Man kann nicht behaupten, daß Sidney Nettleson ein emotionaler Mensch ist. Genauso wie er seine Arbeit ohne
Gefühlsregung verrichtet, so teilnahmslos wirkt er auch als Privatmann. Es hat den Anschein, daß er nur sehr
widerwillig Auskunft über sein bisheriges Leben gibt. �Sorgen Sie dafür, daß die Angaben nicht in die falschen
Hände kommen!�, macht er mir unmißverständlich deutlich.
Ich erfahre, daß der Mann am 2.1. 1957 in Barnstaple, einer Hafenstadt in Südengland geboren wurde. Die Familie
ist nicht besonders wohlhabend, die Eltern können ihrem Sohn nur eine durchschnittliche Schulausbildung bieten.
Mit 16 Jahren beginnt er, im Hafen zu arbeiten. �Ich sah die Kriegsschiffe der Royal Navy, hörte Matrosen von
ihren Reisen um die halbe Welt erzählen. Das hat mir gefallen und ich wollte auch dabeisein.�
Mit 18 bewirbt er sich bei der Armee für die Unteroffizierslaufbahn. Von 1975 bis 1978 ist er in Scapa Flow. Hier
lernt der Rekrut alles, was nötig ist, um die glorreiche englische Flotte im Ausland zu repräsentieren. Bei den
Kameraden ist der junge Mann indessen unbeliebt. Wenn sie am Wochenende die Pubs unsicher machen, liegt
Sidney meist schon in der Koje und liest philosophische Klassiker. �Das war denen nicht geheuer, bei den meisten
hat es gerade so zum Deckschrubben gereicht�, meint mein Gesprächspartner trocken.
Bis 1982 genießt Nettleson mehr oder weniger den militärischen Alltag. Mittlerweile ist er Corporal geworden. Dann
der britisch-argentinische Krieg um die Falklandinseln. Die Armee bekommt den Auftrag, die Argentinier von
englischem Boden zu vertreiben. � Das war blutiger, als es die Presse immer geschrieben hat,� sagt Sidney.
�Einmal hielten wir an einem Fluß, viele Kameraden waren erschöpft vom Marschieren. Wir waren einen Moment
unaufmerksam, und das wurde uns zum Verhängnis. Die Gauchos hatten sich angeschlichen und mähten ohne
Vorwarnung 20 bis 30 von unseren Jungs weg. Durch so etwas wird man nachdenklich, fragt nach dem Sinn.�
Nettleson wird verwundet, kommt zurück nach England. Im Lazarett lernt er eine dänische Pflegerin kennen, die
gerade ihr Praktikum im Ausland absolviert. Ich versuche mehr über sie in Erfahrung zu bringen. �Das werde ich
der Presse garantiert nicht auf die Nase binden,� erteilt er mir eine Abfuhr. �Nur meine Agentur weiß darüber
Bescheid.�
Von 1988 an wird die Truppenstärke der britischen Armee deutlich reduziert. Sidney wird ohne Angabe von
Gründen entlassen. Doch der mittlerweile 31jährige will weiter im Geschäft bleiben. �Ich hatte keine Lust mehr für
eine Ideologie oder einen Staat zu kämpfen, ich wollte allein über mein Schicksal entscheiden können.�
Als er durch verschiedene Quellen von der Söldneragentur A.I.M. erfährt, bewirbt er sich. Dort ist man von seiner
Treffsicherheit beeindruckt. �1994 habe ich auf Metavira viel Erfahrung gewonnen�, meint der Söldner, �und mit
Profis wie sie dort anzutreffen waren, macht die Arbeit Spaß.� Zum ersten Mal sehe ich so etwas wie ein Lächeln
auf Nettleson`s Gesicht. Wird man ihn auch in Arulco antreffen? �Ich werde dasein, denn nur durch Erfahrung
kann man gewinnen. Und etwas anderes als einen Sieg kann sich A.I.M. nicht leisten.�
Von OSTBLOCK 89