Betr.: Angriff auf Erfurt
Deckname: Operation Fantreffen
Zeitpunkt: Samstag 28.08.1999, 14:00 Uhr Greenwich-Zeit
Es war an jenem düsteren Samstag, als mit sanftem Ratatatat der Zug langsam den
Schweinfurter Bahnhof verließ, um die wilde Bergwelt Südthüringens zu durchqueren und
schließlich im sagenumwobenen Erfurt anzukommen, jener Stadt, die von vielen als das Tor
zum Orient bezeichnet wird, einem Land voller Mysterien.
Wochen vorher hatte ich eine EMail von einem gewissen Jediknight erhalten, der eine Gruppe
von Söldnern suchte, die ihn bei einem schweren und gefährlichen Einsatz in der Wildnis
Thüringens unterstützen sollten. Ich wußte, es hatten sich eine Reihe erfahrener Kämpen
gemeldet, deren Namen mir allesamt Begriffe waren, und es reizte mich, in dieser Gruppe von
verwegenen Söldner zu dienen und meine Kampferfahrung einzubringen. So sagte ich also zu.
Der alte Wachturm ragte wie ein Mahnmal der Menschlichkeit von einem Grenzhügel zum
wolkenverhangenen Himmel auf. Ich ignorierte ihn einfach. Es gab wichtigeres. Sollte der Zug
durchsucht und meine Munitionsvorräte vom Kaliber 10% entdeckt werden, so würden mir die
drei Magazine "temporärer Problemlöser" wohl konfisziert und von den Grenztruppen vernichtet
werden. Darauf wollte ich es nicht ankommen lassen.
Das Land um mich herum wurde immer wilder und rauher, die Berge höher. So hatte ich mir den
Osten vorgestellt. Gerade mit Einsätzen in solchem Gelände habe ich so meine Erfahrung, und
so war ich auch zuversichtlich, der Truppe eine Hilfe zu sein.
Nach einer endlos scheinenden Reise rollte der Zug endlich in Erfurt ein. Bereits am
Bahnhofsausgang kam mir eine Gruppe grüngekeideter Bewaffneter entgegen. Sollten wir an
den Feind verraten worden sein? war die Mission zum Scheitern verurteilt? Leise Zweifel
überkamen mich, die ich jedoch abschütteln konnte, als ich an unserem geheimen Treffpunkt
die ersten beiden Söldner fand, die dieser Mission beiwohnen würden; slsl und Black Scorpion,
gestählt in unzähligen Einsätzen hinter feindlichen Linien, waren kurz nach mir in Erfurt
angekommen.
Noch waren wir nur zu dritt, und unser genaues Missionsziel war uns noch nicht bekannt, also
beschlossen wir zu warten.
Nach und nach kamen sie: zuerst Sparrowhawk, ein in jenen Ländern beinahe schon
berüchtigter Kämpfer, der auch sein Einsatzfahrzeug zur Verfügung stellte; Neroon, der
aufgrund seiner hohen Erfahrung oft auch Könich genannt wird, und wohl von allen als
Anführer akzeptiert wurde, obwohl es nie einer aussprach; O Love, Vac und Crustulum, die aus
Ländern noch weiter im Orient kamen und in Untergrundmissionen bereits einige Erfahrung
gesammelt hatten; ILJR, der HW-Guy, der seinen Heavy Woofer zur Truppenunterstützung
über die Grenze geschmuggelt hatte; und natürlich Jediknight, der Auftraggeber, der bereits
alles vor Ort organisiert hatte: die Verpflegung und die Munition war eingekauft, vorwiegend
für leichte Waffen vom Kaliber 5% der Marken Warsteiner, Erdinger, Radeberger und
Hasseröder. Als Reserve diente noch ein kleiner Vorrat Krombacher Schädelspalter, das im
Volksmund auch "die flüssiger Form der Selbstkasteiung" genannt wird. Es war nicht viel, aber
wir hofften, es würde reichen.
