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Paladin - Zyklus 3: Der Wiederstand
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Teil 7 - Zuschlagen und Abhauen


"Du nimmst die Waffen des Feindes. So versorgt er dich. Du wirst stärker, er wird schwächer."

Irgendjemand hat einmal gesagt, der Frontalangriff sei am besten. Es ist ehrenvoll, fair, du gibst deinem Feind ne vernünftige Chance. Es ist spannender, du kriegst einen riesigen Adrenalinschub. Es fühlt sich besser an, und wenn du das hinkriegst, erst dann bist du wirklich gut. Kurz gesagt, all der Blödsinn von wegen Rumschleichen, in Deckung gehen oder lautlos Töten ist unehrenhaft und schon mal aus Prinzip nichts, was auch nur ein halbwegs vernünftiger Mensch tun sollte. Besagte Person wurde von einem Heckenschützen auf offenem Feld erschossen.

Die Moral dieser Geschichte ist also, dass die meisten Leute keine Ahnung davon haben, was sie eigentlich reden, und das man nicht blindlings in offenes Gelände rennen sollte.

Mark robbte in Richtung eines Maschendrahtzaunes, der sich Frecherweise über das Land zog und so mit höchster Effektivität Eichhörnchen im Wald hielt. Das Kampfmesser wanderte in seine Hand; dann setzte er kurz an und schleuderte es gegen den Zaun. Die Klinge berührte zwei Drähte; Funken sprühten und das Messer landete auf dem Boden. Mark sammelte es wieder ein, dann beäugte er den Zaun erneut. Anscheinend war heute nicht Tag der offenen Tür, also krauchte er etwas weiter und fand eine Grube unter dem Zaun, offenbar eine Art Behelfstunnel für hungrige Wildschweine auf dem Weg zum nächsten Mülleimer. Nach kurzer Inspektion und Abstützung des Zauns mit einem getrockneten Zweig arbeitete sich Mark durch das Loch und kam nach einer halben Minute lautlosen Kriechens erfolgreich auf der anderen Seite des Zauns an. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass die nähere Umgebung sicher war, schlich er sich zur nächsten Lagerhalle. Offenbar war er der erste, der je versuchte, etwas von der Bundeswehr zu stehlen, denn die Tür war noch nicht einmal geschlossen, sondern wiegte nur leise im Wind. Mark betrat die Halle - obwohl das eher geschmeichelt ist, in Wirklichkeit war es wohl treffender ein Lagerschuppen - und begann damit, einige Kisten zu durchwühlen.

Nach einigen Minuten ertönte hinter ihm das fröhliche Pfeifen eines Wehrpflichtigen in den ersten Wochen seiner Grundausbildung.

Leider war Mark nicht schnell genug, um sich zu verstecken, also griff er zur nächstbesten Variante, rollte zur Seite und stoppte mit gezogenem Colt in einer Hocke; schnell wie ein geölter Blitz hatte er die Waffe ausgerichtet, bis ihm auffiel, dass der Soldat gar keine Waffe dabei hatte und offenbar in einem Anfall von Vernunft keine Anstalten machte, irgendwelche abnormalen Geräusche von sich zu geben.

"Sie sind..."
"Mark Simmons. Ohne unhöflich erscheinen zu wollen, möchte ich sie doch mit Verweis auf die Faustfeuerwaffe Kaliber 10mm in meiner rechten Hand darauf aufmerksam machen, dass sich ein erhöhter Geräuschpegel ungünstig auf ihren Gesundheitszustand auswirken wird."
"Keine Panik, ich habe keinen Heldenkomplex !" Nein, eher einen akuten Anfall von Feigheit und panischer Angst vor dem glühenden Kuss heißen Bleis.
"Nun gut. Also, in den Kisten hier sind ein paar G3 und Magazine dafür, in denen da drüben die neuen Waffen. Ich tippe mal, dass ihr die alten Gewehre eh verschrotten wollt, also hast du doch nichts dagegen, wenn ich euch die Arbeit abnehme ?"
"Denk nicht, wird schon keinem auffallen." Eine korporative Geisel, also wirklich. Mark hatte jetzt endlich einen Grund, Deutschland zu mögen, der nichts mit Bier zu tun hatte.
"Also, du bist ein netter Kerl, und deshalb will ich dir nicht mehr als nötig wehtun. Geh da hinten in den Schrank und verhalte dich ruhig, in einer Stunde oder so kannst du wieder rauskommen und melden, dass dich jemand niedergeschlagen hat."
"Nun ja..."
"Schau mal, hier hast du ne britische hundert Pfund Note, die hältst du dir vor die Augen bis ich weg bin. Ach ja, wäre nett wenn du es hinkriegst dir mit einem stumpfen Gegenstand einen über die Rübe zu geben, dass ist ein gutes Alibi."
"Ja, eh danke..." Der Wehrpflichtige stellte sich in den Schrank und meldete ein paar Bedenken an.
"Womit soll ich mir eins überziehen ?"
"Hinter dir liegt eine Schaufel."
Der Soldat drehte sich um und bekam prompt eine Hieb auf den Schädel mit Marks Colt. Der Paladin sammelte den Geldschein wieder ein, dann belud er sich mit vier Gewehren und füllte seine Taschen mit Munition. Bevor er den Schuppen verlies, warf er noch einen letzten Blick auf den armen Teufel, der bald mit Kopfschmerzen aufwachen würde.

