch
vor einem Jahr hatte man ihn zurückgeholt. Er wußte, daß es
gefährlich gewesen wäre, sich zu weigern, außerdem war die Bezahlung
nicht schlecht. Da er nur im Innendienst tätig war hatte sein Ansehen bei
den Menschen in Alma nicht darunter gelitten, schließlich mußte
ja jeder sehen wo er blieb.
Krott war froh, nicht der neuen Angriffseinheit zugeteilt worden zu sein, die
der General aufgestellt hatte nachdem sowohl die auf fünfzehn Mann verstärkte
Ostpatrouille als auch die zu Hilfe gerufene Südostpatrouille von den Rebellen
geschlagen worden waren.
Diese Einheit bestand aus den neun noch einsatzfähigen Soldaten beider
Patrouillen, verstärkt durch elf weitere Männer. Geführt wurde
sie vom Kommandeur der Südostpatrouille, der Kommandeur der östlichen
war ja ebenfalls tot.
Doch damit gab es in Alma selbst nur noch die beiden verbliebenen Elitesoldaten
sowie einige leicht- bis mittelschwer verwundete Soldaten und versprengte Minen-
oder Gefängniswächter. Und natürlich ihn und die 'Obrigkeit',
vom General bis zum Funker.
Allen, außer vielleicht dem General, war klar, daß mit einem Angriff
der Rebellen zu rechnen war. Darum waren auch die neuen Waffen mit Sprengfallen
versehen worden, die aus der Ferne gezündet werden konnten.
Das alles sprach ja nicht dafür, daß man damit rechnete, den letzten
Rest von Alma noch lange zu halten.
7. Juli 1999, 19:00 Uhr, San Mona
Nach drei Tagen war es so weit, der 'Kampf auf Leben und Tod' stand bevor.
Es waren so viele Zuschauer wie nie zuvor nach San Mona gekommen. Kingpin machte
ein Riesengeschäft, das war sogar den Verlust des Publikumsmagneten Bull
wert. Abgesehen davon, wenn er tot war würde Rick Warren die Massen anziehen.
Und mit Sicherheit würden auch die Rebellen einen neuen Mann schicken.
Der würde Bull rächen wollen, und für diesen Kampf würden
sie den Ring sicher ins Freie stellen müssen um alle Zuschauer unterzubringen.
Der Kampf begann und Warren konnte Bull tatsächlich mit zahlreichen Schlägen
und Tritten in die Enge treiben. Mit einem Tritt zum Kinn schickte er ihn auf
die Bretter. Doch Bull rollte sich aus dem Ring, heute war ja alles erlaubt.
Er verschnaufte kurz und stieg dann wieder in den Ring.
Während er durch die Seile stieg trat Warren so stark er konnte von unten
gegen das mittlere Seil, dieses traf Bull dort wo es am meisten schmerzte. Doch
da es kein Stahlseil war war der Effekt geringer als erhofft und Bull konnte
statt dessen Warren einen Schlag in die Rippen versetzen. Ein weiterer Hieb
in die Magengrube nahm Rick die Luft, ein Kinnhaken schickte ihn auf die Bretter.
Maurice Duvall, der sich unter das Publikum gemischt hatte, sah seinen Mann
zu Boden gehen. Bevor der Ire nachsetzen konnte warf Maurice eine Schnapsflasche
nach ihm. Das verschaffte Warren die Zeit, wieder auf die Beine zu kommen. Doch
es sollte Duvalls einziger Eingriff bleiben, sofort richteten sich mehrere Waffen
auf ihn.
"Nur den Kämpfern ist heute alles erlaubt." belehrte ihn Darren
Van Haussen, "Das Publikum darf auch diesmal nicht dazwischenschießen."
Rick Warren hatte seine Chance ergriffen, nach einigen Schlägen hing Bull
in den Seilen. Warren nahm Anlauf für den entscheidenden Schlag.
Doch Bull hatte noch ein As im Ärmel, beziehungsweise in der Hosentasche.
Es war eine Handvoll Murmeln die Rick Warren zu Fall brachte. Bull sprang mit
dem Knie voraus auf seinen Brustkorb. Zahlreiche Schläge zum Kopf raubten
ihm das Bewußtsein.
Darren hatte damit gerechnet, daß Bull seinen Gegner nicht unbedingt
töten würde. Doch ein Kampf auf Leben und Tod war versprochen, also
mußte einer sterben. Außerdem hatte Rick ja Kingpin enttäuscht,
und das konnte man niemandem durchgehen lassen.