Nachdem wir noch den unerfahrenen TheEye rekrutiert hatten, der allerdings dieses Manko
allerdings durch überragende Rechtschreibfähigkeiten wettzumachen verstand, ging es nun in
3 Einsatzfahrzeugen zum 2.Treffpunkt, dort wo die Schotterpiste durchs Land zog und jene,
die von Westen aus mit ihren Kampffahrzeugen ankommen sollten, auf uns warteten: Käptn
Cock, der sogar das Risiko auf sich genommen hatte, ein Magazin für die Kaliber-40%-Artillerie
durch das Land zu schmuggeln, und ChainSaw, ein gebürtiger Russe, der uns bei
Passkontrollen von großem Nutzen sein konnte. Kurze Zeit später kamen auch noch Gangsta
und Toxic, und die Einsatzgruppe war vollzählig, auch wenn wir nur 14 Mann waren, und somit
noch 4 weitere Söldner hätten mitnehmen können. Aber die Gefährlichkeit des Auftrags hatte
wohl viele Weicheier, Schattenparker, Bausparer, Slipwechsler, Warmduscher und Zähneputzer
(sorry Gangsta) schon im Vorfeld abgeschreckt.
Es ging nun los zum Einsatzort, einem Trainingscamp des Feindes in der Nähe von Erfurt, wo
wir versuchen sollten, uns einzuschleichen und im Geheimen ein Basislager aufzubauen.
Der Posten war mistrauisch un mürrisch. Wir mußten aus dem Wagen kommen und bei ihm
vorsprechen, und nur der slsl´s berühmter "hier sind 100DM, die hältst du dir vor die Augen, bis
wir weg sind"-Trick konnte uns Zugang zum Camp verschaffen.
Dort angekommen, ging es erst einmal darum, unentdeckt zu bleiben, so benahmen wir uns wie
andere Trainees auch. Gerade in dieser Phase zeigte sich Neroons Qualität als Kommandant.
Seine Selbstsicherheit, mit der er von seiner Position am Heck eines der Einsatzfahrzeuge aus
das Aufbauen der Zelte überwachte, stärkte unsere Moral derart, das wir die Zelte aufstellen
konnten, ohne das er ein einziges Mal Hand anlegen mußte! Ich wußte, dies war die richtige
Truppe.
Wer weiss, wie die Dinge ausgeangen wären, wenn jetzt nicht einer jener berüchtigten
fernöstlichen Taifune über das Camp hinweggefegt wäre und sintflutartige Regenfälle und von
der Durchführung unseres ursprünglichen Planes, eines Frontalangiffs auf das gegnerische
Hauptquartier, abgebacht hätte.
Die neue Sachlage erforderte erstmal, das ein Spähtrupp die nähere Umgebung sondierte und
sicherte. Crustulum und ich meldeten sich freiwillig. Wir robbten nun den Hang hinauf in
Richtung des gegnerischen Hauptquartiers, und erkannten sofort, das dort der Feind seine
große Schwäche zeigte: das Sanitärgebäude.
Der Plan war schnell gemacht: handstreichartig sollte das Sanitärgebäude eingenommen und
der Feind so demoralisiert werden. Denn gerade bei diesem Schmuddelwetter würde die
Waschmaschine wirklich fehlen.
Wir rückten also gegen das Gebäude vor. Bewaffnet mit dem Heavy Woofer und einer Kiste voll
Warsteiner-Munition drangen wir durch die Hintertür ein und stießen bis zum Spülraum vor,
ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen. Die Leichtigkeit, mit der uns das Unternehmen
gelang, überraschte uns und spornte uns zu mehr an: Cocky´s berühmtes Chili.
Auch wenn den Eingeborenen der Gebrauch des Löffels erst erklärt werden mußte, war diese
Stärkung zu dieser Zeit wohl entscheidend für den Sieg, denn durch einen Tip, der uns von
einen Eingeborenen zugespielt wurde, wurden wir eben auf jene unbewacht herumstehende
Waschmaschine aufmerksam. Sie war schnell erobert und diente nun als Stützpunkt für
weitere Unternehmungen in den Nahbereichen, wie z.B. der Sturm auf die Toiletten.
