Es war der dritte Kriegsmonat. Die Verluste hielten sich in
Grenzen, nur Buzz und Malice waren gefallen. Beide hatte es in
Alma erwischt. Miguel hatte ein Granatsplitter das Bein
aufgerissen, aber in zwei Wochen würde er wieder
einsatzbereit sein. Ansonsten gab es nur kleinere Blessuren zu
behandeln, aber die Betroffenen waren kampffähig. Mehrere
Angriffe auf Cambria und Grumm waren abgewehrt worden, die
Milizen hielten sich wacker, sogar gegen Deidrannas
Elitetruppen.
Am Vortag hatte Gus, der die Operation leitete, einen kleinen
Stoßtrupp von vier Mann unter Führung von Shadow
von Grumm aus nach Süden auf der Küstenstraße
geschickt. Dabei war sogar der Stadtrand Medunas erreicht
worden und Grunty hatte zwei Panzer geknackt. Überhaupt
machte der Deutsche sich nicht schlecht.
Die Woche vorher war ein Trupp von Alma nach Süden
vorgestoßen und hatte Balime genommen. Dies war
gleichzeitig die erste Bewährungsprobe für Kuster,
der wie Grunty Deutscher ist, als Truppführer gewesen.
Die Ausbildung der Verteidigungskräfte war abgeschlossen,
deshalb sollte er heute nach Tixa vorrücken, die
restliche Ausrüstung für die Leute in Balime bergen
und das Gefängnis sprengen. Gus war der Meinung, es sei
gut für die Moral der Bevölkerung von Arulco, wenn
dieses Symbol der Herrschaft Deidrannas in Schutt und Asche
gelegt würde. Und Kuster war immer schon ein
bißchen versessen auf die Feuerwerkerei, obwohl er
eigentlich ein gut ausgebildeter Heckenschütze ist.
Ira riß ihn aus seinen Gedanken:
"He Kuster, Gus ist an der Strippe, scheint was oberfaul zu
sein."
Also setzte er sich in Richtung Funkgerät in Bewegung.
"Kuster hier, was gibt´s?"
"Es wird heiß, pack deinen Krempel zusammen, Code Delta.
Alles andere vor Ort."
Gus und seine Codes, trotz der sicheren
Verbindung. Irgendein schlaues Kerlchen hatte diese Funkanlage
von der US-Army geklaut. Das Funksignal klang ohne die
Entzerrung wie das normale Hintergrundrauschen auf Kurzwelle.
Na schön, eine Flugreise, dachte er. Also auf in die seit
einem Monat stillgelegte Mine von Grumm, wo Gus
vorübergehend sein Hauptquartier in den Stollen
eingerichtet hat.
Nach einer Viertelstunde tauchte auch schon Bullocks fliegende
Kaffemühle auf. Der Sprengstoff wurde schnell verladen
und eine Stunde später war er schon bei Gus.
"Du weißt, das wir Fidel nach Meduna geschleust haben,
um ein bißchen Unruhe zu stiften?" begann Gus das
Gespräch.
Fidel war in letzter Zeit etwas unangenehm aufgefallen, weil
er sich ständig mit verschiedenen Leuten aus dem Team
angelegt hatte, also hatte ihm Gus den Vorschlag gemacht, ein
bißchen Feuerwerk in Meduna zu veranstalten. Wenn es ums
Sprengen geht, ist Fidel ein Crack, und wenn er allein
arbeiten kann, um so besser. Deshalb hatte er den Auftrag
angenommen. Kurze Zeit später hatte es auch schon einen
schweren "Unfall" im Munitionslager der
Flugabwehrraketenanlage gegeben.
Gus fuhr fort: "Heute morgen haben wir von Fidel eine
Funkmeldung bekommen. An der Ostküste von Meduna, in der
Nähe des Flughafens, sind zwei Panzer, wahrscheinlich T-
72 und ein vierachsiges Schützenpanzerfahrzeug von einem
Fährprahm angelandet worden. Mitten in der Nacht."
"Vier Achsen? Kann vielleicht ein SPW P60 sein, wenn es sich
um eine reine Lieferung von den Russen handelt. Da hat aber
Frau Reitman tief in die Privatschatulle gegriffen."
"Scheint so. Zum Glück hat sie nicht den ganzen Rest von
der russischen Armee aufkaufen können, dank unserer
Intervention im Minengeschäft. Die Fahrzeuge sind
allerdings nicht für die Verteidigung von Meduna gedacht.