Darren stieg, begleitet vom Türsteher Spike, in den Ring. Beide knieten
neben dem Geschlagenen nieder, Van Haussen versperrte dem Publikum die Sicht,
unbemerkt brach Spike das Genick des Mannes.
"'Quick' Rick Warren ist tot." verkündete Darren Van Haussen,
"Der Sieger ist John 'The Bull' Peters."
"Sie werden einen anderen Kämpfer finden müssen." sagte
Kingpin zu Maurice Duvall.
"Das werde ich, darauf können Sie sich verlassen." antwortete
der Offizier. Er hatte diese Möglichkeit mit eingeplant und hatte schon
eine Vorstellung, wer Bull als nächstes herausfordern würde. Der würde
sich noch wundern...
8. Juli 1999, 23:30 Uhr, Alma
Vor wenigen Stunden waren Jane Doherty und die anderen aus Drassen zurückgekommen.
Sie hatten das zweite Barett, Munition und viele Ausrüstungsgegenstände,
darunter Gasmasken und medizinisches Gerät, mitgebracht. Außerdem
hatten sie die sieben Gefangenen aus Drassen nach Alma überführt,
im Militärgefängnis konnten sie sicherer verwahrt werden.
Jetzt war es an der Zeit, Deidrannas Schergen aus dem letzten Teil Almas zu
vertreiben. Ira, Flo und MD blieben in der Stadt, die anderen neun schlichen
sich von den Lagerhäusern in westliche Richtung. Ein Späher hatte
beobachtet, daß etwa zwanzig Soldaten das Gelände mit unbekanntem
Ziel verlassen hatten, daher hofften die Rebellen die wenigen verbliebenen Gegner
ohne viel Aufsehen erledigen zu können.
Das Hauptquartier der regulären Truppe war ein hufeisenförmiges Gebäude,
die Öffnung zeigte nach Süden und war durch einen Stacheldrahtzaun
gesichert. Ob dieser Zaun Fallen hatte war nicht bekannt. Es war zwar nach bisherigen
Erfahrungen unwahrscheinlich, doch nicht auszuschließen.
Südlich des Hauptquartiers lag das Trainingsgelände. Das war zwar
uninteressant, doch möglicherweise patrouillierten dort Soldaten.
Der Eingang zum gesamten Militärkomplex war auf der westlichen Seite, dort
befand sich auch das Wachhaus. Der gesamte Komplex war natürlich eingezäunt.
Jane Doherty hatte eine günstige Ecke im Nordosten des Komplexes ausgesucht,
sie schnitt ein Loch in den Zaun und schlüpfte hindurch. Grunty und Buns
folgten ihr.
Auf dem Dach war natürlich ein Posten, durch das Lauschmikro war er gut
zu hören. Er mußte ganz nah sein, die drei preßten sich an
die Wand und wagten kaum zu atmen.
Dann entfernten sich die Schritte wieder. Jane zeigte mit dem Daumen nach oben,
gleichzeitig und ohne ein Geräusch zu machen zogen sich die drei aufs Dach
und legten sich flach auf den Boden. Alle drei hatten Nachtsichtgeräte,
Jane hatte ihre schallgedämpfte Dragunov, die beiden anderen verfügten
über Maschinenpistolen mit Schalldämpfer. Ihre schweren Waffen hatten
sie am Boden gelassen.
Der Posten war nicht zu sehen, offenbar war er allein und mußte das gesamte,
ziemlich große Dach absichern.
Nach etwa einer Minute kam er zurück, durch die Nachtsichtgeräte
gut zu erkennen. Es war ein schon etwas älterer Soldat mit großer
Erfahrung. Immer wieder spähte er in östliche Richtung, zu den Lagerhäusern
die jetzt in Rebellenhand waren. Er achtete auch darauf, für einen möglichen
feindlichen Scharfschützen am Boden kein Ziel abzugeben.
Nur mit einem feindlichen Scharfschützen auf seinem Dach rechnete er nicht.
So konnte alle Erfahrung sein Leben nicht retten.
Die anderen Angreifer stiegen nun ebenfalls aufs Dach und brachten auch die
schweren Waffen mit. Während Hitman, Buns und Ice auf dem Dach blieben
und das Gelände im Auge behielten ließen sich die anderen auf den
Innenhof herunter. Von hier aus führten Türen in beide Seitenflügel.
"Den westlichen zuerst." entschied Jane.