"Nett, aber nicht gerade clever. Na ja, man kann ja nicht alles haben."

Mark schleppte sich unter dem zusätzlichen Gewicht wieder auf den Zaun zu, bemerkte jedoch ein munteres Rudel von Berufssoldaten, die seine Anwesenheit sicher nicht so leicht hinnehmen würden. Mark duckte sich hinter die Ecke einer der Baracken und durchdachte die Situation. Zunächst einmal war er am Arsch, soweit war er sich mit sich selbst einig. Normalerweise quellen solche Lager geradezu von unfreundlichen Leuten mit automatischen Waffen über - und das wirklich Dumme ist, schon ein einzelner Schussknall und man hatte sie restlos alle am Hintern kleben wie die dummen Werbesticker von Vergnügungsparks an der Rückscheibe eines Autos. Noch wusste er nicht, wie er sich wieder herauswieseln würde, da nahm ihm jemand die Entscheidung ab.

"Keine Bewegung !"

Solche Befehle werden nie befolgt, und Mark brach nicht mit der Tradition, sondern sprintete schnurstracks in die Richtung, in der sich anscheinend die wenigsten Soldaten befanden. Mehrere Leute eröffneten das Feuer, aber auf wundersame Weise durchlöcherten Magazin um Magazin Wände, den Boden, Fichten (die hier genau wie im letzten Feuergefecht absolut unschuldig waren - aber manche Leute behaupten ja, Armeen schießen sowieso nur auf Unschuldige, also machte es wohl doch etwas Sinn), Lampen, einen etwas unglücklich platzierten Hirsch (der, wie das Schicksal spielte, den Bruchteil einer Sekunde vorher einen Herzinfarkt hatte, aber noch nicht zu Boden gefallen war) sowie einen alten Block aus Beton für Schießversuche.
Oder, kürzer ausgedrückt, alles außer Mark, der sich stattdessen um die Überwindung des Zauns kümmern musste.

Im Allgemeinen tendieren Situationen, in denen einem ein paar Dutzend Schuss NATO-Stahlmantelmunition umzingeln, eher dazu, nicht besonders lange zu dauern, und auch hier war der schöne Augenblick allzu schnell vorbei. Mark setzte zu einem Sprung an, aber unter der schweren Last und ohne himmlische Kräfte kam er kaum vom Boden weg und landete vornüber im Dreck, rollte jedoch halbwegs geschickt ab und kam stehend etwa 30 Zentimeter vor dem Elektrozaun zum Stehen, während hinter ihm mindestens 15 Mal das Geräusch der Entsicherung eines Sturmgewehrs ertönte. In Marks Kopf lief ein kleiner Film ab, der ihm ziemlich präzise zeigte, dass selbst die beste offensive Taktik gegen einen riesigen Haufen Schnellfeuergewehre nichts bringt. Widerwillig erhob Mark die Hände und ließ sich entwaffnen; anschließend folgte er einer Gruppe Soldaten in eins der unübersichtlich vielen Gebäude.

Von der Schießerei aufgeschreckt beobachtete Sharon den Komplex per Fernglas - und fand Mark gerade noch schnell genug, um zu sehen, wie er in ein Gebäude abgeführt wurde. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen warf sie das Fernglas zur Seite und griff nach ihrer Schrotflinte, was Azuriel geringfügig beunruhigte.
"Was soll das ?"
"Sie haben Mark erwischt."
"Hab es gemerkt. Aber da rein zu laufen ist der reine Selbstmord. Wir warten, bis es dunkel wird, dann geht es weiter."

