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Paladin 2: Zyklus 1 - Status Quo



Kapitel 2 - Ein kurzes Gespräch

Drei Stunden Gelaber, und das einzig Produktive daran war meine Kugel zwischen seinen Augen.“


Zunächst brauchte Mark Informationen über seine Waffen und deren schwer zu erklärende Eigenschaften. Für solche Art Informationen war ein Pfandleiher namens Christian Lambert Marks erste Anlaufstelle; er sah sich gerne als Spinne in der Mitte eines Netzes aus Informanten, interessierte sich für Artefakte und besaß eine gute Arbeitsbeziehung mit Mark, will heißen: nahm sein Geld und stellte keine dummen Fragen. Da Mark eine guten Haufen Geld mit sich spazieren trug, schien der Nachmittag gerettet; auf seinem Weg stellte sich ihm niemand entgegen. Gerüchte, so schien es, verbreiteten sich fast augenblicklich – man wusste, was Mark gerade mit seinen Verbindungen zum Ingues-Kartel angestellt hatte, aber solange es keine Aufträge gegen ihn gab, war es schlecht bezahlter Selbstmord, auf ihn eine Waffe zu richten. Vermutlich würde der Auftrag niemals kommen. Einen normalen Killer hätte man nicht so einfach gehen lassen; Mark jedoch war einfach schon zu lange im Geschäft, um sich von solchen Kleinigkeiten aufhalten zu lassen. Mit jedem Schritt projezierte er eine Aura der Unantastbarkeit; man brauchte lange, um seine Indifferenz zu überwinden, und seine Wut, wenn sie sich auch nur langsam aufbaute, war meistens furchtbar.


Als Mark den Pfandladen betrat, zuckte Lambert fast zusammen. Er war nicht so unantastbar wie der Killer vor ihm, und ihm zu helfen könnte schmerzhafte Konsequenzen haben. Lamberts Hand zuckte unter der Theke, während er versuchte, seinem Gesicht ein Lächeln abzuringen.


„Guten Tag. Sie wünschen?“

Mark drehte sich kurz um, auf der Suche nach einem anderen Kunden, bis ihm klar wurde, das Lambert mit ihm sprach.

„Warum so förmlich, Chris? Ist mein Mantel so dreckig, dass du mich nicht mehr erkennst?“

„Es ist besser, wenn sie jetzt gehen.“

„Sicher. Bist mich in ein paar Minuten los. Ich wollte nur deine Meinung zu etwas hören.“

„Das halte ich nicht für besonders klug...“

Während Lambert noch protestierte, griff Mark nach seiner Klinge und befreite es aus seiner Ruhestätte; der Anblick eines großen, in schwarz gekleideten Mannes mit einem ebenfalls recht beachtlichen Schwert würde ihn noch lange verfolgen.

„Kannst du mir etwas über dieses Schwert sagen?“


Lambert wog ab. Die Hand unter der Theke arbeitete sich Millimeter für Millimeter in Richtung einer dort befindlichen Schrotflinte, aber die Flut von Gedanken in seinem Kopf begann, Beweisstück A zu untersuchen. Einige Sekunden später entfernte Lambert die Hand aus der Nähe der Waffe und demonstrierte sein unfassbar breites Wissen mit den folgenden Worten:


„Hab ich noch nie gesehen.“

„Ist das alles, was du mir dazu sagen kannst?“

„Nun ja...kann ich das Schwert mal haben?“


Mark reichte dem Pfandleiher seine Waffe; Lambert musste seinen Arm plötzlich versteifen, denn während Mark die Waffe anscheinend wie eine Feder führte, musste er ihre plötzlich massiv gesteigerte Masse wuchten. Er wirbelte das Schwert etwas lustlos; Lambert bevorzugte die Produkte japanischer Waffenschmiede, und dieses Schwert war mit Sicherheit keines davon. Andererseits war auch kein sonderlich europäischer Einschlag zu erkennen, und die Klinge – Gott, was für ein Material konnte blau, durchsichtig und hart genug für solch eine Konstruktion sein? Schließlich warf er Mark die Waffe zu; dieser schien sie geradezu aus der Luft zu pflücken, als würde er schon seit Jahren Schwertkampf praktizieren, eine Theorie, die Lambert aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Daten sofort verwarf. Mark Simmons mit einem Schwert? Sicher, gleich neben Richard Löwenherz mit einem M60 Maschinengewehr, der mit seinem Panzer Marke Crusader – danke, Großbritannien, für die tollen Namen – Jerusalem eroberte. Lambert räusperte sich.


„Keine Ahnung. Ich schätze, es ist ein Unikat. Wäre das dann alles?“

„Nein, noch nicht ganz. Ich brauche einen Flug nach Lissabon, aber ohne Zollformalitäten.“

„Das wird nicht billig.“


Marks linke Hand grub sich unter seinen Mantel und förderte ein Bündel frischer Geldscheine zu Tage, welches sich dann nach kurzer Flugphase auf Lamberts Theke wiederfand. Der Pfandleiher schien zerrissen zwischen Gier and der Vermutung einer Falle, gab jedoch schließlich Ersterem nach und zählte das Geld. Also er wieder aufblickte, schmückte ein gerade noch beherrschtes Lächeln sein Gesicht.


„Lissabon?“

„Lissabon.“


Lissabon stand dann auch auf der Kiste, vor der sich Mark einige Minuten später wiederfand. Ein Mitarbeiter von Christian versuchte Mark zu erklären, wie er sich auf seiner Flugreise zu verhalten hatte, aber Mark kam über eines der Details nicht ganz heraus.


„Ihr wollt mich in einen Taucheranzug stecken.“


Der Mitarbeiter – nennen wir ihn Bob – seufzte und nickte dem Killer zu.


„Nun ja, es ist ein Ganzkörper-Neoprenanzug.“

„Und ich soll das anziehen?“

„Entweder der Anzug oder Kältetod. Bedenken sie bitte, dass der Frachtraum weder geheizt noch unter Druck gesetzt wird. Die Kiste besteht fast vollständig aus Sauerstoffvorräten. Sie werden den gesamten Flug über eine Sauerstoffmaske, eine Schutzbrille sowie Ohrenschützer tragen. Denken sie außerdem daran, beim Aufstieg ständig zu atmen, sonst sinken ihre Überlebenschancen auf ziemlich genau null. Die Sauerstoffversorgung ist automatisiert und schaltet sich dann automatisch zu. Versuchen sie, ruhig zu bleiben. Optimal wäre eine Mütze Schlaf, dann verbrauchen sie weniger Sauerstoff.“

„Und wenn im Flug etwas passiert?“

„Keine Sorge. Wenn irgendetwas schief geht, sind sie vermutlich tot, bevor sie es mitkriegen. Außerdem haben sie ja den Fallschirm.“

„Sehr beruhigend.“

„Dachte ich mir.“


Von Gatac

 

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