Soldat Thompson war froh, nicht der Einheit zugeteilt worden zu sein die draußen
im Wald und Sumpf nach den Rebellen suchte. Er hatte ja schon gegen sie gekämpft
und wußte, daß er Glück hatte, noch zu leben. Vor knapp zwei
Wochen war er leicht verwundet worden, darum durfte er Wache schieben. Es war
gleich Mitternacht, er mußte den Posten auf dem Dach ablösen. Er
öffnete das Rolltor zum Hof - und blickte in sechs Gewehrläufe.
Thompson tat das richtige, nämlich gar nichts, und ließ sich widerstandslos
fesseln und knebeln.
Geduckt rückten die Angreifer vor und konnten wenig später auch noch
zwei weitere Soldaten auf die gleiche Weise gefangennehmen.
Dann drangen sie in einen Raum mit Computer und Aktenschränken vor, wahrscheinlich
das Büro des Kommandanten. Es schien keiner da zu sein, plötzlich
hörten sie verdächtige, aber irgendwie auch vertraute Geräusche
aus der äußersten Ecke. Meltdown und Dimitri schlichen hin, und tatsächlich,
da vergnügte sich ein Liebespaar. Der Mann war vielleicht Mitte bis Ende
zwanzig, ein schlanker, dunkelhaariger Typ. Die Frau war etwas älter, so
um die dreißig. Beide waren, natürlich, nackt. Die Uniformen, die
sie ordentlich abgelegt hatten, verrieten daß sie Soldaten waren. Was
sollten sie auch sonst sein? Allem Anschein nach war er Offizier und sie Sanitätssoldatin.
Die Waffen hatten die beiden allerdings griffbereit.
Dimitri holte die Wurfmesser hervor und blickte Meltdown fragend an.
Die schüttelte den Kopf und grinste diabolisch. Sie holte zwei schwere
Handgranaten hervor, entfernte jeweils den Stift und schob sie ganz vorsichtig
unter die Uniformen. Die kleinste Bewegung reichte aus um sie scharf zu machen.
Dann schlichen die beiden zurück. "Wenn sie bis zum Ende der Schlacht
da bleiben muß es echte Liebe sein." flüsterte Meltdown.
General Theo Humphey hatte noch spät in der Nacht zu tun. Er stand an den
Karten und überlegt sich eine Strategie, wie die Rebellen zu schlagen seien.
Doch ihm fiel nichts neues ein.
Es war jederzeit mit einem Rebellenangriff zu rechnen, darum hatte er die Waffenkammer
verminen lassen und einen Fernzünder mit einem Schalter in seinem Kartenraum
verbunden. In der Kammer waren auch die wichtigen Unterlagen, besonders solche
die das Geheimlabor betrafen. Mit diesen Dokumenten könnten die Rebellen
sogar Orta, das auf keiner Karte verzeichnet war, finden. Darum hatte der General
auch seinen Soldaten eingeschärft, um jeden Preis die Explosion auszulösen,
falls es den Rebellen gelänge, ins Gebäude zu kommen.
Plötzlich öffnete sich die Tür zu Captain Zanes Büro und
mehrere Personen drangen ein. Bevor der Elitesoldat, der dem General als Leibwächter
diente, reagieren konnte, hatten ihn bereits mehrere Salven aus schallgedämpften
Maschinenpistolen durchsiebt.
Theo Humphey war kein Held, sofort verschwand er unter seinem Kartentisch. Wie
konnten die Rebellen unbemerkt eindringen, wo waren Zane und die Wachposten?
Zum Glück kam eine Elitesoldatin herein, die letzte Überlebende aus
der vierköpfigen Eskorte des Generals. Sie begriff sofort und schoß.
Die Rebellen schossen zurück, die Soldatin zog sich zurück ohne den
Schalter, der die Waffenkammer zerstören sollte, drücken zu können.
Doch die Schüsse waren laut, endlich wurde Alarm ausgelöst. Sofort
kam Fähnrich Adams, der Funker, doch auch ihn hinderten die Schüsse
der Angreifer am Auslösen der Explosion.
"Was ist nur so besonderes an diesem roten Knopf?" fragte Grizzly.
Schon wieder riskierte ein Soldat sein Leben um an ihn zu kommen, doch das Sperrfeuer
der Rebellen ließ ihn nicht herankommen.
Zwischen den Aktenschränken im Büro waren zwei Explosionen und zwei
Schreie zu hören.
"Die haben die längste Zeit ..." bemerkte Meltdown, "...
verkehrt!"
