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Janus
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Kapitel III - Ein schöner Tag, schade dass Krieg ist

Die Grenze zu Nicaragua, 7 August 1987

Monoton ratterte der Motor des alten LKWs nur unterbrochen durch die gefährlich großen Schlaglöcher des Feldweges, der uns als Straße diente. Bei jedem Loch wurden wir leicht in die Luft gehoben und kamen hart auf unseren Sitzbänken auf. Doch da war ich nicht der Einzige, den anderen ging es nicht besser. Die Einzigen, die es einigermaßen bequem hatten, waren Vladimir, Raul, Manuel und Doc Jansen. Sie fuhren in dem neuen Kampfjeep an der Spitze der Kolonne. Raul fuhr, Manuel saß auf dem Beifahrersitz und navigierte. Hinten drauf saß Vladimir am MG und Doc Jansen war bereit im Notfall schnell nachzuladen.

Der Rest der Truppe saß im ersten LKW, in dem auch die gesamte Ausrüstung verstaut war. Ich konnte nur hoffen, dass Bulldogs Sprengstoff nicht allzu empfindlich auf Erschütterungen war und dass er ihn gut verpackt hatte. Hinter uns folgten mehrere LKWs, welche die hundert regulären Rebellen transportierten. In unserem Wagen war die Stimmung gedrückt. Jeder war mit sich selbst beschäftigt, niemand hatte Zeit, sich um ein Greenhorn zu kümmern. Einige beteten, andere überprüften ihre Ausrüstung, ich tat es ihnen gleich.

Ich hatte in der letzten Nacht erst sehr spät meine Ruhe gefunden und hatte deswegen an diesem Morgen verschlafen. Geradeso hatte ich es rechtzeitig zur Abfahrt geschafft, doch in der Eile kam ich nicht dazu meine komplette Kampfausrüstung anzulegen. Sicher, meine MP5 hatte ich und auch die Ersatzmagazine waren in der richtigen Tasche an der Hose. Die Desert Eagle war ebenfalls in ihrem Beinhohlster. Doch die Waffen, die ich perfekt beherrschte waren noch in meinem Rucksack, aus dem ich nun eine schwarze Samttasche heraus holte.

Auf einer großen Kiste, in der Nahrungsmittel transportiert wurden, breitete ich die Tasche aus. Fast fiel sie mir während der holprigen Fahrt hinunter, ich beschwerte sie mit meinen Waffen. Die wackelige Konstruktion hielt. Nun kamen mehrere Klingen zum Vorschein. Ich zog das Tanto aus der entsprechenden Lasche. Das Tanto war ein 25 cm langes Messer, die Klinge allein war 17cm. Es war in der Form einem Katana nach empfunden, dem typischen japanischen Schwert. Es war schlank, grazil unheimlich scharf und absolut tödlich in den richtigen Händen. Meine waren die Richtigen. Es verschwand in der Scheide an meiner linken Seite. Als Rechtshänder hatte ich somit den Vorteil, dass der Schwung beim Herausziehen des Messers für den ersten Angriff bereits tödlich wirken konnte.

Neben dem Tanto lagen meine Shuriken mit ihren schwarzen Klingen. Ich nahm ein Jyuji in meine Hand und ließ es ein paar mal kreisen. Meine Lehrer würden mir wahrscheinlich den Kopf abreißen, wenn sie sehen würden, was ich mit meinen japanischen Wurfmessern gemacht hatte. Ich hatte die Klingen allesamt schwarz gefärbt, wodurch sie ein Teil ihrer Schönheit verloren. Von ein paar Metern sahen sie aus wie billiges Plastik, wie dieses Kinderspielzeug. Doch es war nötig. Ich fasste das harte, kalte Metall an. Der blitzende Glanz der Klingen konnte einen in einer klaren Vollmondnacht verraten. Es war das Gleiche wie bei dem Spiegeleffekt eines Zielfernrohrs.

"Ist das so ein Ninja-Stern?", wollte Zybell wissen und riss mich damit aus meinen Gedanken.
"Ja, im Prinzip schon, doch es ist anders als du es vielleicht kennst. Das hier nennt man ein Jyuji-Shuriken. Es ist kreuzförmig und ist an allen vier Seiten geschliffen. Jede der vier Spitzen ist 9 cm lang, wenn man mit genügend Kraft wirft, kann man damit die Halswirbelsäule durchbrechen. Man wirft es vertikal. Geübte Werfer schaffen mit dieser Shuriken eine effektive Reichweite von 15 bis 20 Meter."
"Worauf kannst du damit so werfen?", wollte Zybell wissen.
"Fast überall hin, außer in geschützte oder sehr knochige Bereiche. Zum Beispiel in den Nacken, in die Hände um jemanden zu entwaffnen, in die Herzgegend oder den Magen, wenn der Gegner keine Schutzweste trägt, in die Kniekehlen, wenn das Opfer flüchten will. Es ist fast alles möglich." Zybell staunte nicht schlecht. Ich genoss diesen anerkennenden Augenblick. Sie verschwand in der Halterung unter den Achseln. Da man es vertikal warf, hatte man den selben Effekt wie beim Tanto.

An meiner rechten Seite hatte ich eine Halterung für zwei weitere Shuriken an meinen Gürtel angebracht. Es war für das Shin Gata und das Tanto Gata. Das erste Shuriken war in Nadelform und gut 18 cm lang. Da es gerade mal einen Durchmesser von einem Zentimeter besaß, musste man sehr genau damit werfen. Dafür war es dann umso tödlicher und hatte eine größere Reichweite, erklärte ich Zybell.
Das Tanto Gata dagegen war in Dolchform, dem Tanto-Messer nachempfunden. Es hatte zusätzlich eine Quaste zur Flugstabilisierung. Es richtete größeren Schaden an als das Shin Gata, hatte aber eine geringere Reichweite von ungefähr 15 Meter.