Ein paar sehr lange Stunden später...

Sharon robbte langsam über den Boden; vor ihr stand ein sich selbst als Profi bezeichnender Soldat, der statt Wache schieben lieber eine Zigarette rauchte. Nach kurzer Beobachtung hatte sich ergeben, dass es auf diesem Stützpunkt überhaupt keine Wehrpflichtigen gab, noch nicht einmal normale Berufssoldaten - hier schlichen speziell ausgebildete Männer über die kalte Ebene, und Sharons Erfahrung zeichnete die wahnwitzigsten Pläne von gigantischen Untergrundanlagen, die sich wie ein riesiges Pilzmyzel durch den Boden ziehen könnten. Aber im Moment hatte sie dringendere Probleme, und so richtete sie sich langsam auf und näherte sich der Wache noch weiter, bis sie auf Armlänge hinter dem Soldaten stand. Dieser stellte nach kurzer Bearbeitung per Flintenkolben kein Problem mehr dar; mit etwas Anstrengung schleifte sie ihn zu Azuriel, der den Möchtegern-Rambo nach allen Regeln der Kunst zu einem transporttauglichen Paket verschnürte und ihn dann in einem leeren Schuppen schleppte, wo er sich den Raum mit sechs weiteren Profis für die nächsten Stunden teilte.

"Also, was jetzt ?"
"Mark muss in dem Gebäude sein, oder in einem, dass dadurch zu erreichen ist. Lassen wir die Waffen erst mal stecken, sonst haben wir bald das ganze Lager aufgeschreckt."
"Bah. Wir sollten uns mal ein MG besorgen, das pflanzen wir aufn Dreibein und dann gibt?s Gulasch."
"Habt ihr Dämonen schon mal was von sanfter Gewalt gehört ?"
"So wie auf den Kreuzzügen ?"

Azuriel beantwortete den Einwurf mit einem Starren, so als könnte er sie töten, wenn er nur lange und konzentriert genug guckte; allerdings fand er das nicht heraus, sondern öffnete die Tür zur Baracke und stürmte mit seiner erst vor kurzem erstandenen SPAS-12 in der Hand in den Raum, wo sich sofort alle Anwesenden ergeben hätten - wäre denn jemand dort gewesen. Mit einem etwas missmutigen Lächeln senkte er die schwere Flinte und deutete Sharon, dass kein Widerstand zu erwarten war. Man betrat die Halle und fand nach kurzer Suche einen Fahrstuhl nach unten. Beide hatten ein etwas mulmiges Gefühl, Sharon, weil sie aus verständlichen Gründen eine leichte Aversion gegen Untergrundanlagen der Armee der Sterblichen entwickelt hatte, und Azuriel, weil er als Engel einfach ab und zu mal nach oben zum Himmel schauen musste, um sicherzustellen, das niemand in seiner Abwesenheit irgendwelche Dummheiten mit seiner Eigentumswolke anstellte.

Der Aufzug erreichte unbehelligt die untere Ebene - und zur allgemeinen Überraschung war absolut niemand auf dem Gang zu sehen, ja, man könnte fast schwören, hier wäre niemand, wenn nicht ab und zu ein paar Geräusche aus den einzelnen Räumen klängen. Das rührte daher, dass gerade keine Kaffeepause war - das bedeutete, die Sicherheitskräfte auf Wache vertrieben sich die Zeit damit, schweinische Sprüche auf die Toilettenwände zu kritzeln, und niemand hatte jetzt schon Lust, sich von anderen Kleingeld für den Kaffeeautomaten zu borgen, so dass selbst unbeabsichtigt kein Wachpersonal sich auch nur in der Nähe irgendwelcher wichtigen Orte - zum Beispiel dem Gefangenentrakt - aufhielt. Normalerweise wäre das ein sehr bedenklicher Zustand, aber um zum Punkt zu kommen, niemand hatte es je probiert, hier einzubrechen, und die Experten für Sicherheitstechnik hatten dazu keine Einwände erhoben - einerseits, weil die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs hier gering war, andererseits, weil sie noch einen dringenden Termin zum Minigolf hatten und so den Zustandsbericht eher flüchtig überflogen hatten, anstatt zu sehen, was sie eigentlich unterschreiben.
Im Fahrstuhl ersetzte Sharon unter den staunenden Blicken Azuriels ihre Schrotflinte durch eine MP5SD; mit sorgfältig einstudierten Bewegungen wurde die Waffe nachgeladen und entsichert.
"Was soll das werden, wenn´s fertig ist ?"
"Sobald wir Krach machen, wird Alarm ausgelöst. Wenn wir schon feuern müssen, dann sollten wir besser schallgedämpfte Waffen verwenden."
"Aha. Und warum hast du nur eine dabei ?"
"Weißt du, davon liegen 4 Stück im Kofferraum des Kombis. Du hättest dir ja mal selbst eins greifen können."
Azuriel beendete das Gespräch mit einem ärgerlichen Starren, dann begab man sich vorsichtig auf die Suche nach Mark.