Einer der beiden Gefängniswärter schaffte es bis zum Schalter - und
wurde erschossen bevor ihn drücken konnte. Der zweite bekam eine Kugel
in den Arm und zog sich zurück. Ein weiterer Soldat versuchte es noch einmal
und wurde verwundet.
Danach nahmen die Verteidiger Vernunft an und riskierten ihr Leben nicht mehr
für einen sinnlosen Befehl.
"Wen haben wir denn da?" Grizzly hatte den General entdeckt.
"Es war mir klar, daß ihr kommen würdet." sagte der Kommandeur
der arulcanischen Armee, "Aber ihr werdet nicht gewinnen. Deidranna hat
Meduna gut befestigt. Spätestens dort ist Schluß für euch. Und
sie bauen neue Waffen in Orta, Waffen, wie ihr sie noch nie gesehen habt. Waffen,
die euch den Garaus machen werden."
"Warum erzählst du uns das, du schleimiges Arschloch?" fragte
Meltdown.
"Weil ihr sowieso gleich sterben werdet!"
Der General war allein, die Angreifer waren sechs. Dennoch, seine G3A3 war auf
die Köpfe der Söldner gerichtet, einen würde er mit Sicherheit
mit in den Tod nehmen. Vielleicht sogar zwei, wenn er gut war.
Grizzly ließ es nicht darauf ankommen. "Ich denke, wir sollten verhandeln."
sagte er und warf seine Waffen zwischen sich und dem General auf den Boden.
Unter den Waffen war auch eine Betäubungsgranate aus der er unbemerkt den
Stift gezogen hatte.
Als sie explodierte sanken Grizzly und der General bewußtlos zu Boden.
Grizzly hatte fünf Kameraden, der General nicht.
Einige Minuten später war der Söldner wieder bei Bewußtsein,
da schmorte General Humphey bereits in der Hölle.
Sergeant Krott war froh, daß die Schießerei vorbei war. Er sollte
die Waffenkammer bewachen und wenn jemand in den Notschalter drückte flogen
nicht nur die Waffen in die Luft, sondern auch er.
Als die Rebellen in die Waffenkammer eindrangen stand er bereits mit erhobenen
Händen da und ergab sich.
Neben Krott waren nur noch der völlig betrunkene Minenwächter George
und Leutnant Gillitt im Gebäude, alle anderen waren tot oder geflohen.
Conrad Gillitt war ein ungarischer Söldner und kein offizieller Angehöriger
der arulcanischen Armee. Er fungierte als Ausbilder und hatte sich nicht an
der Verteidigung beteiligt, da dies nicht in seinem Vertrag stand.
Da sein Auftraggeber, der General, tot war und das Ausbildungsgelände sich
jetzt in Rebellenhand befand betrachtete er seinen Vertrag als erledigt. Er
schloß allerdings sofort einen neuen Vertrag ab, diesmal mit den Rebellen.
Hitman, Buns und Ice schossen noch hinter den Fliehenden her. Einige wurden
verwundet, doch alle kamen davon.
Damit war die Schlacht zu Ende, Alma war frei.
Die Beute umfaßte unter anderem LAWs und Mörser, Spectra-Schutzausrüstungen
und Zielfernrohre.
Die Gefangenen kamen zu den anderen ins Gefängnis, nur Sergeant Krott durfte
sich, nachdem Matt Duncan ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte, der Miliz
anschließen.
9. Juli 1999, 10:00 Uhr, Meduna, Hauptquartier
"Es ist mir eine Ehre und eine Verpflichtung, eure Hoheit." sagte
Cloe Nazarro.
"Das ist es. Nun, wo Sie Generalin sind, wie gedenken Sie vorzugehen?"
"Ich werde meine Elitesoldaten verstärkt einsetzen. Wir werden den
Rebellen zunächst den Geldhahn abdrehen, ihre Verbindungswege kappen, Angst
und Schrecken verbreiten. Zurückerobern folgt später."
"Nun gut. Wenn Sie Erfolg haben mache ich Sie zur zweitreichsten Frau in
Arulco. Wenn Sie versagen ist es besser, Sie kehren nicht zurück."
"Ich habe bereits einen Plan. Als erstes ist Alma dran."
10. Juli 1999, 6:00 Uhr, Straßenkreuzung nordwestlich von Alma
Fähnrich Adams war nicht wohl bei der Sache. Entgegen der sonst üblichen
Praxis hatte man die vier Verwundeten der geflohenen Besatzung von Alma nicht
nach Cambria ins Hospital gebracht. Sie waren gleich hier notdürftig versorgt
worden und sollten genau hier, an der Kreuzung der Straßen nach Drassen,
Cambria und Alma, warten. Lediglich Adams und zwei Soldaten waren als Bewachung
eingeteilt.