Anschließend nahm ich das Shuriken in die Hand. Diese Wurfmesser, was der gesamten Waffengattung seinen Namen gab, war ein mächtiges 12 cm langes Messer in der Form eines Speeres. Und so konnte man auch nur werfen. Mehrere Drehungen während des Fluges, wie bei den anderen Arten, war nicht möglich. Deshalb hatte das Shuriken eine sehr bescheidene Reichweite von fünf bis zehn Metern. Dafür war es auf dieser Entfernung absolut tödlich, anders als die anderen Varianten, konnte es von hinten das Herz durchbohren und Knochen brechen. Doch war es auch eine sehr gute Nahkampfwaffe, übersetzt bedeutet Shuriken schließlich Handschwert. Es verschwand in meinem Ärmel. Dort wurde es durch einen einfachen, aber genialen Trick gehalten. Das Wurfmesser wurde von mehreren Bändern an der Unterseite des Ärmels angebunden. Diese Bänder führten alle zu einem versteckten Knopf im Futter des Ärmels. Wenn man diesen nun mit mittels Daumen und Zeigefinger löste und die Schwerkraft mit einer geschickten Bewegung nach unten unterstütze, fiel es heraus. Nun konnte man es im Fallen fangen. Wenn man es hatte, schwang man entweder von unten durch um das Shuriken als Messer zu benutzen oder zog den Arm nach oben, drehte die Waffe während dieser Bewegung in die richtige Richtung und warf.
Während Zybell sich wunderte was ich da mit meinem Ärmel machte, probierte ich diesen Mechanismus aus. Das Messer schnellte hervor, Zybell erschrak.
"Mach das nie wieder, wenn ich in deiner Nähe bin."

Dann waren da noch zwei kleine rhombenförmige Wurfmesser, der Form und Größe von Münzen nachempfunden. Im Vergleich zu den anderen waren sie wirklich nur Spielzeug. Sie waren eher so etwas wie Glücksbringer für mich. Sie wanderten in meine Geldbörse und dort erfüllten sie auch ein bestimmten Zweck. Wenn man mal nach Papieren gefragt wurde, konnte man darin kramen, eines der beiden hervorkramen und dann auf das verblüffte Opfer werfen. Es war zwar höchst unwahrscheinlich, dass sein Gegenüber daran starb, aber zumindest war er verletzt. Und man bekam Zeit um zu flüchten. Ebenfalls befand sich in meiner Geldbörse Metsubishi, Blendpulver.
Ich hatte von jeder Sorte mehrere Shuriken, aber mehr konnte ich nicht direkt am Körper tragen ohne einen Beweglichkeitsnachteil in Kauf zu nehmen. Die restlichen Wurfmesser verschwanden in der schwarzen Samttasche wieder im Rucksack.

Ja, ich liebte diese Waffen. Ihre Formen waren elegant, ihre Wirkung tödlich. Wenn ich sie berührte überkam mich ein Gefühl der Macht, die Macht über Leben und Tod. Die alte Tradition ihrer Herstellung, dieses handwerkliche Geschick, was der Schmied brauchte um sie zu formen, all das gab diesen Waffen etwas Mystisches. Doch heute denke ich anders über sie. Egal mit wie viel Mühe und Präzision sie geschaffen wurden, sie erfüllten doch nur einen Zweck. Ihr graziöser Flug führte immer nur zu einem weiteren Opfer des Krieges. Und ich hatte sie jedes Mal gestartet, hatte sie in nahezu perfekter Manier eingesetzt.

Nach knapp zwei Stunden war die Fahrt zu Ende. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht, keine Wolke bedeckte den blauen Himmel. Es war ein wundervoller Tag, schade, dass Krieg war. Aber das war mein Job, der Krieg sorgte immer für genug Arbeit. Ich hatte sowohl den sichersten als auch unsichersten Arbeitsplatz der Welt. Gefeuert werden, würde ich bestimmt nicht, höchstens befeuert. Aber genau das machte diesen Berufszweig aus, naturgemäß bestand die Hälfte des Gehalts eines Söldners aus dem Gefahrenzuschlag.

Das Lager lag schon in Nicaragua, knapp zehn Kilometer südlich der Grenze. Es war im tiefsten Dschungel ziemlich gut versteckt. Ein verlassendes Dorf eines Naturvolkes diente als Unterschlupf. Ich wollte gar nicht wissen, was mit den ursprünglichen Einwohnern passiert war, ich konnte es mir bildlich vorstellen. Die Rebellen luden die Vorräte, Ausrüstung und Munition aus den LKWs, wir nahmen lediglich unser Zeug mit. Als ich helfen wollte, wurde ich von Nikita aufgehalten.

"Helfe ihnen nicht, das würde nur unsere Autorität untergraben. Wir sind die Elite-Truppe, wir schleppen keine Sachen. Wenn wir hier mittragen würden, würden wir das Risiko eingehen, dass die anderen Rebellen unseren Befehlen nicht mehr folgen. Begegne ihnen immer mit fester, befehlender Stimme und vergiss nicht, du hast eine harte mehrjährige Spezialausbildung gemacht, dieses Pack da nicht."
"Ist in Ordnung, aber ist das nicht ein wenig arrogant?"
"Es klingt vielleicht so, ist aber nur Selbstschutz. Das ist ein wilder Haufen, die meisten von denen sind Bauern. Befehlskette ist denen ein Fremdwort. Wenn du jetzt da mitschleppen würdest, würdest du dich mit denen auf eine Stufe stellen und dann würden sie nicht mehr auf deine Befehle gehorchen, denn dann bist du für die einer von denen. Nicht umsonst probiert Ortega, eine militärische Struktur in diesen Sauhaufen zu bringen."
Da war was dran. "OK, ich halte mich da raus." Was mir nicht mal unangenehm war, denn bei dieser schwülen, feuchten Hitze konnte die geringste Anstrengung schnell zur Qual werden. Ich bedauerte innerlich ein wenig die armen Teufel die arbeiten mussten, aber das legte sich nach meinen zwei Tagen Söldner-Dasein.