Sind sofort bemannt und aufmunitioniert worden und nicht mehr
auffindbar. Schätze, die Leute machen sich mit der
Technik im Gelände vertraut. Dazu sind noch etwa 10 bis
20 Mann Infanterie losgezogen. Bis hierher müssen sie
aber auftanken. Fidel versucht jedenfalls, etwas mehr
herauszufinden. Du hast dich in Balime gut geschlagen und hast
Erfahrung mit Sprengstoff. Trevor, unser helles Köpfchen,
ist immer noch in der Raketenstellung in Cambria mit
Minenräumen beschäftigt, da wir sonst das
Gelände nicht effektiv verteidigen können, also
wirst du einen Schlachtplan entwerfen, um die Panzer
aufzuhalten, da du momantan der einzige Erfahrene im Umgang
mit Sprengstoff bist. Ich habe noch Barry von AIM angefordert,
aber der ist maximal um Mitternacht hier und das ist
vielleicht schon zu spät. Also kümmere dich! In
einer Stunde will ich deine Ergebnisse sehen! Und laß es
nicht zu einem Little Big Horn 2 werden!"
Na wie nett, Anspielung auf seinen Namen, auch wenn er etwas
anders geschrieben wird. Die anderen machten sich aber
wenigstens nur einen Jux daraus, ihn damit aufzuziehen. Bei
Gus klang das jetzt aber wesentlich ernster.
Jetzt kam das übliche. Karte vornehmen und erst mal das
Gelände prüfen. Dann zu Carlos, dem ehrenamtlichen
Quartiermeister, und ihn fragen, was noch an Material da ist.
Und noch die Leute auswählen. Die Stunde verging wie im
Flug.
Nun ging es zur Missionbesprechung. Kuster fühlte langsam
einen Kloß in seinem Hals hochsteigen. Wenn er versagte,
wäre Grumm abgeschnitten und er wagte sich nicht
vorzustellen, wenn Deidrannas Truppen an der Ostküste bis
Chitzena vorrücken würden.
Dann beugte er sich über die Karte und begann:
"Also etwa 10 km von hier ist eine Allee, die einzige Stelle,
an der die Panzer nicht seitlich ausweichen können, da
relativ viel Wald und einige Felsen die Straße umgeben.
Die Infanterie wird vor den Panzern vorrücken, um Minen
zu räumen und Gegner mit LAW´s auszuschalten. Also werden
wir sie nicht enttäuschen. Auf der Straße verlegen
wir in dieser Kurve drei Panzerkettenminen, die haben wir zum
Glück da. Hinter der Kurve legen wir die Alleebäume
zu einer Panzersperre um, versehen mit einigen Sprengfallen.
Das Waldgebiet um die Sperre wird mit Splitterminen mit
Zugzünder gesichert. Leider haben wir nur noch 18 von den
Dingern, davon gehen aber noch mal 5 weg, weil ich die
Zugzünder für die Sprengfallen brauche und wir keine
Zeit zum Basteln haben. Der Gegner wird versuchen, die Sperre
zu räumen. Dabei stehen die Panzer hoffentlich still oder
fahren langsamer und bilden ein ideales Ziel. Am
günstigsten wäre es, wenn sie von der Seite aus mit
einer LAW ausgeschaltet würden. Da reicht schon ein guter
Treffer. Einige Heckenschützen nehmen die Infanterie
unter Feuer, wobei sie aber maximal zwei kurze
Feuerstöße abgeben können und dann die
Stellung wechseln müssen. Die Panzer werden bestimmt,
bevor sie ausgeschaltet sind, die vermuteten Positionen
unserer Leute unter Feuer nehmen und auch der SPW hat
wahrscheinlich eine 20mm-Schnellfeuerkanone. Wir müssen
etwa mit 30 Mann rechnen, wenn nicht gar 40. Ich hoffe aber,
daß die meisten auf der Straße bleiben, wenn ein
paar von ihnen in die Minen gelaufen sind.
Falls sich die Panzer zurückziehen, sollten noch zwei
Leute mit LAW´s im Hinterhalt etwa einen Kilometer vor der
Sperre warten, die jedoch nur beim Rückzug der Fahrzeuge
eingreifen sollen. Aber da müssen wir die Stoppelhoppser
schon weitestgehend eliminiert haben.
Den Sprengstoff für den Auftrag habe ich ja da, da
muß Tixa eben warten.