"Wir sind der Köder." hatte der Hauptfeldwebel, der einer der
Verwundeten war, gesagt.
Der Rest der kombinierten Ost/Südost-Patrouille, achtzehn Mann, wartete
für den Feind unsichtbar in der Nähe.
Das alles hatte sich dieser Duvall von der Elitetruppe ausgedacht, dessen Spezialeinheit
auch in der Gegend war. Was deren Aufgabe war hatte man den regulären Soldaten
allerdings nicht verraten.
Dimitri, Ira, MD, Flo und Conrad waren in Alma geblieben, um Milizionäre
zu trainieren und Ausrüstungen zu warten. Die anderen acht Söldner
waren ausgerückt, nachdem größere Truppenbewegungen (für
arulcanische Verhältnisse waren dreißig Mann eine große Militäreinheit)
im Nordwesten der Stadt beobachtet worden waren.
"Es sind Feinde in der Nähe." stellte Jane fest. Die Spuren waren
nicht zu übersehen.
Gleich darauf entdeckten sie den ersten Soldaten. Der bärtige Mann, relativ
alt für einen einfachen Soldaten, patrouillierte auf und ab als würde
er etwas bewachen.
Wie auch immer, er bemerkte die Söldner erst als sie direkt vor ihm standen.
Er leistete keinen Widerstand und kniete sich wie befohlen hin. Grizzly schlug
ihn bewußtlos.
"Was ist das hier, der Klub der unrasierten?" fragte Meltdown. Der
zweite Wachposten war ein junger Bursche, ebenfalls mit Vollbart. Ihm ging es
genau wie dem ersten.
Ein dritter hatte nicht so viel Glück, er bemerkte die Angreifer zu früh
und wurde von Grunty erschossen.
"Alarm!" schrie Fähnrich Adams, "Die Rebellen sind da."
Sofort nahmen die Rebellen die Soldaten unter Feuer, der verwundete Gefängniswärter
erlitte eine weitere Verletzung. Der verwundete Hauptfeldwebel konnte sich gerade
noch in Sicherheit bringen, während der verwundete Soldat es vorzog, sich
zu ergeben.
Adams hingegen schaffte weder das eine noch das andere, ein Feuerstoß
aus Ice Williams' H&K 21 durchschlug seine Kevlarweste und tötete ihn
auf der Stelle, gerade als die in Bereitschaft liegenden achtzehn Soldaten ankamen.
"Das werden immer mehr bad boys." stellte Ice fest, während er
einen der herausstürmenden Soldaten mit 7.62 Projektilen durchlöcherte.
Einen weiteren konnte er nicht voll erwischen.
"Ziehen wir uns lieber zurück." entschied Jane.
Die Soldaten kamen aus nördlicher und östlicher Richtung, also wandten
sich die Söldner zunächst in Richtung Westen.
3 ½ Stunden später:
"Wir müssen schnellstens zurück nach Alma. Im Gelände stehen
unsere Chancen gegen eine Übermacht schlecht, besonders am Tage."
Die Söldner hatten sich einige Stunden verstecken können, jetzt hofften
sie, daß sich die Soldaten verteilt hatten, um sie zu suchen. Doch die
Hoffnung erfüllte sich nicht, an der Stelle, an der die letzte Schießerei
stattgefunden hatte, gerieten sie in einen Hinterhalt. Gleich von mehreren Seiten
wurden sie unter Beschuß genommen.
Steroid konnte den ersten Soldaten, offenbar den Anführer, aufs Korn nehmen.
Er ging auch zu Boden, doch wahrscheinlich ohne größere Verletzung.
Den Nächsten konnte Hitman niederschießen, doch das Hohlspitzgeschoß
richtete auf die große Entfernung wenig Schaden an, natürlich hatte
auch dieser Soldat eine Weste an.
Doch Hitman hatte damit seinen Standort verraten, jetzt schlug bei ihm eine
Kugel ein. Sein linker Oberarm war durchschossen und blutete stark.
Wenigstens hatte der Schütze damit ebenfalls seinen Standort verraten und
Jane Dohertys Dragunov fügte ihm eine ähnliche Verletzung zu.
Einem anderen Soldaten konnten Steroid und Grunty das Lebenslicht ausblasen.