Unsere ganze Gruppe bekam eine Hütte zugewiesen. Sie war recht groß, ungefähr halb so groß, wie die, in der sich 50 Rebellen quetschen mussten. Doch die Rebellen störte das nicht weiter. Sie waren an ein schlechtes Leben gewohnt. Sie bekamen keinen Sold, nur schlechte Unterkunft und Verpflegung. Noch dazu wurden sie schlecht behandelt. Doch sie taten alles für die Revolution und für Ortega. "Revolution ist Opium fürs Volk", frei nach Marx. Es war nur ideologischer Überbau. Die Revolution war die Religion hier unten. Es zeigte ihnen ihr Ziel, es ließ die Menschen an etwas glauben, ließ sie die Schmerzen ertragen, die sie täglich erlitten, doch es machte sie blind, es machte sie taub. Sie glaubten ernsthaft, dass die Revolution ihre Lage bessern würde ohne darüber nachzudenken, dass es ihnen so schlecht ging, gerade weil die Leute, für die sie nun kämpften, sie so lange ausgebeutet hatten. Ortega war ein enger Freund des Somoza-Clans, der eine über vierzig-jährige Diktatur errichtet hatte. Doch ich bezweifelte es stark, dass die Sandinos Nicaragua zu neuem Wohlstand verhelfen konnten. Ich glaubte nicht an die Revolution, ich war hier, weil ich für meine Dienste $10.000 monatlich bekam. Dass ich eigentlich hier war um mein Heimatland zu verteidigen, für das Nicaragua eine ernsthafte Bedrohung war, war inzwischen nur noch eine Farce. Langsam aber sicher fing ich an, das Leben als Söldner zu mögen. Um 13 Uhr war wieder eine Besprechung, nur diesmal mit dem Leiter dieses Lagers. Er hieß Daniel Allegre und war ein äußerst pragmatisch denkender Mann.

"Statusbericht", forderte Raul.
"Hier ist alles ruhig. Diese Sandinos sind einfach zu blöd um zu erkennen, dass sich in dem alten Indianerdorf ein paar Wespen eingenistet haben. Weit und breit keine Spur von denen. Unsere Späher haben 30 km von hier eine Straßensperre entdeckt mit fünf bis zehn Mann. Sie bewachen die für uns einzig mögliche Straße nach Puerto Cabezas. Sie haben wohl auch ein Funkgerät. Aber in den letzten Tagen haben sie ihrer Einheit nicht mehr so oft Bericht erstattet wie früher. Die rechnen gar nicht mit uns. Wachablösung ist alle zwei Wochen, die nächste ist in drei Tagen. Wir rechnen damit, dass die Ablösenden schon unterwegs sind, es könnte also passieren, dass Sie unterwegs auf sie treffen. Ansonsten war es das mit der Präsenz der Sandinos. Haben Sie alles mit, was ich gefordert habe?"

"Ja Allegre, wir haben Proviant für einen Monat, neue Munition, ein neues Funkgerät und ein stationäres MG für Ihr Lager."
"Sehr schön. Wann brechen Sie auf?"
" Morgen früh wahrscheinlich. Sorgen Sie dafür, dass morgen 100 Rebellen Punkt 10 Uhr kampfbereit vor meiner Hütte stehen."
"Wird gemacht. Sie nehmen alle mit? Schade, dann bleiben mir ja keine übrig."
"Daraus wird wohl leider nichts, Puerto Cabezas muss nun mal nicht nur erobert, sondern auch gehalten werden."
"Das verstehe ich. Aber bitte sagen Sie mir nicht, dass Sie noch was von meinen Sachen brauchen."
"Nein, nein, wir haben unsere eigene Ausrüstung mitgebracht, dass heißt etwas bräuchten wir doch."
"Was?"
"Ein paar Mulis benötigen wir für den Transport."
"Davon habe ich genug, die können Sie gerne haben. Brauchen Sie auch ein paar Muli-Treiber?"
"Das wäre sehr gut. Haben Sie welche?"
"Ja, damit kann ich dienen. Ein paar Einheimische verdienen sich als Muli-Treiber ihren Unterhalt, auch die können Sie gerne haben."

"Gut, sehr schön, wäre sonst noch was? Wie steht es mit der Sicherheit des Lagers?"
"Abgesehen davon, dass die Sandinos es überhaupt nicht kennen nicht sonderlich gut. Unser größter Trumpf ist und bleibt die geheime Lage, das MG verbessert die Lage schon erheblich. Wenn ihr aber Puerto Cabezas einnehmt, wird das hier wieder ein bisschen voller und wenn sie es erst mal entdecken, kann ich für nichts garantieren."
"Gut, ich werde mal mit Ortega über Verstärkung sprechen."
"Danke sehr, Sir!"

Allegre salutierte. Er war Raul sehr dankbar für die Unterstützung bei der Verstärkung des Lagers. Seit Wochen redete er auf Ortega ein und alles was er bekam war ein mickriges MG. Aber wenn Ortegas zukünftiger Stiefsohn mit ihm redete, waren die Chancen weitaus höher, dass er seine Verstärkung auch bekam.

Das Lager war wirklich nicht sonderlich gut gesichert. Wenn das Lager erst mal entdeckt werden würde, war der einzige Schutz die 30 Mann Besatzung mit ihren alten Kalashnikows. Sie waren vollkommen ausgelaugt, eigentlich sollten sie vor zwei Wochen abgelöst werden. Doch Ortega brauchte die Leute im Westen des Landes, da die Sandinisten dort eine Offensive begonnen hatten. Unsere Aktion war die Gegenoffensive und spätestens wenn wir Puerto Cabezas eingenommen hatten, würde auch dieses Lager verstärkt werden. Abgelöst werden würden die tapferen Kämpfer hier sicher nicht, sie würden nur Verstärkung bekommen. Ortega kümmerte sich einen Dreck um das Wohlbefinden seiner Rebellen.

Ein weiterer wichtiger Grund, warum Puerto Cabezas das Ziel des Gegenangriffs war, waren die reichhaltigen Goldvorräte der Umgebung. Die Stadt war der wichtigste Umschlagplatz für Gold in Nicaragua, umso unverständlicher war es, dass sie so schlecht gesichert war. Von Puerto Cabezas war es nur ein Katzensprung nach Südwesten bis zu den Goldminen Nicaraguas. Ortega war ein reicher Mann, aber auch seine Gelder waren endlich und für sein ehrgeiziges Projekt brauchte er eine Menge Finanzmittel. Was lag da näher als die Schätze Nicaraguas auszubeuten? Und dabei immer mal wieder einen kleinen Beitrag auf sein Privatkonto zu überweisen, er wollte sich für seine "Hilfe" ja auch bezahlen lassen.