Als Schützen hätte ich gern Scope, Lynx, Shadow,
Raven und natürlich meine Wenigkeit. Grunty und Grizzly
warten mit den LAW´s im Hintergrund und beteiligen sich erst
nach dem Abschuß der Panzer an der Treibjagd auf die
Infanterie. Und als Rückversicherung das russische I-
Team. Es wird Ivan bestimmt nicht freuen, wenn er nicht
mitmischen kann, aber bei unvorhersehbaren Zwischenfällen
ist er für mich die beste Wahl.
Da wir während des Kampfes vorrücken müssen,
werden die verminten Zonen mit kleinen Farbspray-Punkten an
den Bäumen markiert."
Er deutete auf die Karte.
"Das sind etwa diese Bereiche entlang der Straße hier."
"Hört sich aussichtsreich an.", sagte Gus. "Aber du
solltest noch Ira für das Funkgerät und als Doc
mitnehmen."
"Ok.", entgegnete Kuster, "Aber sag ihr selber, daß sie
nicht mitmischen soll. Ich will sie nicht verlieren, sie ist
eine gute Ausbilderin, aber bei ihrer fast fanatischen
Einstellung stürzt sie sich immer mitten ins Geschehen.
Und dann fängt sie meistens eine Kugel. Bis jetzt ist es
ja immer glimpflich abgegangen, zum Glück."
"Mach ich." Gus schien noch etwas eingefallen zu sein.
"Übrigens hat Trevor vor einer Woche in Omerta einen
Blindgänger, ïne 250-Pfund-Sprengbombe, ausgegraben und
entschärft. Wenn du Verwendung hast, die Zünder sind
zwar raus, aber das Ding liegt noch hier. Die Leute kannst du
alle kriegen, bring aber soviel wie möglich heil wieder.
Ihr könnt den Hummer haben, um euer Material zu
transportieren."
Kuster fuhr mit dem I-Team im Hummer voraus, da niemand mehr
neben der Ausrüstung auf den Jeep paßte. Nach einer
viertel Stunde hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie luden den
Blindgänger vor der geplanten Sperre ab. Danach begann
Igor, die Minen zu verlegen, während Iwan und Kuster die
Sprengladungen an den Bäumen anbrachten. Nach etwa einer
halben Stunde kippten mit einem lautem Knall etwa 20
Bäume kreuzweise in Richtung des Feindes auf die
Straße. Iwan umwickelte die Kreuzungspunkte der
Bäume mit Stacheldraht, während Kuster einige
versteckte Ladungen anbrachte.
"Fertig!", sagte Iwan, "Was ich machen soll mit Bombe?"
Kuster grinste: "Die legen wir an den Rand der Straße,
machen ein Steinhäufchen drüber und setzen ein Kreuz
drauf. Die werden doch nicht gefallene Helden ausbuddeln,
oder?!"
"Wenn ich noch nicht getrunken hätte Wodka mit dir, ich
denken würde, du ganz großer Scheißkerl!"
grinste Iwan zurück.
Anstelle des Zünders preßte Kuster
Plastiksprengstoff in die Öffnung und versah sie mit
einem Sprengzünder. Iwan verlegte und tarnte das
Sprengkabel. Kuster hatte inzwischen den Steinhaufen
aufgetürmt und suchte sich eine Stellung hinter der
Sperre.
Er hatte gerade die Zündmaschine angeschlossen, als der
Rest der Truppe eintraf. Igor und Iwan tarnten sich und
bezogen ihre Stellung. Die anderen verteilten sich rund um die
Sperre. Geschossen werden sollte nur nach der ersten
Explosion, die Kuster auslösen würde. Und dann
begann das Warten.
Nach zwei Stunden kam Ira zum ihm herüber: "Kuster, Gus
will dich sprechen!"
"Kuster hier."
"Fidel hat gemeldet, das ein Laster mit
Treibstoff Meduna verlassen hat. Also wirst Du bald
Gesellschaft bekommen. Viel Glück!"
"Danke Commander!"
Wieder Warten. Plötzlich ein Motorengeräusch. Es
ging los.
Zuerst waren durch die Bäume etwa 20 Mann Infanterie zu
sehen. Gleich dahinter kam langsam der
Schützenpanzerwagen. In der Kurve tauchte ein Mann mit
Minensuchgerät auf. Plötzlich schrie er etwas nach
hinten.
Die erste Mine haben sie, dachte Kuster. Er sah, wie sie sie
ausgruben. Der andere suchte weiter. Bald hatte er die anderen
beiden Minen auch gefunden. Daraufhin machten die Soldaten die
ersten Versuche, die Sperre zu überwinden. Ein Stahlseil
wurde um den ersten Stamm gewunden und am SPW eingehakt.