Zum berauschenden Gefühl des Sieges kam nun auch noch, das der Regen nachzulassen
begann und wir uns nun auf den letzten und entscheidenden Angriff vorbereiten konnten.
Schnell wurden der Grill sowie die übrigen Munitionsvorräte zu jenem Ort gebracht, den wir uns
als Schlachtfeld ausgesucht hatten.
Wärend O Love uns nun Rückendeckung gab und uns mit Nahrung versorgte, kämpften wir an
der Front und verfeuerten Magazin um Magazin. Doch es schien sich zu lohnen. Der
Widerstand war geringer als erwartet und die Truppenmoral stieg ins Grenzenlose. Überragend
während dieser Phase der Schlacht waren vor allem Gangsta, slsl und Jedi, die im
Automatik-Modus Magazin um Magazin verballerten, sowie Cocky, der mit seiner 40%-Ari dem
Feind mächtig einheizte.
Schnell war das Gelände gesichert. Nun ging es darum, eventuell zu einem Gegenangriff
ansetzende Feindverbände in die Flucht zu schlagen. Also formierten wir uns in einem Kreis,
um gegen jede Seite schnell zurückschlagen zu können.
Hierbei konnte ich meine ganze Erfahrung aus früheren Einsätzen in die Wagschale werfen,
denn ich erkannte frühzeitig, das bei der hohen Feuerrate einiger Kämpen die Munition wohl
kaum bis zum Morgen reichen würde, also bemühte ich mich, so wenig wie möglich für jene
übrigzulassen, denen ihre Killrate wichtiger ist als mir. Außerdem kämpfte ich mich zu unseren
Zelten durch, um die drei 10%-Magazine zu besorgen, im Glauben, das sie noch gebraucht
würden.
Es war nun abzuschätzen, das wir gewonnen hatten, auch wenn kleinere Scharmützel immer
wieder stattfanden, und so beschloss Sparrowhawk, das Feld zu räumen und unseren in
Nachteinsätzen ausgebildeten Truppen den Vortitt zu lassen. Auch TheEye zog sich bald
zurück, und als Cocky schließlich ganze Munition für Waffe verbraucht hatte, sagte er schnell
noch mal "Tschüssie" und verschwand in Richtung Zelt. Neben einigen anderen beschloss nun
auch ich, mich erneut zu den Zelten durchzukämpfen und ein paar Stunden zu schlafen, da
sich die Gruppe der Nachtkämpfer auf frühe Ablösung wohl freuen würde. So blieben Chainsaw,
Jedi und slsl zurück, um das Schlachtfeld zu sichern, und auch Neroon, der stets nüchtern die
Lage analysierte, stahl sich nicht aus der Verantwortung.
Als ich am Morgen danach das Schlachtfeld erneut aufsuchte, bot sich mir das Bild eines
würdelosen Gemetzels: leere Magazine waren überall verstreut, Brocken toten Fleisches lagen
auf dem Boden, selbst für einen erfahrenen Söldner wie mich war der Anblick schauderhaft.
Aber wir hatten gesiegt! Vom Feind war weit und breit keine Spur, und nach einer
ausführlichen Lagebesprechung beschlossen wir kurz nach Mittag, unsere Zelte abzubrechen
und die Heimreise anzutreten; die örtliche Miliz, geführt von Jediknight, würde mit der Situation
wohl spielend fertig werden. So packte ich meine Sachen. Mein Zelt war, genau wie meine 20
Schuss für den Woofer und die drei 10%-Magazine, unangetastet geblieben, und so ärgerte
ich mich ein bisschen darüber, das Material unnötigerweise zum Einsatzort geschleppt zu
haben. Aber das ist immer noch besser, als es nicht zu haben, wenn es gebraucht wird.
Der Westen empfing mich freundlich, mit Sonnenschein und Wärme, und so brannte sich auch
das Erlebnis in mein Gedächtnis ein, eine Schlacht, von der noch unsere Enkel erzählen
werden, und ein beispielloser Triumph!
Von Lullaby
|