Die Gesichter der Rebellen, die schon lange hier unten waren, sprachen Bände. Sie waren verzweifelt und hoffnungslos. Sie, die schon lange im Kampfgebiet waren, hatten jenen Enthusiasmus verloren, den ich von den Rebellen gewohnt war. Auch sie waren bereit zu sterben, aber für sie wäre es die Befreiung gewesen. Es war ein Wunder, dass es Allegre gelang, sie zum Arbeiten zu kriegen. Ebenso war es erstaunlich, dass sie nicht wegrannten. Sie machten es wegen ihrem Anführer, er war sehr beliebt. Hier hatte nur er das Sagen, Ortega war weit weg. Wenn sie wegrennen würden, Allegre wäre derjenige, der dafür exekutiert worden wäre. Das Gerechtigkeitsgefühl war immer noch stark hier unten. Seit unserer Ankunft aber, war wieder ein Funken Hoffnung in den Gesichtern. Hoffen auf Essen, auf bessere Ausrüstung, bessere Insektenvernichtungsmittel, auf das Ende des Krieges, der gerade erst in Schwung kam.

Manuel, Nikita und ich machten einen Erkundungslauf durch das Gebiet. Da wir die Vorhut bilden sollten, war es wichtig, dass wir uns auskannten. Wir mussten die Flora und Fauna kennen lernen, die Tücken des Dschungels, die Geräusche, die dieser von sich gibt. Nur so war es uns möglich, eventuelle Feinde frühzeitig zu erkennen ohne selbst erkannt zu werden. Wir testeten die Funkgeräte und Head-Sets. Manuel war unglaublich geschickt, was Navigation und Anschleichen anging. Von ihm konnte ich noch viel lernen. An den Geräuschen des Dschungels konnte er erkennen, wo sich welches Tier aufhielt. Er zeigte mir, welche Pflanzen giftig waren und welche heilende Wirkungen hatten. Dann sammelten wir einen ganzen Eimer voll von irgendeinem Kraut. Als wir wieder im Lager waren, kochte Manuel das Kraut und vermischte es mit Öl. Herauskam das beste Moskito-Schutzmittel, dass die Welt je gesehen hatte. Sogar Doc Jansen staunte über die Wirkung und Manuel hieß ab sofort 'Druide'.

"Dadurch gewinnen wir das Chinin aus diesen Pflanzen, eines der wirksamsten Insektenschutzmittel, die es gibt.", erklärte er. Wir glaubten seinen Worten sofort, auch wenn wir die Wörter nicht verstanden, die seinen Mund verließen.

Die Nacht ist kalt und dunkel im Dschungel Nicaraguas. Doch der Wald schläft nie. Nachts waren Manuel, Nikita und ich noch mal unterwegs. Zu dieser Tageszeit ist der Dschungel noch gefährlicher als tagsüber. Vor allem für unsere Gegner. Dort war es noch einen Tick dunkler als außerhalb . Nicht einmal der Mondschein drang durch das dichte Blattwerk. Für einen Gegner ohne Nachtsichtgerät waren wir praktisch unsichtbar und unhörbar. Die wenigen Geräusche, die wir produzierten, und das waren wirklich äußerst wenige, wurden von dem Orchester des Waldes mit seinen unendlich vielen Musikern überspielt. Es war beängstigend, inmitten dieses dunklen lauten Ungeheuers zu sein, die vielen kleinen Monster zu hören, sie aber nicht zu sehen. Das änderte sich mit der Infrarotansicht. Überall waren kleine rote Punkte, es war schwer unter den vielen hellen Flecken einen Menschen zu erkennen, doch nach ein bisschen Übung gelang es mir schließlich. Willkommen im Dschungel, willkommen in der grünen Hölle. Sie verleibt uns ein und wenn man erst mal in ihr ist, lässt sie einen nie wieder los. Du konntest sie verdrängen; wenn du gut warst, konntest du sie vergessen, doch spätestens in deinen Träumen kam sie wieder und nahm von dir Besitz. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann schlägt sie zu.

Als wir wieder in unserem Lager waren, erschien sie mir gar nicht mehr so gefährlich und furchterregend. Die Anderen saßen noch am Lagerfeuer, wir gesellten uns dazu. Es wurde nicht gesprochen, gedankenverloren schauten wir ins Feuer, beobachteten die Funken, wie sie in Richtung Himmel entschwanden. Es war seltsam gemütlich wie kurios. Zwölf eiskalte Killer, in dieser Welt zum Töten ausgebildet. Wir genossen die Lagerfeuerromantik.
Es war fraglich, wann wir wieder so viel Zeit und Ruhe hatten. Jeder kostete diesen Moment intensiv aus, atmete die entspannte Stimmung regelrecht ein. Den letzten Augenblick der Ruhe. Aber nach und nach hatten sie genug von der Romantik und zogen sich in unsere Baracke zurück. Erst Nikita, dann Willi, dann der nächste, bis nur noch Vladimir und ich dort saßen. Vladimir, der kalte Russe, absolut kaltschnäuzig und unbarmherzig. Ein wahrer Paradesoldat, keine Fragen, keine Zweifel. Er tat das was man ihm auftrug, gegen die entsprechende Bezahlung.

"Willst du einen Schluck von meinem Vodka?"
"Ich weiß nicht, der hat mich gestern ziemlich umgehauen." Vladimir freute sich über diesen Satz. Er konnte das Zeug trinken wie Wasser, ohne dass es ihn zu beinträchtigen schien. Kein Wunder, wurde er doch von klein auf an das russische Gold gewöhnt. Ich raffte meinen Mut zusammen und streckte die Hand aus:
"Na gut, aber nur einen Kleinen."
Vladimir hatte immer eine Feldflasche extra mit diesem Wässerchen gefüllt, immer nur die besten Marken.