Es tauchten aber immer mehr Soldaten auf. Sie schossen was die Läufe hergaben
und blieben dabei in Deckung. Selbst Buns mit ihrem Barett konnte ihnen nichts
anhaben.
Es wurde verdammt eng, und es gab nur eine Rückzugsmöglichkeit: die
Wüste.
Obwohl sie sich damit weit von Alma entfernten und obwohl Hitman sehr viel Blut
verloren hatte traten die Söldner die Flucht in südwestliche Richtung
an. Sie hatten zwar einige Wasserflaschen, dennoch war es sehr riskant.
"Folgen wir ihnen?" fragte Corporal Valdes.
"Nein." antwortete Leutnant Buchanan, der Anführer der Einheit,
"Wir lassen sie ein wenig dursten und warten auf eine günstige Gelegenheit.
Hauptsache, sie kommen nicht zurück nach Alma bis die anderen fertig sind."
11. Juli 1999, 12:30 Uhr, Alma
Keith Hanson, genannt Blood, hätte sich tausend Orte vorstellen können
an denen er lieber wäre. Der vierunddreißigjährige Afroamerikaner
war sogar einmal Mitglied des Afrikanischen Nationalkongresses in Südafrika
gewesen, ein begeisterter Freiheitskämpfer. Jetzt war er ein desillusionierter
Söldner, der von einer Agentur an Leute mit Geld vermittelt wurde, die
irgendeinen Privatkrieg zu führen hatten. Und da ja in der Regel die Unterdrücker
das Geld hatten stand man als Söldner gewöhnlich auf der falschen
Seite.
Bei seinem Eintritt in die Association of International Mercenaries hatte er
zur Bedingung gemacht, nicht in Afrika zur Unterdrückung von Schwarzen
eingesetzt zu werden. Also war er hier in Arulco gelandet, im Kampf einer Regierung
gegen eine Rebellenarmee. Sicher, in solchen Konflikten war häufig schwer
festzustellen, wer die größeren Halsabschneider waren. Dennoch, wer
sich einer Rebellenarmee anschloß hatte meist gute Gründe.
Wie auch immer, die Einheit zu der Keith Hanson gehörte kämpfte für
die Regierung.
Die Einheit bestand aus sieben Personen. Kommandeur war ein Captain Duvall,
ein noch recht junger Mann, Blood schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Er machte
einen ruhigen und kultivierten Eindruck, doch Blood wußte, daß er
rücksichtslos tötete wenn er es für nötig hielt. Duvall
war allerdings kein wirklich guter Kämpfer. Doch dafür gab es ja Mike.
Dieser Mike, von dem Blood schon viel gehört hatte, war ein Spitzenkämpfer
auf nahezu allen Gebieten. Daneben gehörten zwei weitere A.I.M.-Söldner
zum Team, der praktisch fast unsichtbare Kyle 'Shadow' Simmons und der erfahrene
Straßen- und Messerkämpfer Jean-Pierre 'La Malice' Viau. Daneben
gab es einen jungen Mann namens Ralph Morris. Er behauptete, der beste Schütze
von Arulco zu sein. Nummer sieben war eine gewisse Wanda Cole, eine Elitesoldatin
die bis vor kurzem zur Eskorte des Generals gehörte. Den General hatten
die Rebellen getötet, genau wie die anderen drei Mitglieder seiner Eskorte,
darum war sie eher zufällig in Duvalls Einheit gekommen. Sie war eine erfahrene
Kämpferin, dreiunddreißig Jahre alt, groß und muskulös,
die braunen Haare militärisch kurz geschnitten. Ob sie irgendwelche speziellen
Fähigkeiten mitbrachte war Blood nicht bekannt, doch nützlich war
sie sicher.
Keith Hanson selbst war ein erfahrener Dschungelkrieger und Nahkämpfer,
besonders gut mit jeder Art von Messern. Man hatte ihn vermutlich verpflichtet,
da es darum ging, leise vorzudringen. Die Rebellen waren in der Überzahl,
doch das sollte ihnen nichts nützen.
Eigentlich wollte Sergeant Krott nichts mehr mit dem Militär zu tun haben,
doch jetzt war er auf Bitten von Matt Duncan Milizkommandeur geworden. Er wußte,
daß viele Menschen in Alma sterben würden wenn Deidranna die Stadt
je zurückbekam, auch für ihn als Deserteur würde die Luft dann
sehr dünn.