Sharon drückte sich eng an die Wand; mit Maschinenpistole im Anschlag spähte sie kurz in jeden Raum, an dem sie vorbeikam, aber die meisten waren entweder leer oder mit gelangweilt aussehenden Bürokraten gefüllt, die sich gegenseitig mit Papierflugzeugen bewarfen - ein todsicheres Anzeichen dafür, dass sie wirklich nichts, aber auch gar nichts zu tun hatten und eigentlich nur noch angestellt waren, weil pensionierte Mitarbeiter ein Sicherheitsrisiko darstellten und man trotz allem nur nach sorgfältiger Beratung die Eliminierung von Menschen beschließen konnte. Alternativ könnte man sagen, dass für diesen Haufen schon die Munition, die man zum Erschießen brauchen würde, zu schade wäre.

Nach etwa zehn Minuten erreichte sie den Gefangenentrakt; mehr durch Zufall stieß sie prompt auf Marks Zelle, die sich nach Kurzschließen der Elektronik ohne weiteren Aufwand öffnete. (Denn die Verkabelung gehörte ebenfalls zu einem dieser Konstruktionsmerkmale der Einrichtung, die geradezu daraufhin entworfen wurde, die Basis möglichst unsicher zu machen - man munkelte von Sabotage der Konstruktionspläne nach der endgültigen Prüfung der Unterlagen, aber natürlich wurde das nie überprüft, auf Grundlage der Expertenkommission.) Mark, der gerade die Wand verprügeln wollte, verfolgte den Vorgang mit Erstaunen, dann gewann er seine Fassung wieder.

"Da bist du ja. Hat ziemlich lange gedauert."
"Vielleicht wäre es dir lieber, wenn wir zuerst die Siegel suchen und dich dann hier rausholen ?"
"Ja ja, schon gut. Die Waffen liegen in dem Raum da drüben, wenn du das Schloss knackst kann ich euch ne größere Hilfe sein."
"Die Schlösser hier sind nicht kompliziert, das kriegst selbst du auf. Einfach kurzschließen. Ich schau mal, ob sich inzwischen Wachen hier bewegen, wir treffen uns am Aufzug."
"Alles klar."

Während sich Sharon wieder auf den Weg machte, stellte sich Mark vor das Schloss und begriff, das es für einen Dämon wohl wirklich einfach zu öffnen war - wenn man denn die Kraft hatte, das Blech zu überwinden. Nach kurzer Überlegung meinte Mark, dass nochmalige Anwendung eines Feuerzaubers doch eine arg unkreative Lösung wäre. Der Gedanke Kurzschluss tobte ihm noch etwas im Kopf herum, und Mark fühlte sich an den Besuch einer Wissenschaftsausstellung erinnert. Natürlich war er nur dort herein gegangen, um ein Opfer zu beschatten, aber trotzdem hatten ihn ein paar der Experimente sehr interessiert - er hatte sich immerhin freiwillig in einen Faradayschen Käfig gesetzt, um zu beweisen, dass da einige Millionen Volt Spannung nichts verrücken könnten.

"Hm. Ein Blitzschlag ist schon ne gute Idee..."

Einen Blick auf seine rechte Hand, ein fieses Grinsen und einen imaginären Funken später hatte Mark seine Waffen wieder. Währenddessen am anderen Ende der Ebene...