Dieser zog an. Damit wurde die erste Sprengfalle
ausgelöst. Einer der Soldaten stand zu nah, er ging zu
Boden und stand nicht wieder auf.
Als dieser Versuch fehlgeschlagen war, quetschte sich einer
der Panzer an dem Spitzenfahrzeug vorbei. Er richtete seine
Kanone auf die Sperre aus.
Kuster lud die Zündmaschine auf und drückte den
Auslöser. Neben dem zweiten Panzer bildete sich unter
einer lauten Explosion ein kleiner Krater. Kleine
Gesteinsbrocken regneten nieder. Das kostete weiteren vier
Soldaten das Leben, einige andere waren nur zu Boden gegangen.
Ein lautes Zischen und eine weitere Explosion. Grunty oder
Grizzly hatten zugeschlagen. Die LAW schlug aber in einer
Araukarie am Straßenrand ein. Der Wind drückte den
Baum daraufhin auf die Straße. Er ging hinter dem SPW
nieder.
Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.
Der erste Panzer schwenkte sein Geschütz in Richtung der
Abschußstelle der LAW und schoß. Neben einem Knall
war ein lauter Schrei zu hören.
Inzwischen wendete der zweite Panzer auf der Stelle, ohne den
Turm zu schwenken, der wahrscheinlich durch die Explosion
klemmte, und fuhr mit Höchstgeschwindigkeit zurück.
Dabei zerquetschte er einen verletzten Soldaten. Gleichzeitig
hatten die Heckenschützen das Feuer eröffnet. Kuster
sah in seinen Augenwinkel, wie Shadow zur nächsten
Deckung hastete.
Der verbliebene Panzer schwenkte wieder seinen Turm, diesmal
in Richtung von Kuster. Der kam nicht mehr weg, er hörte
nur ein Zischen. Das Geschoß schlug 20 Meter hinter ihm
ein. Ihm war, als würden seine Trommelfelle nach
außen gepreßt und in seinem Kopf war ein
ungenehmes Pfeifen, das er die nächsten 20 Sekunden nicht
loswerden sollte.
Kurz darauf war eine kleine Explosion zu hören, der erste
Soldat war in eine Mine gelaufen.
Wieder ein Zischen, die zweite LAW schlug schräg von
hinten in den Panzer ein. Aber der Turm drehte sich immer noch
und die Kanone feuerte. Zusätzlich setzte das Stakkato
des Koax-MG´s ein.
Auch der SPW fing an zu feuern. Aus dessen
Luke quollen auch noch 10 Mann hervor. Die meisten gingen
schon vorher tot zu Boden, weil sie Lynx direkt vor den
Gewehrlauf liefen. Aber Lynx wechselte zu spät die
Stellung. Die Kanone des SPW drehte sich in seine Richtung und
gab eine lange Salve ab. Lynx fiel zu Boden und rührte
sich nicht mehr.
Kurz darauf schlug eine dritte LAW in den Schützenpanzer
ein, der sich daraufhin in einen Feuerball verwandelte.
Die Heckenschützen hatten die Soldaten auf etwa 10 Mann
dezimiert, die sich immer noch hartnäckig hinter
Felsbrocken in Deckung hielten und sporadisch feuerten. Der
Panzer feuerte auch weiter, beißender Rauch stieg
zwischen den Bäumen auf.
Raven versuchte, sich in die Flanke der Soldaten vorzuarbeiten.
20 Meter neben ihr tauchte plötzlich eine Gestalt auf und es knallte laut.
Raven und der Soldat gingen zu Boden. Daraufhin stürmte Ira nach
vorn.
"Ira, zurück!" schrie Kuster.
"Leck mich, Raven braucht Hilfe!" schrie Ira zurück, als
kurz darauf eine Salve sie von den Beinen holte.
"Mist, es hat mich am Bein erwischt, ich komm nicht weg!"
Kuster arbeitete sich langsam in Deckung vor. Hinter einem
Felsen tauchte ein Lauf mit einem Kopf darüber auf.
Kuster schoß darauf, der Kopf löste sich in einer
roten Wolke auf. Kurz darauf war er bei Ira und schleifte sie
in Deckung.
Gleichzeitig hatte sich die Luke des Panzers geöffnet und
ein Besatzungsmitglied begann, mit dem Turm-MG zu
schießen. Es dauerte aber nicht lange, dann kippte er
nach vorn und das MG verstummte. Seine Leiche wurde schnell
herausgestoßen und die Luke geschlossen. Das Koax des
Panzers feuerte weiter, aber die Kanone nicht mehr.