"Weißt du? Diese Lagerfeuer erinnert mich immer an meine Kindheit.", sagte Vladimir. Er wurde nostalgisch."Ich war als kleiner Junge bei den Pionieren. Wir haben immer Wanderungen durch den Ural gemacht. War wirklich eine schöne Zeit." Seine Kindheitserinnerungen überraschten mich. Ich hielt ihn immer für so eiskalt, aber das war er nur im Kampf. Jetzt bei einem Vodka und seinen Erinnerungen an die gute alte Zeit, taute er auf.

"Wie war deine Kindheit?"
"Nein, eher alles andere. Ich hab meine Eltern nie kennen gelernt. Ich bin in einem Heim aufgewachsen im wunderschönen Hell´s Kitchen."
"Wo liegt das?"
"Das ist ein Teil der Bronx, wahrscheinlich die Ortschaft mit der höchsten Kriminalitätsrate von ganz Amerika."
"Wie hast du es geschafft da raus zu kommen?", wollte er wissen.
"Das verdanke ich Dan Lee. Er war Besitzer eines japanischen Restaurants. Hat mich bei sich angestellt. Ich war der Ausfahr-Junge."
"Wie in diesen schlechten amerikanischen Serien?"
"Ungefähr so.", ich musste schmunzeln.
"Jedenfalls, Dan Lee konnte Nin Jutsu.
"Ist das diese asiatische Kampftechnik?"
"Ja. Jedenfalls begann ich mich mit dieser Kampfkunst zu beschäftigen. Sie faszinierte mich. Eigentlich war es nur eine Modeerscheinung der frühen 80´er, aber ich bin dabei geblieben. Dan Lee lehrte mich die Grundtechniken. Er war sehr gutmütig, er hat mir eine drei-jährige Ausbildung in einem traditionellen Dojo in Japan organisiert. Er hat mir sogar das Geld für die Ausbildung vorgeschossen. Ohne ihn würde ich wahrscheinlich schon längst in irgendeiner dreckigen Gasse in Hell´s Kitchen liegen. Und was ist mit dir? Warum hast du dein tolles Leben aufgegeben und bist Söldner geworden?"

"So toll war es nicht, glaub mir. Meine Kindheit war schon schön, aber je älter ich wurde, desto mehr störte mich an Mütterchen Russland. Du musst wissen, dass ich ein sehr ehrgeiziger Mensch bin. Ich muss immer alles am schnellsten, am effizientesten, am besten machen. Ist so ´ne kleine Macke von mir, liegt wohl in meinem Naturell. Diese Charaktereigenschaft verträgt sich nicht sonderlich gut mit der Planwirtschaft. Mein Vater hatte eine kleine Fabrik, in der Kalaschnikows produziert wurden. AK-47, das gute alte Modell. Eine Superwaffe war das. Als ich zwölf war, arbeitete ich in den Ferien bei meinem Vater in der Fabrik. Ich produzierte und produzierte so gut und so schnell wie ich konnte. Doch ich durfte nicht. Mein Vater meinte, dass wenn jeder so schnell wie ich arbeiten würde, in einem halben Jahrhundert sämtliche Rohstoffe der Welt aufgebraucht seien. Er musste sich genau an seinen Plan halten, der aus dem weit-entfernten Moskau kam. Er hätte so viel mehr produzieren können, zu viel besserer Qualität."

"Mein Vater war früher genauso enthusiastisch wie ich, doch diese Produktionspläne haben ihn gebrochen. Ich hätte die Firma übernehmen können, aber ich wollte nicht so enden wie er. In dieser täglichen Routine, aus der niemand ausbrechen konnte. Ich versuchte mein Glück bei der Armee. Da aber mindestens dreiviertel meiner "Kameraden" sich mehr um den Alkohol als um ihre Pflichten kümmerten, fand ich nicht das, was ich mir erhofft hatte. Die meisten saßen einfach nur faul rum und soffen eine Flasche nach der anderen. Wie immer wollte ich der Beste sein, das Beste rausholen. Natürlich war ich der Beste aus meiner Einheit. Ich war auf den besten Weg ein Speznaz zu werden, doch ich wurde nicht aufgenommen. Sie warfen mir mangelnde Teamfähigkeit vor, aber wie sollte ich mit diesen Suffköpfen arbeiten?"

Vladimir klang ziemlich verbittert, er nahm einen tiefen Schluck aus seiner Flasche. Es hatte ihn damals wohl ziemlich getroffen, dass die Speznaz ihn nicht aufgenommen haben. Sie hatten was verpasst. Vladimir hätte perfekt zu ihnen gepasst. Er hätte es bestimmt in ein Alpha-Squad geschafft.

"Danach war ich so sauer und enttäuscht, dass ich mich von Russland verabschiedete. Ein alter Kamerad aus der Armee erzählte mir, dass er vielleicht Profi-Söldner werden wolle. Er wurde zum Major befördert, seine Pläne legte er in die Schublade. Ich holte sie wieder raus. Er wollte damals zur SfS, einer Organisation die Soldiers for Soldiers hieß. Es war eine lächerliche Organisation, inzwischen gibt es die gar nicht mehr, aber sie haben mir geholfen, aus Russland zu flüchten. Sie besorgten mir eine neue Identität und ich ging nach Deutschland. Ich war frei, konnte endlich frei schaffen. Mit meinem Engagement machte ich mir schnell einen Namen und jetzt bin ich hier."

"Hat dich denn niemand vermisst?"
"Oh doch, der KGB war hinter mir her. In der DDR wurde ich von der Staatssicherheit gefasst. Sie waren drauf und dran mich zurück nach Russland zu schicken . Als Überläufer hatte ich eine rosige Zukunft in Russland oder wohl eher in Sibirien vor mir. Aber dank der SfS ist es mir gelungen, mit dem KGB einen Deal abzuschließen. Ich zahlte eine Weile einen Teil meines Gehaltes an den KGB und dafür haben sie mich nie gefunden." Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war ein Bild mit Seltenheitscharakter, es machte den kalten Russen menschlicher. Wiedereinmal entkräftete sich ein Vorurteil. Bei der Army hatten sie uns immer ins Hirn eingetrichtert, dass der KGB unbarmherzig und brutal sei. Doch nun bestätigte sich das Gegenteil. Er war genauso bestechlich wie unsere Geheimdienste. Ich musste endlich aufhören die Lügen zu glauben, welche die Army verbreitete.