Seine Einheit, die die eigentliche Stadt schützen sollte, bestand aus zwanzig
Personen. Es waren größtenteils Männer um die zwanzig, doch
auch einige ältere mit Familie, so wie er. Frauen waren in der Miliz von
Alma sehr selten, Krotts Einheit gab es gerade mal zwei.
Maurice Duvall hatte sich entschlossen, zunächst nur mit seiner siebenköpfigen
Spezialeinheit anzugreifen. Die Patrouilleneinheit aus Balime stand zwar bereit,
doch wollte er unnötiges Aufsehen vermeiden. Die Bauern meldeten Truppenbewegungen
meist sofort an die Rebellen weiter, da konnte Eileen Harrows' Truppe so viele
potentielle Sympathisanten liquidieren wie sie wollte. Durch derlei Grausamkeiten
bekamen die Rebellen nur noch mehr Zulauf.
Duvall wußte, daß Shadow bereits irgendwo zwischen den Rebellen
stecken mußte. Gut getarnt lag er gewöhnlich im Gras oder hinter
irgendeinem Schutthaufen.
Fast ebenso unauffällig näherten sich Malice, Blood und Wanda, bereit,
die ersten Wachposten lautlos zu töten.
Duvall selbst bildete mit den beiden Scharfschützen Mike und Ralph die
Nachhut. Sobald die Rebellen etwas bemerkten würden sie aus sicherer Deckung
das Feuer eröffnen.
Kyle 'Shadow' Simmons hatte die geeignete Stelle in der Stadt gefunden. Der
Angriff erfolgte aus südwestlicher Richtung, also würden die alarmierten
Milizionäre zu einem beachtlichen Teil genau an dieser Hausecke vorbei
müssen. Weit und breit war nur ein einziger Posten zu sehen. Wegen der
Mittagshitze hatte er sich in den Schatten zurückgezogen, das Gewehr zwischen
den Knien saß er auf einem Hocker und döste vor sich hin. Es war
ein Bursche von vielleicht zwanzig Jahren, wahrscheinlich hatte er vor ein paar
Minuten noch zu Hause bei seiner Mutter am Mittagstisch gesessen. Oder sie wartete
bereits auf ihn, doch das spielte keine Rolle. Mitleid mit dem Feind hatte sich
der erfahrene Söldner längst abgewöhnt. Blitzschnell war Shadow
hinter ihm und warf ihm eine Drahtschlinge um den Hals. Noch während er
ihm erdrosselte zog Shadow den Milizionär um die Hausecke. Er legte den
Toten und sein Gewehr hinter dem Haus ab, hier würde ihn so schnell keiner
finden.
Dann bereitete er die Sprengladung vor. Er war zwar kein Experte in diesen
Dingen, doch Mike hatte es genau erklärt. Er legte die Ladung an der Hausecke
ab und verdeckte sie mit allerlei Unrat. Mit dem Sender für die Fernzündung
in der Hand wartete er auf den Angriff.
Zehn Minuten waren vergangen, Shadow war hoffentlich soweit. Blood blickte sich
um, Malice und Wanda waren bereit. Das erste Ziel würden vier Milizionäre
sein die vor einer Garage herumstanden. Malice näherte sich mit dem Kampfmesser
dem jungen Burschen ganz links, Wanda richtete ihre schallgedämpfte Mac-10
auf den Mann ganz rechts um die Salve dann weiter nach links zu ziehen. Blood
nahm in jede Hand eines seiner Wurfmesser. Jetzt war keine Zeit für Skrupel,
Blood schnellte hoch und warf das erste Messer. Es traf den jüngeren der
beiden mittleren Milizionäre in den Hals. Malice stürmte auf den linken
zu während eine Reihe von 45er-Geschossen im Körper des rechten Milizionärs
einschlugen. Das zweite Messer landete im Bauch des älteren Milizionärs,
der gleichzeitig von Wandas Salve getroffen wurde. Doch der linke konnte Malice
ausweichen und sich durch das offene Garagentor retten. Er rannte sofort durch
die Hintertür nach draußen und schoß in die Luft.
"Alarm! Alarm!" Der Überraschungseffekt war dahin.
Von der Mine her kamen zwei Milizionäre gerannt. Mike visierte den linken
an, Ralph den rechten. Gleichzeitig schossen beide. Mike traf sein Opfer zweimal
in die Brust während Ralph seinem die Kugel unter der Kante des Stahlhelms
genau zwischen die Augen setzte.
"Kunstschuß, aber du solltest lieber auf Sicherheit gehen, Junge!"
sagte Mike, "Du hättest beinahe nur den Helm getroffen."