Azuriel verfluchte den Tag. Nicht besonders leise, mit eher vulgärem Vokabular - aber da er in einer bereits seit 7.000 Jahren toten Sprache fluchte, fiel das nicht weiter ins Gewicht. Bisher war seine Suche erfolglos gewesen - er hatte anscheinend den Teil der Basis abgekriegt, wo noch weniger los war als beim Gefängnis, und das wollte schon etwas heißen. Daher war er sehr überrascht, als er hinter einer Ecke auf einen ziemlich großen Glaskäfig stieß, an dem ihn sofort mehrere Dinge auffielen: Jemand lag in einem Bett und war daran gekettet, auf den Ketten brannte magisches Feuer, und jemand stand daneben, anscheinend der Urheber dieses Elementarzaubers.

In solchen Situationen tendiert man fast automatisch dazu, eine Menge Krach zu machen und dabei gleich noch etwas schweineteure Einrichtung zu ruinieren. Und genau diese Maxime setzte Azuriel in die Tat um; er legte mit der Schrotflinte an und schickte eine Ladung Schrot durch die Glaswand, die daraufhin in einige hundert Splitter zersprang und sich dann einen Spaß daraus machte, den Rücken des Magiers zu Hackfleisch zu verarbeiten. Etwa zeitgleich mit dem Klingeln der Hülse - passierte nichts. Etwa eine Sekunde wunderte sich Azuriel, warum kein Alarm ausgelöst wurde, dann schob er den Gedanken beiseite und machte sich daran, den Gefangenen zu befreien.

Das heißt, eigentlich war es eine Gefangene - zu allem Überfluss auch noch Avenger -, und die Ketten stellten kein größeres Hindernis für sie dar, denn sie riss sich los und richtete sich unter den staunenden Augen des Engels auf. Allerdings kam das aufkeimende Gespräch nicht zustande, denn der soeben niedergeschossene Mann erhob eine Pistole und drückte ab, bevor Azuriel eine echte Chance zum Reagieren hatte. Der Einschlag des Projektils warf Azuriel zu Boden; im Gegenzug versetzte Avenger dem Magier einen kräftigen Tritt in die Rippen, was ihn endgültig ruhig stellte.

Sie untersuchte die Situation, und nahm dann die Pistole des Magiers an sich. Obwohl sie noch nie einen solchen Gegenstand in der Hand gehalten hatte, erkannte sie ihn als Feuerwaffe - und wenn sie persönlich auch keine wirkliche Verwendung dafür hatte, so eignete sich diese Waffe doch wunderbar dazu, den Magier über den Jordan zu schicken: Mit einem gut gezielten Schuss schickte sie jenen auf die Reise, um sich dann der nächsten wichtigen Aufgabe zu widmen, der Flucht. Sie versuchte sich zu orientieren, schaute in Richtung der zerstörten Glasscheibe - und sah Mark, in dessen Verstand gerade eine revolutionäre Verkettung von Gedanken aufkeimte.

Azuriel angeschossen. Unbekannte Frau mit Pistole. Frau Feind.

"Keine Bewegung !"
Mark hob demonstrativ seine CAWS.
"Er hat ihn verwundet !"
Avenger deutete auf den Magier. Mark überlegte kurz; für seine Verhältnisse kam er sehr schnell zu einer annehmbaren Schlussfolgerung.
"Tja, da du nicht zum Personal gehörst, bist du eine Gefangene, und hier werden nur übernatürliche Wesen gefangen gehalten. Siehst du die Waffe hier ? Randvoll mit Silbermunition."
Natürlich log Mark, aber eine bessere Drohung kannte er nicht.
"Silber wirkt nur auf Werwölfe. Ich bin ein Vampir."
"Ach ja ? Wenn du nicht mit einem Werwolf verwechselt werden willst, solltest du dir mal wieder die Beine rasieren !"

Und somit eröffnete Mark das Feuer auf Avenger.

Obwohl normale Feuerwaffen gegen Vampire eigentlich unwirksam sind, bilden Schrotflinten eine Ausnahme - denn mit ihrer Fähigkeit dazu, ein Opfer regelrecht zu zerstückeln, konnte man die regenerativen Fähigkeiten des Vampirs überlisten. Dies galt natürlich erst recht für automatische Flinten wie die CAWS, die 240 Ladungen Schrot pro Minute durch die Luft senden können - da sie aber nur 10 Patronen fassen, stoppte das Donnern nach einigen Sekunden.