Wahrscheinlich hatten sie die Munition verbraucht.
Shadow begann, sich an Raven heranzupirschen. Es sah nicht
sehr gut aus. Der rechte Unterarm war
blutüberströmt, auch der Nacken. Er versuchte, sie
anzusprechen. Sie antwortete nicht. Es blieb Shadow nichts
anderes übrig, als sie unter Feuerschutz von Kuster zu
bergen.
Plötzlich kam Grizzly mit Grunty durch das Gebüsch
gehastet, den er wie einen Sack über die Schulter
geworfen hatte. Anstelle von Gruntyïs linkem Fuß war nur
ein blutiger, unförmiger Klumpen zu sehen.
In der Ferne waren drei Explosionen zu hören, dann war es
wieder still. Das I-Team hatte wahrscheinlich zugeschlagen und
Erfolg gehabt.
Inzwischen hatte Scope drei feindliche Schützen
ausgeschaltet. Die restlichen hatten sich zwischen dem Panzer
und einigen Felsen verschanzt. Es waren nur noch vier oder
fünf, aber Scope kam einfach nicht an sie heran. Blind
kurze Feuerstöße abgebend, versuchte sie in den
Rücken ihrer Gegner zu kommen. Der Panzer war zum
Glück gänzlich verstummt, so daß sie nicht
mehr auf ihn achten mußte. Doch dann steckte sie hinter
einem Baum fest. Da saß irgendwo auf der anderen Seite
einer mit einer Barret. Die Geschoße durchschlugen den
Baum, so daß sie sich flach auf den Boden legen
mußte, um nicht zu erwischt werden.
Plötzlich waren Schreie und schnelle
Feuerstöße zweier AK 74 zu hören. Dann war
Stille. Scope schaute vorsichtig aus ihrer Deckung. Da standen
die beiden Russen. Das Gefecht war vorbei. Iwan stieg auf den
Panzer und schlug mit dem Kolben auf die Luke.
"Rauskommen, oder ich räuchern euch aus!"
Die Luke öffnete sich und zwei Mann krochen aus dem
Panzer. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen wurden
sie von Iwan abgeführt. Die ersten unverletzten
Gefangenen in diesem Krieg.
Kuster und Shadow hatten inzwischen die Verwundeten versorgt.
Raven war in den Splitterradius einer Mine geraten, die ein
Gegner ausgelöst hatte. Der rechte Unterarm war von einem
Splitter durchdrungen worden und die Elle war zersplittert.
Auerdem hatte ein Splitter sie am Hinterkopf gestreift,
deshalb war sie bewußtlos. Ira hatte einen glatten
Oberschenkeldurchschuß, zum Glück hatte es den
Knochen nicht erwischt. Grunty hatte es den Fuß
zerfetzt, als der Panzer zum ersten Mal gefeuert hatte,
für ihn war der Krieg vorbei.
Shadow war auch schon bei Lynx gewesen, aber da war nichts
mehr zu machen. Die 20-mm-Geschoße hatten ihn am ganzen
Körper getroffen.
Die Verletzten und der Tote wurden mit dem Hummer zurück
nach Grumm gebracht, während der Rest nach Hause
marschierte.
Abends saß Kuster in seinem Zelt, trank Whisky und
rauchte eine Zigarre.
"Darf ich reinkommen?" fragte Gus.
"Sicher."
"Du scheinst nicht glücklich zu sein über diesen
Sieg!", sagte Gus, "Es war doch ein wichtiger Erfolg."
"Na und? Zu welchem Preis? Lynx ist tot, Grunty, der mit Leib
und Seele Söldner war, wird es nie mehr sein können.
Außerdem sind noch zwei Leute für längere Zeit
ausgefallen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es nicht
hätte besser machen können."
"Dich plagen also die selben Zweifel wie mich, als ich
angefangen habe.", entgegnete Gus, "Als kommandierender
Offizier mußt du aber damit leben, daß deine Leute
draufgehen können. Du kannst ja auch damit leben,
daß es dich eines Tages trifft. Und wenn du dieses
Risiko nicht eingehst, wäre zum Beispiel dieses Land und
die ganze Welt auf ewig Leuten wie Deidranna ausgeliefert."
"Ich weiß nicht, ob ich diese Verantwortung auf ewig
tragen kann." sagte Kuster und drückte die Zigarre im
Aschenbecher aus.
Von Watcher
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