"Unsinn, ich treffe immer millimetergenau ins Schwarze." antwortete
Ralph. Was bildete sich dieser Mike eigentlich ein?
"Verdammt, sie sind schon mitten in der Stadt." Sergeant Krott stürmte
mit vier der verbliebenen Milizionäre vorwärts. Die Angreifer schienen
unsichtbar zu sein, dennoch schossen sie ständig auf die Verteidiger.
Als sie an eine Hausecke kamen warf sie eine gewaltige Detonation zu Boden.
Krott versuchte sich aufzurichten, mehrere Splitter hatten ihn getroffen. Die
Bombe hatte die halbe Hauswand eingerissen. Die Milizionärin, die der Explosion
am nächsten gestanden hatte war völlig zerfetzt worden. Einem jungen
Mann hatte es den rechten Unterschenkel abgetrennt, ein älterer lag röchelnd
am Boden und blutete aus dem Mund sowie mehreren Stellen am Körper. Der
fünfte der Gruppe hatte nur leichte Verletzungen erlitten, griff Sergeant
Krott unter die Arme und zog ihn aus der Gefahrenzone. "Wir müssen
weg." sagte er.
Der unsichtbare Gegner schien immer näher zu kommen.
Jean-Pierre Viau konnte einen völlig überraschten Milizionär
zu Boden reißen. Er setzte ihm das Messer an die Kehle. "Ergib dich,
du hast verloren!"
Blood schoß auf drei ankommende Milizionäre, konnte einen verwunden.
Doch die anderen nahmen ihn mit und flohen in Richtung Norden.
Genau wie Malice konnte auch Wanda einen mit seiner Aufgabe überforderten
Milizionär zu Boden bringen, allerdings brach sie ihm sofort das Genick,
stürmte weiter vor und erschoß gleich darauf noch eine junge Milizionärin.
Vorsichtig bog der Milizionär um die Ecke, doch nicht vorsichtig genug.
Der Mann den man Shadow nannte warf ihm die Drahtschlinge um den Hals und zog
zu. Allerdings würgte er ihn nur bis zur Bewußtlosigkeit, der Kampf
war ja entschieden.
Die restlichen Milizionäre und viele Zivilisten flohen in nördliche
Richtung, zu den Lagerhäusern. Dahin würden ihnen die Angreifer nicht
folgen, da waren noch Dutzende weitere Rebellen. Die konnten jetzt nicht angegriffen
werden, es würde keinen Überraschungseffekt geben.
Doch die Mine hatten die Rebellen verloren, und damit eine wichtige Einnahmequelle.
Maurice Duvall war zufrieden. Die Spezialeinheit hatte wieder mal erfolgreich
zugeschlagen, in einer Stunde würde die reguläre Einheit aus Balime
da sein, dann konnten sich seine Leute auf die nächste Operation vorbereiten.
Und die 'Operation Bull' lief ja auch noch, der würde sich noch wundern!
...
"Verdammt, Verdammt, Verdammt!!!" Ira war wütend und traurig.
Sie hatten diese Leute zu Milizionären ausgebildet und waren nun nicht
dagewesen, um ihnen zu helfen. Von zwanzig Milizionären hatten es nur sieben
in den sicheren Norden geschafft. Dreizehn waren tot oder, was vielleicht noch
schlimmer war, gefangen. Zahlreiche Einwohner Almas mußten in den Militärgebäuden
untergebracht werden.
Die Truppe war völlig demoralisiert, an einen Gegenangriff war nicht zu
denken. Und Jane und die anderen Söldner hätten schon gestern zurück
sein müssen. Was war, wenn sie auch so überrascht worden waren. Es
war eine Illusion gewesen, daran zu glauben daß Deidranna immer nur ein
paar dumme Brutalos schickte, die blindlings in die Falle liefen. Was war, wenn
die anderen nicht zurückkämen. Wer sollte die Truppe führen?
Dimitri? Ein guter Mensch, ein immer besser werdender Kämpfer, aber sicher
kein Führer.
Leutnant Gillitt? Militärisch sicher der beste, aber menschlich wohl kaum.
Michael Dawson? Er würde am ehesten wissen, wen man jetzt von A.I.M. anwerben
sollte, Geld war ja da.
Flo? Sie tat ihr bestes, aber das war nicht viel.
Ira Smythe? Ach, verdammt, die anderen mußten einfach wiederkommen.
Von Roughneck0815
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