Rauchschwaden verdunkeln die Sonne.
Einem gleißenden Feuerball gleich, der Vorbote der Apokalypse, tiefstehend am Horizont, taucht sie die
verbrannte Erde in ein unwirkliches Licht aus Chaos und Anarchie.
Kein Stein mehr auf dem anderen, Zerstörung und abgrundtiefes Leid soweit das Auge reicht, soweit die Füße
tragen, liegt der Hauch des Todes über der zerbombten und trostlosen Einöde.
Inmitten dieser postnuklearen Welt ein Mensch, ein Söldner, getrieben von eindeutigen Direktiven des
Kommandos, das so fern ist aber doch unerbittlich im Hinterkopf der menschlichen Maschine schreit: „Vorwärts!
Keine falsche Müdigkeit vorschützen! Schande dem Unterlegenen! Für den Sieg, für den Konzern!“
Und so läuft er, geleitet von ureigenen Instinken seinem Schicksal entgegen, seiner Bestimmung, seinem
Untergang, und er weiß es.
Dies ist kein Kampf um Interessen, um ideologische oder materielle Werte.
Es ist das ständige Ringen um´s nackte Überleben, und wer schwächelt, verliert.
Moralische oder emotionale Belange sind nicht länger existent, die Idylle von einem Leben in Harmonie, in Freiheit,
scheint absurd und grotesk gleichermaßen, aus dem Bewußtsein gestrichen, aus dem Hirn gewaltsam entfernt.
Wer hier länger nachdenkt, erlebt die dunstverhangene und trügerische Morgenröte nicht noch einmal.
Der Kampf um´s Dasein entfacht mit unnachgiebiger Intensität, und so mancher Selbsterhaltungstrieb verliert
sich ungeachtet, und mit tragisch-obligatorischer Belanglosigkeit, in den Sphären des Todes und der
Vergessenheit.
„Weiter! Vorwärts!“
Deine Beine in unablässiger Bewegung, den Rücken gebeugt, die Waffe im Anschlag, sprintest du über die
zerklüftete Einöde.
Schwere Stiefel wirbeln die von Schrapnellen durchsiebte Erde auf, und versinken zuweilen in dem von
Wasserlachen und Kratern durchsetzten, auf Jahrtausende unfruchtbaren Boden, der sich in Form von kahlen
Hügeln und vergifteten Senken vor dir erstreckt.
Kein Geräusch weit und breit, nur dein keuchender Atem und das verräterische Klappern deiner Ausrüstung trotzt
der mahnenden Totenstille dieser Marslandschaft.
Als du mühsam die nächste Bergkuppe erklimmst, schlägt dein Infrarotsensor unerwartet Alarm.
Auf der nebelverhangenen Ebene zeichnen sich die undeutlichen Konturen zweier Widersacher ab, die offenbar
nichts Gutes im Sinne habend, sich von Deckung zu Deckung bewegend, deiner Position rasch nähern.
Die Umgebung verschwimmt, deine Sinne sind einzig auf das Ziel fixiert, automatisierte Bewegungen mit
verhängnisvoller Sicherheit und Präzision.
In Sekundenbruchteilen legst du an, dein Fadenkreuz wandert über den Körper deines Gegners, die Brust, der
Hals, der Kopf.
Schon kannst du seine Gesichtszüge deutlich unterscheiden, schaust in seine Augen, witterst seine Angst, kein
Funken Mitleid rührt deine versteinerte Seele, ein Ziel wie jedes andere auch.
Ein letztes Ausatmen, ein letzter Schweißtropfen löst sich von deinem angespannten Gesicht, und du schickst
das totbringende Geschoß auf die Reise.
„Fahr zur Hölle Mutant!“, schießt es dir kurz durch den Kopf; und wie das salzige Endprodukt deiner
Schweißdrüsen auf dem Boden auftrifft, spürst du den vertrauten Rückstoß der Dragunow und siehst den Kopf
deines Gegeners zerspringen.
Doch keine Zeit auszuharren, ein kurzer Blinzler deinerseits läßt diesen Moment in die bedeutungslosen Annalen
der Geschichte eingehen, in die Vergessenheit.
Mit dem Erwachen kommt auch die Erinnerung, hattest du nicht noch eine zweite Gestalt ausgemacht?
Nichts Lebendiges erscheint im Visier, nur der heulende Wind scheint die lockernen Erdmassen zu irrealen
Feindbildern auftzutürmen.
„Hasst dir wohl die Hosen...“, beginnst du gleichsam spöttisch und frustriert zu rufen.