Im Urwald von Nicaragua, 8. August 1987

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker Punkt acht. Die Sonne drang durch die Hütten hinein und tauchte unsere Schlafstube in helles Licht. Es war sehr idyllisch, aber auch nur bis Raul mit fester Stimme uns aufforderte aufzustehen. Ich blieb noch liegen, da das Badezimmer noch überfüllt war. Ich schaute noch eine Weile raus in das Dickicht des Urwalds. Um diese Uhrzeit war er ziemlich ruhig, nur vereinzeltes Vogelzwitschern konnte man vernehmen. Jetzt schliefen die nachtaktiven Tiere, während die Tagaktiven erst erwachten. Von außen wirkte der Dschungel nie so bedrohlich, wie er in Wirklichkeit war. Inzwischen war auch das Bad frei. Ein letztes Mal für eine ungewisse Zeit wusch ich mich gründlich, putzte mir die Zähne, rasierte mich. Körperpflege war ein Luxus hier und den genoss ich ausgiebig.

Nach dem Essen machten wir uns bereit für die Abfahrt. Wir kontrollierten das Magazin des MG, welches auf dem Jeep montiert war. Die Waffen, die wir nicht bei uns tragen, luden wir ebenfalls auf unser Kampfgefährt. Den meisten Platz verschlangen die Benzinkanister, der Motor war sehr durstig. Den Rest unseres Marschgepäcks, welches wir nicht für den Kampf brauchten, ließen wir von den Mulis transportieren. Da wir selbst nur das Notwendigste bei uns trugen, waren wir sehr beweglich. Als wir mit Packen fertig waren und noch mal alles gecheckt hatten, war es halb zehn. Zeit um die Tarnung aufzutragen. Wir benutzten ausschließlich Naturfarben, die Manuel uns zusammenmixte. Zusammen mit unseren Kampfanzügen waren wir unheimlich gut getarnt. Doch gut ist uns nicht gut genug, pflegte Raul zu sagen, er hatte noch eine Überraschung für uns.
Eine Kiste war noch geschlossen geblieben, jetzt wurde sie geöffnet und brachte zwölf neue Ghillie Suits hervor. Spätestens jetzt waren wir für unsere Gegner praktisch unsichtbar, so lange wie wir im Dschungel waren. Wir wurden zu Waldgeistern, die aus dem Nichts angriffen und knallhart zuschlugen Die perfekte Ausrüstung kompensierte unsere Unterzahl.

Jetzt stellte sich die Frage der Waffenwahl. Mein Kampfmesser am Gürtel, Shuriken in den Ärmeln, die Desert Eagle im Beinhohlster. Doch welche Waffe würde ich als Primärwaffe wählen? Ich entschied mich für die MP5 aufgrund des Schalldämpfers. Ich bildete mit Nikita und Manuel die Vorhut, wir sollten die Gegner entdecken und nicht entdeckt werden, lautloses Vorgehen war daher erwünscht. Schweren Herzens legte ich das M16 in den Jeep, beide Waffen hätte ich nicht tragen können. Manuel wählte eine AK74SU mit Schalldämpfer, während Nikita die Waffe eher als Beiwerk betrachtete, viel zu sehr schätzte sie ihr Messer. Sie entschied sich für eine Scorpion. Alle Waffen hatten einen Schalldämpfer, soweit es möglich war auch ein Zielfernrohr oder wenigstens einen Laserpointer. Laut den Berichten von Allegre würden wir auf Gegner mit alten AK-47 oder chinesischen Typ-85 treffen. Es war ein ungleicher Kampf, nur die Masse des Gegners glich unsere materielle Überlegenheit aus. Punkt zehn versammelten sich die regulären Rebellen vor uns, bereit für die Schlacht. Raul wendete sich an sie:

"Heute, meine Kampfkameraden, ist ein großer Tag für Nicaragua. Heute werden wir uns zurückholen was uns gehört. Wir Ihr wisst, werden wir Puerto Cabezas erobern. Es erfüllt mich mit Stolz, diesen bedeutenden Schritt in unserem Kampf gegen die verhassten Sandinos mit euch zusammen zugehen. Gemeinsam treten wir denen da unten in den Arsch. Hasta la Victoria siempre!"
"Hasta la Victoria siempre", schallte es ihm aus hundert Kehlen zurück.

Langsam setzte sich der Tross in Bewegung, ein Zug von 112 Soldaten. 112 Mündungen, die ihr tödliches Feuer mehr oder weniger präzise dem Feind entgegen spuckten. Und ich an der Spitze dieses Ungeheuers, sollte aufpassen, dass niemand sich ihm ungewollt näherte, ihn von Ungeziefer fernhalten. Und das alles während meiner ersten Mission. Manuel, Nikita und ich fingen an zu marschieren, hinter uns folgte der Jeep, mit Raul, Bulldog im Fahrerhaus, Vladimir und Doc bedienten das MG. Zybell und Carlos liefen neben dem Jeep, Will, Isaac und Futschi dahinter. Sie bildeten die Nachhut unseres Trupps, die zusammen mit den Mulis vor dem Haupttrupp folgte. Der Marsch war beschwerlich und ich brauchte mein Messer öfter als mir lieb war um den Weg von irgendwelchem Grünzeug zu befreien. Man musste ständig aufpassen, wo man hintrat, wollte man nicht aus Versehen eine Schlange zu sehr reizen. Ich sah Insekten, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Doch ich hatte nicht die Möglichkeit mich auf die Schönheit und Gefahr der Natur zu konzentrieren, ständig blickte ich zu Manuel und auf meinen Kompass um mich wenigstens annähernd orientieren zu können. In den ersten drei Stunden schafften wir fünf Kilometer pro Stunde, dann hatten wir den Rand des von uns kontrollierten Gebietes erreicht, ab jetzt hieß es vorsichtig sein.