Allerdings hatte das niemand Avenger erzählt; die Schrotkugeln bissen sich ihre Zähne an ihr aus und perforierten statt dessen die Wände, die Leiche des Magiers und das Bett, aber als sich der Rauch legte, stand Avenger immer noch vor Mark, anscheinend unverletzt.

"Hey, das kitzelt !"
"Was zum..."

Mark improvisierte etwas; er warf die nun nutzlose Waffe Avenger zu, die von den Feinheiten des modernen Duells etwas überfordert war, und zog sein Schwert, bevor Avenger aufging, dass sie einen nutzlosen Klumpen Metall in den Händen hielt. Nur ein Reflex ermöglichte ihr, schnell genug nach hinten auszuweichen, als Mark den ersten Schlag seines Schwertes in ihre Richtung sendete. Aber auch 2500 Jahre alte Vampire haben ihre Grenzen - Avenger stürmte wütend in Marks Richtung, der ihr anscheinend unvorbereitet den Rücken zuwendete, um den Schwung der Klinge zu fangen. Als Avenger schon fast hinter ihm war, konterte Mark mit einem gewaltigen Tritt nach hinten, der das Schienbein des Vampirs traf und sie zu Boden warf, wo sie erst mal liegen blieb. Mark erhob seine Klinge, ihr den Kopf abzutrennen - aber als das Schwert in ihre Nähe kam, wurde es förmlich aus Marks Hand geschleudert, als hätte man einen Gummiball gegen eine Stahlwand geworfen. Nach kurzem Überlegen folgerte Mark, dass sie anscheinend unter einer Art Zauber stand, der sie vor heiligen Waffen schützte. Ohne weiteres Zögern zückte er eins seiner Kampfmesser und jagte es Avenger in die Brust, bevor ihn ein Schmerzensschrei von Azuriel zu dringenderen Problemen rief.

"Az ! Scheiße, steh wieder auf !"

Mark versuchte sich daran zu erinnern, wie er seine Kräfte bündeln könnte, aber sein Gedächtnis verließ ihn. Also auf die altmodische Tour, dachte er sich, und begann, mit dem Kampfmesser die Wunde freizulegen. Unterbewusst hatte er sogar etwas Bewunderung für den Schützen, die Kugel hätte er selber kaum besser platzieren können - allerdings war kaum Platz für einen fachlichen Austausch, denn Azuriels Körper würde offensichtlich nicht mehr lange durchhalten. Was passieren würde, wenn Azuriel jetzt starb, wusste Mark nicht - aber er konnte es sich vorstellen, und deshalb wollte er es eigentlich gar nicht wissen, und schon gar nicht aus erster Hand herausfinden. Mit gekonnten Schnitten legte er die Kugel frei, die sich durch Azuriels Lunge gebohrt hatte, und bemerkte mit Entsetzen, dass die Kugel in der Aorta steckte - soll heißen, ohne Verbandsmaterial sowie etwa 20 andere medizinische Gegenstände und Medikamente würde diese Operation tödlich enden. Vielleicht zum ersten Mal seit dem Tod seines Vaters hatte Mark das Gefühl, das ihm die Leiche zu seinen Füßen etwas bedeuten würde, und der Gedanke daran vernebelte seinen Verstand.

Avenger wachte über ein lautes Stöhnen wach, und das erste, was sie wieder sah, war Mark, der über Azuriel gebückt bedächtig mit einem Kampfmesser agierte, aber anscheinend nicht wirklich wusste, was am besten zu tun sei.
"Was soll das ? ?"
Die Frage kam für Mark etwas ungelegen.
"Was dagegen, wenn wir das verschieben ? Mein Freund - und dein Befreier - verblutet, und wenn du auch nur einen Funken Ehre besitzt, dann bleibst du da sitzen und wartest, bis ich ihn versorgt habe, Capiche ?"
Avenger schluckte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatten ihr Menschen freiwillig geholfen, und prompt lag ihr Retter im Sterben. Wirklich toll gelaufen, dachte sie sich, dann setzte sie sich zu einem Ritual auf und stimmte einen unmenschlichen Gesang an.

"Ich hab gesagt, du sollst..."