Aber ein verdammt nahes Geräusch läßt dich plötzlich verstummen.
Du kennst es, das Durchladen einer Waffe hallt noch in deinen Ohren, und es war nicht die Deinige.
SHIT!
Mit einem verzweifelten Sprung löst die Anspannung aus deinen erstarrten Gliedern und stürzt waghalsig den
Abhang hinunter.
In den Augenwinkeln die schematische Bewegung dieses verschlagenen Feiglings wie er auf dich anlegt, ergreifst
du in einer Wolke aus Staub und Geröll, den Brustpanzer bis auf´s Äußerste strapazierend, den unbequemen Weg
der Flucht
Jeder muß einmal Staub fressen, und es scheint als seiest nun du an der Reihe das kürzere Los zu ziehen.
Ein gewaltiger Hechtsprung läßt dich unsanft in der matschigen Grube landen, die jetzt notdürftig als
Schützengraben herhalten muß, glitschig und durchnäßt bis auf die Haut ringst du hektisch nach Luft.
Hastig den Dreck aus den Augen gewischt, greifst du reflexartig zum .45er Colt, der im Nahkampf selbst den
stärksten Angreifer zurückschlägt. Klick-Klack, 11,43mm-single-action.
In dieser verdamten Situation hast du den Verlust deines Gewehr`s längst abgeschrieben und würdest
dich auch noch mit der Klinge verteidigen, wenn es der Umstand erfordert -7inch stainless steel.
Für einen Augenblick senkt sich der Adrenalinspiegel, die einzige Droge die dir in dieser unwirtlichen und
verhaßten Welt noch geblieben ist.
Arrgkhh...ein stechender Schmerz im Oberschenkel läßt deine Hände zum Kopf gleiten, mit knirschenden Zähnen
und krampfartigen Zuckungen überwindest du den körperlichen Pein, wie schon vorher so oft, hinderst deinen
Kopf am explodieren.
Hat dich der elende Sucker doch noch erwischt, läßt dich hier verbluten wie eine angestochene Sau!
Mühselig und unbeholfen kramst du einen letzten Verbandsstreifen aus der 5-pocket west, welche die schweren
Panzerteile auf deinem Oberkörper überdeckt.
Wer kämpft hat keine Zeit zum Bluten, aber hier in diesem versüfften und abgefu$?ten Schlammloch gibst du
wohl eher ein karges Mahl für die zu teuflischen Kreaturen mutierten Ratten ab.
Mehr schlecht als recht schlingst du den Wisch um das malträtierte und zumindest in nächster Zeit unbrauchbare
Bein, das dem verdammten Graben einen hübschen roten Anstrich verpaßt hat.
Ein Schimmer der Hoffnung erhellt deinen, von destruktiven Mächten abgeschwächten Geist, doch erlischt fast
so schnell wie die brennende Fackel im Sturm, zu schwer wiegt die Last der Vergangenheit und Gegenwart.
So liegst du nun mit dem Gesicht himmelwärts, die düsteren Schatten des rußigen und von Bombenschwaden
verschlossenen Firmaments anstarrend, wie ein Opfer derselbigen, ein irreleitender, verblassender und hämischer
Bote der Alles verschlingenden Schwärze, deines Schicksals.
Gleichmütigkeit befällt dein Gemüt, stoisch und lethargisch harrst du der Dinge, die da kommen, vielleicht noch
kommen werden, oder längst geschehen sind, wer weiß?
Die Maske des Wahnsinns überzieht dein entstelltes Gesicht, oder sind es nur die Schatten?
Wie viele Tage sind dir noch zugemessen, in dieser zeitlosen Einöde hemmungslosen Elends und
paradox-natürlicher Banalität von Vernichtung und Einsamkeit, sinnlos und doch mit erschreckenden
Selbstverständnis?
Zwei, drei, eine ganze Woche?
Die unablässigen Schmerzen sind jetzt unerträglich, aber zumindest ein eindringlicher Beweis deiner andauernden
Existenz, bevor sie auch von dem umnebelnden Fieber, eines längst abgeurteilten Halunken, betäubt werden,
gefühllos wie die Seele, die schon lange vor dem Körper gestorben ist.
Die Krämpfe packen dich erneut, und kalter Schmeiß sammelt sich dir auf der Stirn.
Mit verzerrten Gesicht umklammerst du deinen Colt, die einzig verläßliche Konstante, die in deiner Gleichung noch
fehlt, in der alles beschreibenden Formel.
Und gleich wirst du sie vollenden, gleich...
Von SIDEBOARDER XL
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