Nur so wenig Geräusche wie möglich produzieren, dabei immer aufmerksam die Umgebung beobachten und dabei noch schnell vorankommen. Der größte Feind der Vorhut war der Scharfschütze. Es gab schon Fälle, in denen die Ersten eines Zuges nur einen Lichtblitz gesehen hatten, bevor die Kugel in ihren Kopf eindrang und dann waren sie noch gut, denn den Blitz sah nicht mal jeder. Selbst im Tode hatte die Vorhut auf makabere Weise ihre Aufgabe erfüllt, durch ihren Tod wurden die anderen gewarnt. Ich hoffte inständig, dass uns dieses Schicksal erspart bleiben würde. Es war auch relativ unwahrscheinlich in diesem Gebiet, wo die Präsenz der Armee eher gering war und der Dschungel die Sicht der Scharfschützen versperrte. Allerdings hatte das der Vietcong auch geschafft, wie mir mein Ausbilder glaubhaft versicherte.

Bei dem letzten Vorposten der Contras legten wir eine Pause ein. Wir unterhielten uns ausgiebig mit dem Soldaten, der dort stationiert war. Raul forderte wie immer einen Statusbericht.
"Guten Tag, Kamerad."
"Guten Tag, Senior Cruz, es ist mir eine große Ehre Sie hier begrüßen zu dürfen."
"Danke sehr, aber genug geplaudert. Wie ist die Lage hier unten."
"Ziemlich ruhig. Die Armee hat ihre Aktivitäten seit der großen Offensive hier sehr eingeschränkt. Vor Puerto Cabezas gibt es nur noch die Straßensperre und sonst nichts. Allerdings gibt es ein kleines Problem hier unten."

"Welches?"
"Ein paar Sandino-Idioten haben sich verlaufen und haben zwei Kilometer südlich von hier ihr provisorisches Lager aufgestellt. Es sind nur drei Leute."
"Wo liegt dann das Problem?"
"Sie haben ein Funkgerät und probieren fieberhaft mit der Basis in Cabezas in Kontakt aufzunehmen. Gott sei Dank ist es ihnen bisher noch nicht gelungen. Wenn es ihnen gelingt und wir sie danach ausschalten werden die ganz bestimmt einen Suchtrupp losschicken."

"Warum haben Sie die nicht schon erledigt?", wollte ich wissen.
"Sie müssen verstehen, wir sind hier nur drei Mann, ich kann es mir nicht leisten einen Mann für derartige Einsätze zu verlieren. Sie kommen genau richtig."
"Wo ist denn ihr dritter Mann?"
"Der beobachtet die drei und erstattet Meldung, wenn ihnen die Kontaktaufnahme gelungen ist."
"OK, wir werden uns darum kümmern. Manuel, Nikita und Duncan, das ist eure Aufgabe. Kümmert euch um die drei bevor sie mit Puerto Cabezas sprechen können und meldet euch dann bei uns. Und lasst das Funkgerät ganz, dieser Vorposten hier könnte eins gebrauchen."

Und los ging es. Wir drei liefen im Laufschritt nach Süden. Ich schwitzte sehr stark, was allerdings nicht nur an den warmen Temperaturen oder an dem erhöhten Tempo lag. Ich war unglaublich nervös. Mein erster echter Kampfeinsatz lag kurz bevor, ich würde mit größter Wahrscheinlichkeit gleich meinen ersten Menschen töten. Es ging alles so schnell. Im nächsten Augenblick waren wir einhundert Meter vor unseren Opfern und besprachen uns mit dem vorgezogenen Rebellen. In Wirklichkeit waren zwanzig Minuten vergangen.

"Hallo, wir kommen um euer kleines Problem zu lösen.", sagte Manuel zu ihm.
"Sehr gut, das ist auch bitter nötig."
"Wie sieht´s aus, haben sie den schon Kontakt aufgenommen?"
"Nein, noch nicht, aber das wird sicher nicht mehr lange dauern."

Wir traten etwas näher heran. Das provisorische Lager war inmitten einer kleinen Lichtung. Sie bestand aus einer Feuerstelle und daneben ein Drei-Mann-Zelt. An der Feuerstelle lagen zwei Baumstümpfe, die als Sitzgelegenheit dienten. Auf einem dieser Stümpfe saß einer der Soldaten und schaute dem anderen zu wie er mit dem Funkgerät kämpfte. Neben jenem lag ein dickes Buch mit allen möglichen Codes und Funkfrequenzen der Sandinisten. Der Dritte im Bunde studierte die Karten und schaute immer mal wieder auf seinen Kompass, seine Uhr und gen Himmel. Dieser war am schwersten zu erreichen, er stand dreißig Meter entfernt vom Rand des Waldes. Wir steckten die Köpfe zusammen.

"OK, jeder nimmt einen. Wir müssen den Überraschungseffekt nutzen. Deshalb konzentriert sich jeder auf seinen Mann. Absolut lautloses Vorgehen ist erforderlich. Gegnerzuteilung?"
"Ich nehme den auf den Baumstumpf, der streckt mir so schön seinen Hals entgegen.", sagte ich.
"Wie willst du ihn ausschalten?"
"Ich denke ich nehme meine Shuriken."
"Deine was?"
Mit einer Handbewegung schnellte ein metallisches Etwas hervor. Ich drehte meine Lieblingswaffe in meiner Hand hin und her. Ich war jung und hatte das dringende Bedürfnis mich zu präsentieren. Mit der MP5 würde ich weniger Risiko eingehen, aber die Show wäre nicht so eindrucksvoll.
"Mein Wurfmesser."
"Ach so, ja das ist gut und du Nikita?"
"Ich denke es ist für mich kein Problem mich an den Typen mit dem Funkgerät ranzuschleichen, der ist ja so auf seine Funke konzentriert, da wird er mich nicht bemerken. Er wird meine Klinge an seinem Hals spüren."
"Alles klar ich such mir ´ne gute Schussposition und lass meine AKSU sprechen.", erwiderte Manuel.

"OK, schaltet eure Headsets ein, Funkfrequenz 89,7 MHZ. Da gehen wir keine Gefahr ein, dass die Jungs da uns auf einmal in ihr Radio reinkriegen. Zugriff erst auf mein Kommando."
Manuel streckte uns seine Faust entgegen. Wir taten es ihm gleich.
"Auf geht´s !"