Die Leiche des Magiers knackte leicht, während sich Rippen aus dem Weg bogen (oder brachen, wenn sie nicht flexibel genug waren) und ein gewaltiger Fluss von Blut aus der Leiche heraus schwappte und sich dann einen Weg zu Azuriel bahnte, wobei eine tiefrote Spur den Boden besudelte. Der Fluss bewegte sich weiter an Azuriel heran, umhüllte ihn, bahnte sich einen Weg durch seine Wunden, seinen Mund, seine Nase. Marks Blick wanderte zu Avenger; ihr Gesang betäubte seine Sinne, während er apathisch beobachtete, wie der Griff des Messers in ihrer Brust abfiel und sich die Wunde von selbst schloss. Mit glühenden Augen blickte sie ihn an; ihr Gesang wurde für einen Moment fast unerträglich laut, dann verstummte sie für einen Moment, atmete tief ein und begann wieder zu sprechen.

"Meine Art, mich zu bedanken."

Mit dem Zusammenfließen der Blutströme erwachte neues Leben im halbtoten Körper von Azuriel; mit weit geöffneten Augen atmete er tief ein, während sich die Kugel schwebend von ihm entfernte und sich die Wunden wie von selbst schlossen. So, wie Azuriel wieder aufstehen konnte, fiel Avenger zu Boden.

"Mark...was war das eben ?"
"Würde ich auch gerne wissen. Mir geht die Sache hier ein klein wenig zu schnell..."
"Also, wem hab ich den Arsch gerettet, bevor sie meinen gerettet hat ?"
"Sie meint, sie wäre ein Vampir, aber das Schwert hat sich geweigert, sie zu verletzen."
"Hm. Dann steht sie noch unter himmlischem Schutz. Was allerdings bedeutet, dass wir sie hier nicht einfach so liegen lassen können."
"Ich kann sie nicht tragen, wir müssen hier so schnell wie möglich weg - und wenn wir da oben nicht rennen, sind wir schneller Schweizer Käse, als du ´Autsch !´ sagen kannst !"
"Hm. Sie ist ein Vampir...gib ihr ne Blutspende."
"Bitte ?"
"Ein paar Tropfen bringen sie wieder auf die Beine. Du bist der beste Kandidat dafür, würde ich sagen..."
"Dir rette ich so schnell nicht noch mal das Leben."

Ohne weitere Diskussion - wobei man der Fairness halber sagen muss, dass auch Mark durchaus Verständnis für die Notwendigkeit schneller Entscheidungen besaß - versetzte sich Mark eine Schnittwunde an seinem linken Arm und ließ ein paar Tropfen Blut in den Mund von Avenger fallen, die daraufhin mit neu gefundener Kraft erwachte, um die Situation nochmals zu beäugen.

"Also, machen wir es kurz. Ich bin Mark, das ist Azuriel, du bist..."
"Avenger. Los jetzt !"
"Ich habe hier das Kommando."
Avenger richtete sich mühsam auf; sie stützte sich auf Azuriel und harrte der Dinge, die nun kommen mochten.
"Alles klar...Avenger war der Name, ja ?"
"Ohren auf: Ich bin dir dankbar. Aber sobald ich wieder stehen kann, nimmst du deine Hände von mir, sonst wird mein Knie deinen Schritt massieren !"
"Genug gequasselt. Wir müssen hier raus, und zwar fix, sonst sind wir Hackfleisch."
"Was ist Hackfleisch ?"
"Lass es dir von Az erklären."

Mark stürmte Richtung Aufzug; Avenger sah fragend in Azuriels Richtung, der mit den Schultern zuckte und dann mit ihr in den Armen Mark folgte. Nach kurzer Fahrt im Aufzug - man vertröstete Avenger auf später, ihre Fragen gleich welcher Natur zu beantworten - gelangte das Trio an die Oberfläche, wo Sharon bereits mit gezielten Feuerstößen die alarmierten Soldaten in ihre Schranken verwies. Sie kommentierte die Anwesenheit einer weiteren Person mit hochgezogener Augenbraue, dann stürmten die Vier in Richtung Kombi, wo Avenger gegen ihre Proteste ziemlich unsanft in den Kofferraum geworfen wurde. Mark startete den Motor und der Wagen beschleunigte unter den donnernden Salven einer ganzen Kompanie Sturmgewehre wieder in Richtung Straße, wo der Wagen dann einmal mehr auf der Autobahn verschwand, mit Kurs auf Hannover.

Wenn Vampire brechen könnten, hätte sich der Kofferraum innerhalb kürzester Zeit gefüllt.

Von Gatac


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[ Druckerfreundliche Version ] Letze Änderung: 26.11.2001