Und schon schwärmten wir aus. Ich hatte den kürzesten Weg. Langsam schlich ich mich an mein Opfer heran. Das Problem war, dass ich um mein Wurfmesser abzuwerfen, wenigstens knien musste. Allerdings war mein Gegner nicht gerade aufmerksam, er beobachtete seinen Kameraden. Langsam richtete ich mich neben einem Baum auf, und schien mit ihm zu verschmelzen. Durch meinen Ghillie Suit sah ich aus wie ein Busch. Ich begann mich auf mein Ziel zu konzentrieren. Mein Opfer war ungefähr zehn Meter vor mir und drehte mir seinen Rücken zu. Seine Halspartie war vollkommen ungeschützt. Dort würde ich hinwerfen. Ich überlegte welches Shuriken ich benutzen würde. Nach genauer Prüfung der Bedingungen, entschied ich mich für das Tanto Gata. Es hatte eine ausreichende Reichweite und mit seiner breiten Klinge auch die nötige Zerstörungskraft. Alles was ich tun musste, war es richtig zu werfen. Ich konzentrierte mich nur noch auf den Hals, dachte mir eine imaginäre Zielscheibe, bezog die Windverhältnisse ein, ging alles noch mal im Kopf durch. Dieser Wurf musste sitzen. Falls er nicht saß, lag neben mir auf den Boden meine entsicherte MP5, abgedeckt mit ein wenig Gras. Falls etwas schief ging, musste ich mich sofort auf den Boden schmeißen und abdrücken. Ich war bereit für die Schlacht.

"Hier Duncan, bin in Position, Tango 1 im Visier, warte auf Feuerfreigabe."
"Verstanden, Duncan, noch ein wenig Geduld."
Ich musste nicht lange warten, bis sich Manuel wieder meldete.
"Hier Manuel, in Position. Tango 3 im Visier. Nikita, wir warten."
"Jaja, bin gleich soweit."

Nikita hatte den weitesten Weg. Sie musste um die ganze Lichtung herum, schließlich wollte sie nicht entdeckt werden. Langsam robbte sie sich direkt hinter ihr Opfer.
"Hier Nikita, bin in circa drei Minuten in Position, Tango 2 im Visier. Werde jetzt den Funkverkehr einstellen, da sonst die Gefahr der Entdeckung besteht. Wenn ich soweit bin, klopfe ich an mein Mikro. "
"Verstanden, wir warten auf dein Zeichen."
"Verstanden."

Die Zeit bis zum dem ersehnten Klopfzeichen kam mir wie Stunden vor. Dann endlich begann Manuel zu zählen.
"Fünf...vier...drei...zwei...eins...Zugriff!"
Mein Körper war bis zum Äußersten gespannt. Mit viel Kraft und äußerster Zielsicherheit schleuderte ich meinem Gegner mein Wurfmesser entgegen. Das Tanto Gata absolvierte genau drei horizontale Umdrehungen, ehe es mit der Spitze auf den Hals meines Opfers auftraf. Sofort ließ ich mich fallen und schnappte mir meine MP5. Als ich hochschaute, fiel der Gegner vornüber.
"Tango 1 am Boden."

Dann ging alles ganz schnell. Ich sah noch einen roten Punkt auf dem Hinterkopf von Tango 3 ehe ein leises Surren den Abschuss betätigte. Der Hinterkopf platzte auf, Blut und Gehirnmasse besudelten die Karte, die vor ihm lag. Mit seinen kalten, toten Augen schaute er genau in meine Richtung. Doch es war der falsche Augenblick für Gefühle. Sofort visierte ich Tango 2 an. Dieser schaute entgeistert nach oben und sah seine toten Kameraden. Verzweifelt und mit Angst in seinen Augen suchte er nach uns. Doch er schaute nicht nach hinten. Nikita verschloss von hinten mit ihrer Hand den Mund ihres armen Opfers. Ihr tödliches Spiel ging weiter. Sie presste sich von hinten an seinen Körper und umschloss mit ihren Beinen die Taille von Tango 2. Dann setzte sie das Messer an. Langsam, ja fast genüsslich durchschnitt sie ihm die Kehle. Die Lebensgeister verließen den um die zwanzig Jahre alten Soldaten, seine ängstlichen Augen wurden immer leerer, ehe Nikita ihren Griff löste. Ihr Opfer fiel wie ein nasser Sack auf den Boden.
"Tango 2 am Boden."

"Saubere Arbeit, Leute. Los, durchsucht die Leichen."
Jetzt war auch Zeit für ein wenig Small-Talk.
"Interessante Technik Nikita, ziemlich viel Körpereinsatz." Sie lächelte.
"Danke, ich nenne das die Schwarze Witwe."
"Was für eine schöne Art zu sterben."
"Hey, genug geredet, los durchsucht die Leichen, wir wollen heute noch weiter."

Das Leichenfleddern war einer der weniger schönen Seiten in meinem Job, obwohl es eigentlich außer dem Geld nichts Schönes an diesem Berufszweig gab. Erst kommt das Fressen und dann kommt die Moral. Doch irgendwann stumpfte man ab, aber ich war neu im Geschäft, mir ging das noch nahe. Mit jedem Blick auf die Opfer starb ein wenig meiner Menschlichkeit. Ich zog das Wurfmesser aus meinem erlegten Gegner. Ich hatte es schon über drei Jahre, doch es war anders als bisher, es war blutverschmiert, es hatte getötet. Manuel fand an den Schlafstätten die Waffen der Soldaten. Drei Scorpion, nicht gerade im guten Zustand. Nikita schnappte sich das Funkgerät und das Code-Buch.
"Dann wären wir hier ja fertig.", stellte ich fest.

"Nein, noch nicht, du musst noch die Leiche durchsuchen. Nimm alles mit, was für uns nützlich sein könnte. Zigaretten, Messer, Geld, alles." Ich hatte Ekel davor den toten Mann zu durchsuchen, wollte seinen bereits langsam kälter werdenden, verschwitzten Leib nicht berühren. Doch das gehört zum täglichen Brot eines Söldners.

Ich fand nichts Wertvolles, außer der Geldbörse. Es kamen knapp 50 Córdoba zum Vorschein, rund $10. Und ich fand eine goldene Kette mit einem Bild einer Frau und ein Tagebuch, das mir verriet, dass mein Opfer Angelo da Silva hieß.


Von Mattscho


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